1353 - Die Fratze des Todes
ein verdammter Job ist. Sogar meinen Feinden wünsche ich ihn nicht.«
»Kann ich mir denken. Sind Sie denn angegriffen worden?«
»Schon. Aber mehr verbal.«
»Dann sind sie also die einzige offizielle Person, die sich in diesem Getto aufhält?«
Fleur hob die Schultern. »Das ist zwar drastisch formuliert, doch im Prinzip haben Sie Recht. Ich bin diejenige, die hier so etwas wie eine Verantwortung trägt.«
»Das finde ich schon ein wenig absurd.«
»Wieso das?«
»Ich kann es ihnen erklären, Fleur. Ich selbst lebe zusammen mit meiner Partnerin ebenfalls in einem Hochhaus. Und in unserem gibt es einen Hausmeister, der von uns Mietern bezahlt wird. Das müsste doch hier auch der Fall sein.«
»Ja.« Danach lachte Fleur.
»Warum lachen Sie?«
»Mal eine Frage, Suko. Möchten Sie hier den Hausmeister spielen? Bei der Gewalt?«
»Wenn ich keinen anderen Job bekommen kann.«
Zweimal nickte Fleur in Sukos Richtung. »Das haben die Männer auch so gedacht, die dann sehr schnell aufgaben und verschwunden sind. Einer von ihnen wird sein Leben lang ein steifes Bein behalten. Er hat gedacht, sich einmischen zu können. Der zweite Hausmeister hielt es nur drei Wochen aus. Dann ging er auch. Er war verheiratet. Man hat seiner Frau aufgelauert und sie vergewaltigt. Es war nicht nur ein Mann. Mehr möchte ich dazu nicht sagen, Suko.«
»Klar, das verstehe ich.«
»Sie merken also, dass hier einiges im Argen liegt. Hier müsste jemand mit eisernem Besen aufräumen. Aber finden Sie mal den, der dazu bereit ist. Das hier ist ein Sumpf, aus dem immer neue Blüten entsteigen und sich ausbreiten. Von hier aus jagen sie in die City hinein und ziehen sich nach ihren Raubzügen hierher wieder zurück.«
»Das hört sich schlimm an.«
»Ist aber die Wahrheit. Nicht grundlos nennt man Orte wie diesen hier einen Brennpunkt.«
»Und Sie haben hier keine Angst, Fleur?«
Plötzlich konnte sie lächeln. Und das noch offen, sodass Suko ihr einfach glauben musste.
»Nein, ich habe keine Angst. Ich kümmere mich um die Kinder. Oder versuche es zumindest. Mit den Älteren lege ich mich nicht an, obwohl ich auch versuche, an sie heranzukommen, was allerdings mehr als problematisch ist.«
»Haben Sie Drohungen bekommen?«
»Schon öfter.«
»Und?«
Fleur zuckte mit den Schultern. »Nichts und. Mir ist bisher nichts passiert, mehr kann ich dazu nicht sagen. Aber Drohungen hat es schon gegeben, das stimmt.«
»Kennen Sie die Menschen, die Ihnen gedroht haben?«
»Nein, nicht direkt. Ich habe meine Vorstellungen, doch ich traue ihnen die Täterschaft nicht zu. Sie sind keine Mörder. Der Killer ist ein anderer.«
»Rechnen Sie trotzdem damit, dass Sie ihn hier im Haus finden?«
»Ja, oder in den beiden anderen Bauten. Damit muss man einfach rechnen.« Sie winkte ab. »Die Fragen, die Sie mir gestellt haben, mit denen habe ich mich oft beschäftigt. Es gibt kein Ergebnis, und ich wüsste auch keinen der uns weiterhelfen könnte.«
»Dann stehen unsere Chancen nicht gut.«
»Sie sagen es, Suko.«
Es ärgerte den Inspektor, dass er sich auf diese Gedanken und Folgerungen einlassen musste. Doch es gab keine andere Möglichkeit. Er musste sich mit den Tatsachen abfinden.
Trotzdem bastelte er an einem Plan. Er würde nicht mehr lange hier sitzen bleiben. Suko glaubte, dass der Killer wieder unterwegs war, und das Gleiche würde er auch tun. Immer darauf hoffend, dass es zwischen ihnen zu einem Treffen kam. Aber daran wollte Suko noch nicht recht glauben.
»Dann bedanke ich mich für den Tee!«
Fleur schaute hastig auf. »Sie wollen gehen?«
»Das hatte ich vor.«
»Und dann?«
»Ich muss mich umschauen, weil ich davon ausgehe, dass dieser Killer unterwegs ist.«
»Dann bin ich dabei.«
Suko wollte etwas sagen und sie davon abhalten. Dazu kam es nicht mehr, denn es klingelte an der Tür.
Sofort war die Spannung im Raum zu spüren. »Wer kann das sein?«, flüsterte Fleur.
»Keine Ahnung.«
»Um diese Zeit…« Sie stand auf, und da klingelte es schon zum zweiten Mal. Der Besucher schien es eilig zu haben.
»Ja, ja, ich komme!«, rief Fleur. Sie hatte die Wohnungstür durch zwei Sicherheitsschlösser versperrt, die sie jetzt aufschloss, aber nur spaltbreit öffnete.
»Du bist es, Mason?«
Suko, der von seinem Sessel aus alles verfolgt hatte, entspannte sich wieder, obgleich er sich darüber wunderte, dass der Verletzte hier erschienen war. Es konnte sein, dass er allein vor Angst verging, aber es konnte auch einen
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