1353 - Die Fratze des Todes
entsetzt. Aber gewisse Dinge lassen sich eben nicht vermeiden. Man steckt nicht in den Menschen drin. Das wissen Sie selbst, Suko.«
»Ist mir schon klar. Ich bin trotzdem hergezogen. Aber ein bedrückendes Gefühl bleibt schon zurück, weil auch die Polizei nicht herausgefunden hat, wer der Täter ist.«
»Da haben Sie Recht. Die Beamten sind sehr schnell verschwunden, was ich persönlich nicht begreife, doch die Angst der Menschen ist geblieben, und zwar sehr stark. Selbst die Typen, die Gewalt auf ihre Fahnen geschrieben haben – und davon gibt es hier einige –, halten sich zurück. Man sieht sie immer nur im Rudel.«
»Hat man denn keinen Verdacht?«
Fleur Aubry schaute Suko direkt an. »Nein, den hat man wohl nicht. Man geht davon aus, dass es nicht die letzte Tat des Mörders war. Und so etwas ist schlimm.«
»Da haben Sie wohl Recht.« Suko trank den Tee, der ihm nicht schmeckte. »Könnte es denn sein, dass sich der Mörder hier in der Gegend aufhält?«
»Sie meinen, dass er hier im Haus lebt?«
»Ja, in einem der Häuser.«
»Ich will nicht ausschließen. Sie glauben gar nicht, wer alles von den Beamten befragt wurde, aber es gab nichts, was die Leute weiterbrachte. Keinen Hinweis, keine Spur, einfach gar nichts. Wir… wir … haben ins Leere geschossen.«
»Sie auch?«
»Ja, ich half mit.« Fleur lachte. »Ich wollte meine Kenntnisse zur Verfügung stellen, doch gebracht hat es so gut wie nichts. Ich konnte nicht helfen.«
»Und Sie wüssten auch nicht, wem Sie, trotz ihrer Kenntnisse, die Tat zutrauen?«
»Nein.«
»Tja.« Suko leerte seine Tasse. Als er sie abstellte, sah er den forschenden Blick der Streetworkerin auf sich gerichtet. Der Ausdruck in ihren Augen gefiel ihm nicht. Sie sah aus wie eine Person, die sie schon ihre Gedanken machte, es allerdings noch nicht wagte, sie auszusprechen.
»Bitte, Suko«, sagte sie nach einem tiefen Atemzug, »verstehen Sie mich nicht falsch, aber es gibt einige Sachen, die ich nicht so recht begreife.«
»Welche?«
Sie lachte. »Das will ich Ihnen sagen. Sie sind mir ein kleines Rätsel.«
»Wie das?«
»Ganz einfach. Ich habe selten einen Mieter erlebt, der sich um diese Fragen kümmert. Ich könnte sogar annehmen, dass Sie Polizist sind und herkamen, um den Mörder zu stellen.«
Jetzt musste Suko lachen. Er hoffte, dass er als Schauspieler gut genug war. »Da irren Sie sich. Ich bin nur ein neugieriger Mensch. Außerdem spricht man darüber.«
»Verstehe.« Fleur schaute ihn ins Gesicht und lächelte. »War auch nur eine Frage. Manchmal habe ich das Gefühl, auf einem Pulverfass zu leben.« Dann schaute sie auf die Uhr. »Es wird Zeit für mich. Ich muss mich zurückziehen.«
»Der Job?«
»Auch. Ich habe noch zwei Termine.«
»Und wo nehmen Sie diese Termine wahr?«
»In dem Haus, das neben dem Ihren liegt. Dort hat man mir ein kleines Büro eingerichtet. Da fühle ich mich dann wohl und kann den Menschen mit Rat und Tat zur Seite stehen, hoffe ich.«
»Okay. Dann will ich Sie nicht länger aufhalten. Ich bedanke mich für den Tee.«
»Gern geschehen. Wir sehen uns noch.« Fleur winkte Suko zu und verließ die Kaffeebude.
Für ihn war die Frau eine interessante Person. Sie konnte sich gut verkaufen, und er stellte sich vor, dass sie auch Konflikte schlichten konnte.
Trotzdem wollte er mehr über sie erfahren. Aber nicht hier, sondern in seiner neuen Wohnung.
***
Alles stand wieder an seinem Platz, der Fernseher, der Sessel, aber es hatte sich im Raum trotzdem etwas verändert. Es war dunkler geworden. Die ersten Vorboten der Dämmerung schlichen näher, und das machte sich auch in Sukos neuer Bleibe bemerkbar.
Er ließ sich in einen Sessel fallen und tippte die Nummer ein, die sehr wichtig für ihn war. Er wollte wissen, ob etwas Negatives über eine gewisse Fleur Aubry in den Computern gespeichert war.
»Gut, Kollege. Wo kann ich dich erreichen?«
Suko gab seine Handynummer preis.
»Bis gleich dann.«
Jetzt begann das Warten. Suko stellte sich wieder an das Fenster.
Aber nicht mit seiner vollen Breitseite, sondern etwas versetzt, sodass er in einem spitzen Winkel nach draußen schauen konnte.
Dort lief das normale und tagtägliche Leben ab. Auf dem großen Platz vor dem hohen Haus, gaben einige wenige Lampen ihr Licht ab. Man hatte Rasenflächen angelegt, auf denen sich das Licht verteilte, den Boden allerdings kaum erhellte, weil es nicht bis zu der dunklen Fläche vordringen konnte.
Es gab auch Leute, die von der
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