1353 - Die Fratze des Todes
gelingt mir manchmal, aber nicht immer. Hier lebt man eben nicht so wie in der Londoner City.«
»Ja, das weiß ich.«
»Ach, dann kommen Sie aus London?«
»Ich denke schon.«
»Und was hat Sie hierher verschlagen?«
»Die preiswerte Wohnungen. Und auch, dass ich keinen festen Job mehr habe.«
»Aber Sie arbeiten?«
»Ja. Ab morgen in einer Autowaschanlage. Nichts Besonderes, aber ich denke, dass ich durchkomme, weil ich mir noch einen zweiten Job suchen werde.«
»Was denn?«
Sie fragte mit einer professionellen Neugierde, über die Suko lächelte. »Einer meiner Vettern hat mir für die Abendstunden einen Job in seinem Restaurant angeboten. Damit verdiene ich dann so viel Geld, dass ich leben kann.«
»Nicht schlecht, Suko. Leider haben nicht alle diese Einstellung.«
Sie schüttelte sich leicht. »Wissen Sie was?«
»Nein.«
»Ha, das hatte ich mir gedacht. Mir ist trotz der dicken Jacke kalt. Deshalb mein Vorschlag. Lassen Sie uns etwas trinken. Einen Tee oder einen Kaffee. Ich lade Sie ein.«
»Das nehme ich gern an.«
»Super. Kommen Sie.«
»Moment mal. Wohin denn? Müssen wir fahren?«
»Nein, nein, wir bleiben schon hier im Komplex. Da brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Es gibt hier so etwas wie eine Kaffeebude. Da wird kein Alkohol ausgeschenkt. Wir haben es dort relativ ruhig.«
»Danke, ich freue mich.«
»Dann kommen Sie.«
Fleur Aubry hakte sich bei Suko unter. Dann gingen sie los, als wären sie die besten Freunde.
Es war nicht so, dass Suko dieser Frau nicht traute. Er ging schon davon aus, dass sie den Job als Streetworkerin durchführte. Aber sie war auch jemand, die einen hellen Verstand besaß, und er konnte sich vorstellen, dass sie ihm die Geschichte nicht so recht abnahm und jetzt bei einem Tee oder Kaffee tiefer bohren wollte.
Darauf war Suko gespannt…
***
Noch hielt sich die Dämmerung zurück, als die beiden neuen Gäste die Kaffeebude betraten. Es roch wirklich nach Kaffee, und sie war auch recht gut gefüllt.
Schon auf dem Weg zum Ziel war Suko aufgefallen, dass zahlreiche Menschen Fleur Aubry kannten. Jedenfalls wurde sie des Öfteren gegrüßt, und sie hatte für jeden ein offenes Lächeln übrig.
Es waren hauptsächlich Jugendliche oder junge Erwachsene, die sich in dem Raum aufhielten, in dem es eine schlichte Theke gab, hinter der Kaffee und Tee gekocht wurde. Ein paar Stehtische verteilten sich ebenfalls im Raum. Die Sitzgelegenheiten waren an den Wänden angebracht worden. Schlichte Bretter durch starke Winkeleisen jeweils an den Enden befestigt.
»Kaffee oder Tee, Suko?«
»Tee.«
»Gut. Ich hole uns was. Bleiben Sie so lange hier stehen.«
Sie meinte damit den runden Tisch in der Nähe, an dem Suko wartete. Er glaubte nicht, dass sich noch ein anderer Gast dazustellte. Wer hier fremd war, den mied man.
Genau umgekehrt war es bei Fleur Aubry. Jeder kannte sie. Jeder wollte mit ihr sprechen, und sie hatte auch für jeden ein freundliches Wort, aber sie blieb konsequent und kümmerte sich ausschließlich um Suko, zu dem sie zurückging, in der einen Hand die Tasse mit Tee, in der anderen die mit dem Kaffee.
»So, da bin ich wieder.«
Suko bedankte sich für den Tee und sagte: »Sie scheinen hier wirklich sehr bekannt zu sein.«
»Das bringt der Job so mit sich.«
»Den sie gerne machen – oder?«
Fleur Aubry wiegte den Kopf. »Nicht immer. Es gibt schon Situationen, da kann man sich nicht wohl fühlen.«
»Gewalt?«
Fleur gab noch keine Antwort. Sie trank zunächst einen Schluck Kaffee. »Ja, auch das. Es gehört leider dazu. Aber Gewalt ist eben überall. Nur nicht immer in der gleichen Form. Hier ist sie offen und aggressiv, woanders, in den vornehmeren Gegenden ist sie subtiler. Das weiß ich auch.«
Suko, der einen Schluck Tee getrunken hatte und über das Getränk besser keinen Kommentar abgab, stellte die Tasse wieder ab. »Da haben Sie bestimmt Recht, aber mir ist soeben etwas anderes eingefallen, was auch mit Gewalt zu tun hat. Und zwar mit tödlicher.«
»Und das wäre?«, fragte sie leise.
Suko senkte den Kopf und hob zugleich eine Augenbraue an. »Ich habe etwas gehört«, erklärte er…
Die Streetworkerin ließ ihn nicht ausreden. »Ich ahne schon, auf was Sie hinauswollen.« Die Freundlichkeit aus ihrem Gesicht verschwand. »Es geht um die Verbrechen, die hier in der Gegend passiert sind.«
»Ja, um vier Morde.«
Fleur Aubry presste die Lippen zusammen. »Ich weiß, dass es schlimm ist, Suko, und ich bin auch
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