1353 - Die Fratze des Todes
sah die Umgebung mehr als trostlos aus. In der Nacht musste sie einfach zum Weglaufen sein.
Er schaute sich um. Im Vergleich zur Zahl der Bewohner waren es nur wenige Garagentore, auf die er schaute. Sie waren grau angestrichen, aber damit hatten sich die Schmierer nicht zufrieden gegeben.
Mit Spray und Farbe hatten sie überall ihre Zeichen hinterlassen und auch die kleinen Mauerstücke zwischen den Garagen nicht vergessen. Trotz der Schmierereien erkannte Suko, dass die Tore alle eine Macke hatten. Die meisten von ihnen waren durch Tritte eingebeult worden.
Es gab hier nicht nur die Garagen. Einige Ecken des Platzes waren als Müllkippe benutzt worden. Was immer die Menschen nicht mehr haben wollten, hatten sie dort »entsorgt«. Tagesmüll war ebenso vorhanden wie Sperrmüll. Hin und wieder erwischte ein Windstoß ein sehr leichtes Teil und wehte es an eine andere Stelle, sodass der Platz vor den Garagen auch nicht eben sauber aussah.
Suko hatte auch vor, durch die schmale Einfahrt den Komplex zu verlassen, als sich plötzlich die Schnauze eines rostroten Golfs durch das Tor auf dem Hof schob.
Suko stellte seinen Vorsatz zurück. Er war gespannt, wer der Fahrer des Golfs war.
Es war eine Fahrerin. Sie hielt vor einem der Garagentore, stieg aus und öffnete es. Sie hatte Suko wohl bemerkt, sich aber nicht um ihn gekümmert.
Er glaubte sehr wohl, dass sie noch ins Gespräch kommen würden. Die Frau stieg wieder in den Wagen und ließ ihn in die Garage rollen. Wenig später kam sie zurück.
In dieser tristen Umgebung wirkte sie wie ein Farbklecks. Zudem war sie eine Exotin, eine Farbige, deren wilde Frisur auch ein Sturm nicht zähmen konnte. Pechschwarz war das Haar, und die Haut besaß die Farbe von heller Schokolade. Sie trug eine dunkelrote gefütterte Jacke und eine schwarze Hose. An den Ohrläppchen baumelten zwei recht großen Goldringe.
Beim Näherkommen nickte sie Suko zu. Auf ihrem Mund leuchtete der Lippenstift in einem zarten Rosa. Sie hatte ein sehr rundes Gesicht und schöne dunkle Augen. Über ihrer Schulter hing eine Tasche, und wenn sie ging, bewegte sie sich recht geschmeidig.
Bevor Suko ihr in den Weg treten konnte, sprach die Frau in an.
»Warten Sie auf mich?«
»Kommt darauf an.«
»Und?«
»Ich wollte mich hier nur umschauen.«
Ihr Blick wurde leicht misstrauisch. »Aha. Sind Sie zufrieden? Oder warten Sie auf jemand?«
»Nein, das nicht.« Suko hob die Schultern. Er spielte seine Rolle gut und zeigte auch jetzt etwas Verlegenheit. »Ich bin hier neu eingezogen und wollte mit die Gegend anschauen.«
Das Misstrauen legte sich. »Ach ja? Wo denn?«
Suko teilte es ihr mit.
»Verstehe. Ja, ja, die Wohnung war frei. Das habe ich schon gewusst. Ich habe sie nur noch nicht als neuen Mieter begrüßen können.«
»Ist es ihre Aufgabe?«
Die Frau legte den Kopf zurück und lachte. »Nein, nicht in der Regel. Aber hin und wieder mache ich davon Gebrauch.«
»Dann haben Sie mit den Häusern hier zu tun. Oder wohnen vielleicht selbst darin.«
»Das Letzte ist richtig.«
»Und das andere?«
Die Dunkelhäutige lachte. »Sie wollen das aber genau wissen, Mister. Okay, ich sage es Ihnen. Sie hätten es sowieso erfahren. Diese Häuser gehören zum Bereich meines Jobs, wenn Sie verstehen.«
»Nein.«
Das Lächeln weichte ihre etwas starren Gesichtszüge auf. »Nun ja, es ist so, Mister. Ich bin so etwas wie eine Streetworkerin. Ich darf darauf achten, dass die Gewalt nicht zu sehr eskaliert, denn wir leben hier in einem Brennpunkt. Aber das muss ich Ihnen ja nicht weiterhin noch sagen. Sie haben Augen im Kopf und sind bestimmt nicht unfreiwillig hier eingezogen.«
»Nein, nein, ich suchte eine Wohnung.«
Ihr Lächeln wurde breit, und sie streckte Suko mit einer zackigen Bewegung die Hand entgegen. »Ich heiße übrigens Fleur Aubry. Für den Namen kann ich nichts. Daran tragen meine Eltern die Schuld.«
Suko schlug ein und stellte sich ebenfalls vor.
»Ah, einen Nachnamen haben Sie nicht?«
»Der eine muss reichen.«
»Akzeptiert.« Sie schaute sich die Häuser an. »Es ist nicht immer einfach, sich an diese Gegend zu gewöhnen. Aber viele Menschen, die hier wohnen, sind froh, überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben, und selbst die Mieten sind noch bezahlbar, auch wenn viele Mieter damit in Rückstand sind.«
»Das kann ich mir denken, Fleur. Und sie müssen auch die Konflikte schlichten.«
Ihre Antwort hörte sich nicht eben freudig an. »Ich versuche es zumindest. Es
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