1350 - Im Wald der toten Gesichter
für Beruhigung.
Ich kannte ihn und war damit vertraut. Beinahe hätte ich gelächelt.
Es war der Weg zum Sieg. Ich war mir sicher. Mein Kreuz ließ mich nicht im Stich. Keine Macht der Welt war so groß, um es gegen mich zu wenden.
Und mit dieser Überzeugung stieß ich das Kreuz gegen mein geschnitztes Gesicht!
***
Schreie? Tosen? Grelles Licht?
Nein, das alles passierte nicht. Ich hatte auch damit gerechnet, von einer regelrechten Energiewalze zurückgestoßen zu werden, aber auch das trat nicht ein.
Ich blieb stehen. Ich sah mein Kreuz, ich sah das Gesicht, das mit ihm Kontakt bekommen hatte, und bemerkte dann die Veränderung, die es durchlief.
Das Licht war noch da. Es musste sich von meinem Kreuz gelöst haben, nur war mir das nicht aufgefallen, denn das Licht umtanzte plötzlich das Gesicht im Baum.
Die Umrisse, die Züge, die Falten darin, sie alle waren dunkler als der Untergrund, damit sie sich von ihm abhoben. Das alles verschwand, als dieses herrliche und wunderbare Licht durch dieses Viereck tanzte und nun damit anfing, das Gesicht zu vernichten.
Es war schon seltsam für mich, diesem Vorgang zuzuschauen. Ich bekam mit, wie sich mein eigenes Gesicht auflöste, das heißt, wie es verbrannte, ohne richtig Feuer gefangen zu haben.
Es entstanden nur winzige helle Flämmchen, die durch das ausgeschnittene Fenster huschten, aber sie waren stark genug, um das Gesicht zu zerstören.
Brandgeruch wehte mir entgegen. Die Gesichtszüge verliefen, von meinem Abbild blieb nichts mehr übrig, und ich selbst stand noch immer an der gleichen Stelle, ohne dass mir etwas passiert war.
Sehr langsam drehte ich mich zu meinem Freund Bill hin um. Wir blickten uns in die Augen. Der Reporter atmete erleichtert auf, aber auch ich fühlte mich um Klassen besser.
»Mein Gott«, flüsterte er, »das hätte ich nicht für möglich gehalten. Das ist wirklich…«, erhob die Schultern. »Ich weiß nicht, was ich dazu sagen soll.«
»Gar nichts erst mal. Aber ich habe es dir gesagt, Bill. Mein Kreuz wird sich mit seiner Kraft nicht gegen mich richten. Ich stehe dafür. Ich bin der Sohn des Lichts. Wäre es anders gewesen, dann wäre alles auf den Kopf gestellt worden.«
Er nickte mir zu. »Ja, jetzt glaube ich es auch. Das konnte nicht anders sein.«
»Eben.«
Bei unserem ersten Besuch hier im Wald war der Baum zusammengebrochen. Das passierte jetzt nicht. Nur dort, wo sich mein Gesicht befunden hatte, blieb ein Brandfleck zurück.
Ich war so stark mit mir beschäftigt gewesen, dass ich Suko vergessen hatte. An ihn erinnerte mich Bill, als er sagte: »Verdammt, was macht Suko denn?«
Sofort schrillten in meinem Kopf die Alarmsirenen. Bill hatte bereits reagiert und sich gedreht. Jetzt leuchtete er dorthin, wo Suko gestanden hatte.
Der Strahl erwischte ihn nicht voll, aber er leuchtete zumindest die Umgebung aus. So sahen wir beide, dass jemand durch den Wald huschte. Wir konnten aber nicht erkennen, ob es sich um Suko handelte.
Genau da fiel der Schuss aus einer Beretta!
***
Suko stand vor seinem geschnitzten Konterfei und wusste nicht, was er unternehmen sollte. Er dachte an sich, er dachte an den Mann, der sein Gesicht geschnitzt hatte, und er spielte mit dem Gedanken, es mit der Dämonenpeitsche tatsächlich zu versuchen.
Nein, das traute er sich dann doch nicht. Suko erinnerte sich nicht daran, jemals so unsicher gewesen zu sein. In diesem verdammten Wald war es ihm nicht möglich, die Dinge zu überblicken und sie für sich richtig einzuordnen. Er steckte voller Zweifel, und so schaute er dorthin, wo sich John und Bill befanden.
Dabei hatte er Glück, weil ihm keine im Weg stehenden Bäume die Sicht nahmen. Bills Lampe spendete zudem genügend Licht. Sie unterhielten sich, und wenig später sah Suko die Bewegung, mit der John das Kreuz näher an das Gesicht heranbrachte.
Es war die Zeit der Entscheidung, und John hatte das volle Risiko auf sich genommen.
Suko hielt den Atem an.
Es kam zum Kontakt der unterschiedlichen Mächte. Er wartete darauf, dass etwas passierte. Freute sich sogar auf das weiße Licht, das kam, um das Dunkel zu zerstören, aber das grelle Leuchten trat nicht ein. Es blieb bei einem knappen Flackern innerhalb des Baumstamms, und John erlebte auch keinen Rückstoß.
Er hatte es geschafft!
Suko schloss für einen Moment die Augen. Er war erleichtert.
Sehr schnell fragte er sich, ob das Gleiche auch für ihn galt, wenn er sein Gesicht angriff.
Vielleicht sollte es John auch bei ihm
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