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schnell sterben. Nichts für ungut. Und Ihr redet mit dem Mann, damit ich ein Pferd bekomme?»
«Das tue ich, und ich frage ihn nach ein paar Münzen für deine Reise.»
Sculley nickte. «Das klingt anständig», sagte er, «Ihr bleibt, ich gehe, und dann töte ich Euch.»
«Ja», sagte Robbie.
Er war frei.
Zu seinem eigenen Erstaunen entdeckte Vater Levonne in einer Truhe, die in einer kleinen Kammer im oberen Stockwerk des Bauernhauses stand, ein Paar Stiefel. «Der Bauer ist geflohen», sagte er, während er zusah, wie Roland die Stiefel anprobierte, «wir sollten ihm Geld dalassen. Passen sie?»
«Sie passen», sagte Roland, «aber wir können sie nicht stehlen.»
«Wir lassen ihm mehr Geld in der Truhe, als sie wert sind», sagte Vater Levonne. «Glaubt mir, er ist ein französischer Bauer, also will er lieber Gold als Schuhe haben.»
«Ich habe kein Geld», sagte Roland, «besser gesagt, mein Geld ist in der Burg.»
«Thomas wird bezahlen.»
«Wird er das?»
«Gewiss, er bezahlt immer.»
«Immer?», Roland klang überrascht.
«Le Bâtard»
, erklärte Vater Levonne geduldig, «lebt an der Grenze zur englischen Gascogne. Er braucht Korn und Käse und Fleisch und Fisch, er braucht Wein und Heu, und solche Sachen zu stehlen würde ihm den Hass der Bauern eintragen. Sie würden ihn an Berat oder Labrouillade verraten oder an sonst einen der Herren, die den Schädel von Thomas gern in ihrem Saal an die Wand nageln wollen, also sorgt Thomas dafür, dass ihn die Bauern schätzen. Er zahlt. Die meisten Herren zahlen nicht, wer, glaubt Ihr also, ist beliebter?»
«Aber …», fing Roland an.
«Aber?»
«Le Bâtard»
, sagte Roland erstaunt, «die Hellequin?»
«Ah, ihr glaubt, sie wären Kreaturen des Teufels?» Vater Levonne lachte. «Thomas ist Christ, und noch dazu, das wage ich zu sagen, ein guter Christ. Er selbst ist da nicht sicher, aber er bemüht sich.»
«Er ist exkommuniziert», betonte Roland.
«Weil er getan hat, was Ihr selbst auch getan habt – Genevieve das Leben gerettet. Vielleicht werdet Ihr ja als Nächster exkommuniziert.» Vater Levonne sah das Entsetzen in Rolands Miene und versuchte, seine Bemerkung abzumildern. «Es gibt zwei Kirchen, Sire», sagte er, «und ich bezweifle, dass sich Gott um die Exkommunikationen schert, die eine von ihnen verhängt.»
«Zwei? Es gibt nur eine Kirche», sagte Roland. Er sah den Priester an, als wäre Vater Levonne selbst ein Ketzer.
«Credo unam, sanctam, catholicam et apostolicam Ecclesiam»
, sagte er mit ernster Stimme.
«Noch ein Soldat, der Latein spricht! Ihr und Thomas! Und ich glaube auch an die eine, heilige, katholische Kirche, mein Sohn, aber diese Kirche ist janusköpfig. Eine Kirche, zwei Gesichter. Ihr habt Vater Marchant gedient?»
«Ja», sagte Roland beschämt.
«Und wem dient er? Kardinal Bessières. Kardinal Louis Bessières, Erzbischof von Livorno und päpstlicher Legat am französischen Hof. Was wisst Ihr über Bessières?»
«Er ist Kardinal», sagte Roland.
«Sein Vater war Talghändler im Limousin», sagte Vater Levonne, «der junge Louis war ein kluger Bursche, und sein Vater hatte genügend Geld, um ihn ausbilden zu lassen, aber welche Aufstiegsmöglichkeiten hat der Sohn eines Talghändlers in der Welt? Er kann kein Adeliger werden, er wurde nicht dazu geboren, so wie Ihr zu Privilegien und Stand geboren wurdet, aber es gibt ja immer noch die Kirche. Ein Mann kann sehr weit kommen in der heiligen, katholischen und apostolischen Kirche. Es spielt keine Rolle, ob er in der Gosse geboren wurde, solange er Verstand hat. Der Sohn eines Talghändlers kann ein Kirchenfürst werden, deshalb zieht die Kirche all diese klugen Burschen an, und manche von ihnen, wie Louis Bessières, sind dazu noch ehrgeizig, grausam, gierig und skrupellos. Und deshalb, Sire, ist das eine Gesicht unserer Kirche unser derzeitiger Papst. Ein guter Mann, ein wenig geistlos, ein wenig zu stark auf das kanonische Recht aus, aber ein Mann, der sich bemüht, in dieser sündhaften Welt Gottes Willen zu erfüllen. Und das zweite Gesicht ist Kardinal Bessières, ein schlechter Mann, der vor allem anderen Papst werden will.»
«Und aus diesem Grund sucht er
La Malice
», sagte Roland ruhig.
«So ist es.»
«Und ich habe Vater Marchant gesagt, wo diese Waffe zu finden ist!», fuhr Roland fort.
«Das habt Ihr getan?»
«Oder jedenfalls, wo sie vielleicht zu finden ist. Ich weiß es nicht. Vielleicht ist sie nicht dort.»
«Ich glaube, Ihr
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