1351 - Die Materiequelle
etwas herauszukriegen, was wir schon längst wußten! Wenn ich diesen Mausbiber je wieder erwische, ziehe ich ihm die Plüschohren lang!"
„Gucky hat es nur gut gemeint", entgegnete die Tefroderin. „Das weiß ich doch", sagte Nikki. Spöttisch musterte sie die greise Meihao-Vil - und ihr wurde plötzlich klar, daß es ungerecht von ihr gewesen war, ihre Frustrationen an den alten Voica abzureagieren.
Sicher, an ihrem Verhalten ließ sich vieles kritisieren und sogar verurteilen, aber sie hatten zweifellos mildernde Umstände verdient, wenn man berücksichtigte, unter welchem ungeheuren psychischen Druck sie gestanden hatten. Gezwungen, die Geheimnisse ihres Volkes zu bewahren, weil eine Offenbarung notwendigerweise zum bewaffneten Konflikt aller Intelligenzen der sogenannten Lokalen Gruppe mit den Kartanin führen mußte, hatten sie strategische und taktische Winkelzüge durchgestanden, die letztlich über ihre Kräfte gegangen waren. Sie waren psychisch so gut wie ausgebrannt, Opfer ihrer Hingabe an die Interessen ihres Volkes und an das Projekt Lao-Sinh.
Nikki Frickel fröstelte, als ihr klar wurde, wie oft sie ungerecht gegenüber den Wissenden gewesen war.
Sie nahm sich vor, künftig ihre vorschnelle Zunge besser zu hüten. „Ihr habt also ein Schiff angefordert", sagte sie mit belegter Stimme. „Als Ersatz für die WAGEIO", erklärte Dao-Lin, erleichtert darüber, daß die Terranerin mehr Verständnis für die Voica aufbrachte, als sie ihr jemals zugetraut hatte.
Unwillkürlich schloß Nikki die Augen. „Die WAGEIO!" flüsterte sie wehmütig. „Mein Gott, waren das Zeiten vor rund zweiundzwanzig Jahren auf der Insel Waigeo in der Philippinischen See."
„Waigeo?" fragte Poerl leise. „Nicht WAGEIO? „ „Nicht WAGEIO!" erwiderte Nikki heftig. „Die Neuguinea auf Terra nordwestlich vorgeschobene Insel, auf der sich im Jahre 425 der Standort der Zweiten Terranischen Flotte befand, heißt Waigeo, genauso, wie eine der Städte dort Kabarei heißt - und eine andere Sorong." Ihre Augen leuchteten auf. „Sorong!" wiederholte sie erinnerungsträchtig, dann blickte sie auf und sah Poerl Alcoun ins Gesicht. „So soll mein neues Schiff heißen: SORONG. Egal, ob die Bürokraten des Galaktikums ihm schon einen Namen gegeben haben oder nicht. Wenn es mein Schiff ist, bestimme ich allein über den Namen."
„SORONG", wiederholte Poerl. „Das klingt gut."
„Es ist gut, verdammt will ich sein!" bekräftigte Nikki heftig, dann legte sie einen Arm um Poerls Schultern. „Endlich wieder ein eigenes Schiff! Ich gestehe, ich brauche das. Außerdem muß ich aus diesem düsteren Klotz hinaus und mir wieder die kosmischen Stürme um die Nase wehen lassen."
„Nimmst du mich mit?" fragte Poerl. „Keine Frage", antwortete Nikki. „Ich werde dich doch nicht hier bei den halbvermoderten ..." Sie errötete, weil sie ihre guten Vorsätze wieder vergessen hatte. „Transform- und Gravitationsbomben!" schimpfte sie. „Wann kommt die SORONG an, Dao-Lin?"
„Heute oder morgen", antwortete die Voica. „Dann brechen wir spätestens morgen auf!" rief Nikki Frickel enthusiastisch.
4.
Ich wurde wach, als mein Kontursessel mich abwarf wie ein bockendes Pferd seinen Reiter.
Heftiger Schmerz trieb mir die Tränen in die Augen, als ich auf dem Steiß landete. Ich war fast eine Minute lang halb gelähmt und konnte nur dasitzen und zornig stöhnen.
Als ich mich ein wenig erholt hatte, versuchte ich zu erkennen, was die Panoramagalerie und die Ortungsbildschirme anzeigten.
Auf den Bildschirmen der Panoramagalerie sah ich noch immer nichts anderes als den sich nach allen Seiten erstreckenden Abgrund und in vielen tausend Lichtjahren Entfernung die bizarren, geisterhaften Lichterscheinungen - genau wie kurz nach dem Start von der Eiswelt Mushak.
Nein, ein wenig anders war es diesmal doch!
Die geisterhaften Lichterscheinungen blieben nicht alle und nicht stetig an den „Enden" des finsteren Abgrunds. Sie schossen mit verblüffender Geschwindigkeit in unregelmäßigem Wechsel auf mich - beziehungsweise mein Raumschiff - zu und rasten dann wieder davon. Es schien, als würde die BANSHEE unablässig von einem Ende des Universums zum anderen gewirbelt.
Langsam wälzte ich mich herum und versuchte, auf Hände und Knie zu kommen. Es wäre mir leichter gefallen, hätten die Schmerzen nicht jede Bewegung zur Qual gemacht.
Schließlich aber schaffte ich es doch. Auf Händen und Knien bewegte ich mich anschließend zum
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