1345 - Gruft der Erleuchtung
bequemes Leben", warf Daran-Ban ein. „Sie sollten uns dankbar für die Ruhe und den Frieden sein, den sie genießen dürfen!"
„Aber sie sind es nicht, Daran-Ban-Voica", erwiderte Dao-Lin sehr höflich und brachte damit gleichzeitig zum Ausdruck, daß sie sich in diesem Punkt von der Meinung der übrigen Wissenden distanzierte. „Ich kenne diese Wesen.
Sie halten es nicht aus, wenn man sie einsperrt."
„Sie sind nicht eingesperrt", behauptete Li-Xeing. „Ihr Quartier ist groß genug für sie. Sie haben dort sogar Gelegenheit, sich körperlich auszuarbeiten, wenn sie Wert darauf legen. Was sie - nebenbei bemerkt - offensichtlich gar nicht tun."
„Eben das ist sehr bedenklich", sagte Dao-Lin mit Nachdruck. „Es beweist, daß sie sich nicht wohl fühlen. Ein Käfig bleibt ein Käfig, auch wenn er noch so groß und bequem ist. Es spielt keine Rolle, wie wir darüber denken - sie jedenfalls fühlen sich eingesperrt. Sie werden versuchen, auszubrechen."
„Das wird ihnen wohl kaum gelingen", bemerkte Tia-Mei spöttisch.
„Vielleicht aber doch", gab Dao-Lin zu bedenken. „Und wenn es ihnen gelingt, dann werden sie uns eine Menge Ärger bereiten. Das werden sie auch dann tun, wenn sie es nicht schaffen sollten. Früher oder später müssen wir sie herauslassen - spätestens dann, wenn die Friedensverhandlungen mit den Galaktikern offiziell beginnen. Dann werden sie sagen, daß sie bei uns schlecht behandelt wurden."
„Das ist nicht wahr!" rief Que-Quanga empört aus.
„Ich sagte es bereits - es spielt keine Rolle, wie wir darüber denken. Ausschlaggebend ist das, was Poerl Alcoun und Nikki Frickel berichten werden, und sie werden sagen, daß wir sie eingeschlossen haben."
„Wir haben sie doch einen ganzen Tag hindurch herumlaufen lassen", seufzte Hau-Neira. „Es war furchtbar.
Diese vielen Fragen!"
„Sie sind unhöflich!" rief Eirisa-Meng.
„Vorlaut und ungehobelt", empörte sich Xeina-Woo.
„Aufdringlich und rücksichtslos", fügte Sring-Hea hinzu.
„Einfach unerträglich", stöhnte Wan-Drein.
„Ich weiß", sagte Dao-Lin sanft. „Es ist nicht leicht, sich an ihre Art zu gewöhnen - vor allem für euch."
„Wie meinst du das?" fragte Lae-Geiora mißtrauisch.
„Nun - ihr lebt hier schon seit sehr langer Zeit in völliger Abgeschiedenheit. Ihr seid nicht mehr an Fragen gewöhnt."
„Fragen!" sagte Nana-Bea verächtlich. „Glaubst du denn, daß die Hohen Frauen uns etwa keine stellen? Wir sind sehr wohl daran gewöhnt!"
„Den Hohen Frauen antwortet ihr nur, wenn es euch paßt", gab Dao-Lin zu bedenken. „Sie sind weit von NARGA SANT entfernt. Sie haben nicht die Möglichkeit, euch mit ihren Fragen im eigentlichen Sinn des Wortes zu verfolgen. Wenn sie es könnten, würden sie es sicher manchmal tun."
„Da gibt es ja wohl noch gewisse Unterschiede!" sagte Tia-Mei streng. „Selbst der ungehobeltste Kartanin vom entferntesten aller Planeten würde es niemals fertigbringen, sich so unmöglich zu benehmen wie ganz speziell Nikki Frickel!"
„Und darum isoliert ihr die beiden und haltet sie euch vom Hals", stellte Dao-Lin-H'ay fest. „Ich verstehe das.
Aber sie sind nicht unsere Geiseln, sondern unsere Gäs.te. Wir wollen Frieden mit ihren Völkern schließen. Es könnte eine Situation eintreten, in der wir auch Nikki Frickel als unsere Fürsprecherin brauchen. Sie wird sich aber kaum als unser Gast fühlen, wenn keine von uns auch nur ein einziges Wort mit ihr wechselt!"
Die Wissenden sahen einander an.
„Das ist richtig", sagte Lei-Mama schließlich. „Aber ich könnte es trotzdem nicht ertragen, sie ständig um mich zu haben."
Die anderen stimmten ihr zu.
„Schließen wir also einen Kompromiß", schlug Uina-Sre vor. „Dao-Lin erhält die Erlaubnis, zu ihnen zu gehen und mit ihnen zu reden, sie vielleicht sogar im Scotaming herumzuführen - allerdings so, daß wir mit ihnen möglichst nicht in Berührung kommen. Seid ihr einverstanden?"
Sie erhielt Zustimmung von allen Seiten - ganz besonders von Dao-Lin.
„Macht euch keine Sorgen, daß es ihnen gelingen könnte, von mir mehr zu erfahren, als sie wissen dürfen", sagte die Kartanin. „Ich werde ihnen keine Geheimnisse verraten."
Die Voica hielten es offenbar für überflüssig, auch auf dieses Thema einzugehen. Keine von ihnen ermahnte Dao-Lin-H'ay, sich vor gewissen Fragen in acht zu nehmen. Sie gingen einfach zum nächsten Thema über.
Dao-Lin wartete noch eine Weile, dann verließ sie den Kreis. Niemand sah ihr
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