1351 - Die Materiequelle
Füßen der Eindringlinge keinen Halt boten, abgesehen von dem, den der Zug der Schwerkraft auf die beiden Frauen ausübte.
Leider befand sich das Schwerkraftzentrum der NARGA SANT im genauen Mittelpunkt des Riesenraumschiffs, was jede glatte und nicht parallel zu ihm verlaufende Fläche quasi zu einer Eisbahn machte.
Die Sohlen der SERUN-Stiefel waren zwar rutschsicher, aber unter den gegebenen Umständen klang das wie blanker Hohn.
Nikki und Poerl waren auf einer Strecke von zirka hundert Metern öfter gestürzt als jemals zuvor in ihrem Leben.
Nicht nur öfter, auch härter! durchfuhr es Nikki Frickel, als es sie wieder einmal mit aller Wucht „hinhaute", daß sie alle versammelten Engel im Himmel singen hörte.
Sie sangen immer noch, aber schon viel leiser, als Poerl ihr Gesicht neben das ihre schob und sagte: „Wir kehren um."
„Warum?" flüsterte Nikki benommen. „Ist Silvester nicht längst vorbei? Warum sehe ich dann noch Sterne?"
„Wenn du nur einmal ernst bleiben wolltest!" schimpfte Poerl. „Du bist vorhin so hart mit dem Hinterkopf aufgeschlagen, daß es dir geschadet haben muß. Ich bestehe darauf, daß wir sofort umkehren und daß du medizinisch versorgt wirst."
„Meinetwegen!" gab Nikki zurück und schob sich mit Händen und Füßen auf dem Bauch weiter vorwärts. „Bestehe ruhig darauf. Ich werde inzwischen zu einem der Nocturnenstöcke vorstoßen und ihn ein wenig ankratzen. „ „Du bist wirklich verrückt!" raunte die Tefroderin. „Aber wenn du unbedingt weitergehen oder kriechen willst, schalte wenigstens deinen Antigrav ein! Ich mache das jedenfalls, wenn wir nicht umkehren."
„Du wirst mir doch nicht drohen wollen!" murmelte Nikki erschüttert, während sie weiterkroch. „Wenn wir die Antigravs einschalten, wird das in der Hauptschaltzentrale garantiert registriert. Dann haben wir die alten Weiber auf dem Hals."
„Aber so geht es auch nicht weiter", jammerte die Paratensorin, nachdem sie ausgerutscht war und hilflos auf dem Bauch lag. „Das wollen wir erst einmal sehen!" gab Nikki Frickel verbissen zurück.
Ihre Augen leuchteten auf, als sie vor sich plötzlich eine Erweiterung des Geheimgangs sah. Es handelte sich um eine kleine Höhle von etwa acht Metem Durchmesser, mit einer muldenförmigen Vertiefung des Bodens.
Das Beste aber kam erst, nachdem es Nikki gelungen war, sich ein Stück in die Mulde hineinzuschieben. „Der Boden hier ist trocken und rauh!" rief sie triumphierend. „Überhaupt nicht mehr glatt."
Gleichzeitig spürte sie einen kühlen Lufthauch, der aus dem Innern ihres SERUNS über ihr heißes Gesicht strich. „Und die Klimaanlage funktioniert wieder", fügte sie beinahe fassungslos hinzu.
Sie hätte allerdings nicht Nikki Frickel heißen können, wenn sie die veränderte Lage nicht unverzüglich ausgenutzt hätte.
Langsam stemmte sie sich an einer Seitenwand der Höhle auf und richtete den Multidetektor, den sie bisher am Außengürtel des SERUNS getragen hatte, auf die Decke. „Nichts", stellte sie enttäuscht fest. „Kein Hohlraum über uns."
Erst danach besann sie sich darauf, daß ihre Gefährtin vielleicht Hilfe brauchte.
Sie drückte den Detektor wieder an die Magnethalterung ihres Gürtels, dann kauerte sie nieder, streckte einen Arm aus und faßte die rechte Hand Poerl Alcouns. Langsam zog sie die Gefährtin in die Höhle nach.
Die Tefroderin atmete auf, als sie spürte, daß der Boden hier völlig normal war und daß die Klimaanlage ihres SERUNS ihre Arbeit wiederaufnahm. „Puh!" machte Nikki und vollführte eine routinierte Bewegung von der Gesäßtasche in Richtung Mund.
Poerl schlug ihr die Taschenflasche aus der Hand und trampelte anschließend zornig darauf herum. „Du hast wahrscheinlich eine Gehirnerschütterung", schimpfte sie dabei. „Und dann willst du Alkohol trinken, obwohl er in deinem Zustand reines Gift für dich wäre."
Zu ihrer Verwunderung reagierte Nikki gelassen.
Die Terranerin hob die Taschenflasche auf, schüttete die darin verbliebenen Tropfen aus, verschloß sie wieder und schob sie in die Gesäßtasche zurück. Da sie aus Metallplastik bestand, hatten Poerls Fußtritte weder Beulen noch Kratzer hinterlassen. „In Ordnung", sagte sie. „Suchen wir also weiter! Von hier aus muß es zu einem der Nocturnenstöcke gehen."
Sie wollte noch etwas hinzufügen, verstummte aber, als sie einen Luftzug spürte.
Im gleichen Moment sah sie das Schott im Hintergrund der Höhle, das sich soeben geöffnet
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