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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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solltet mit Thomas sprechen», sagte Vater Levonne sanft.
    «Ihr könnt es ihm erzählen», sagte Roland.
    «Ich? Warum ich?»
    Roland zuckte mit den Schultern. «Ich muss losreiten, Vater.»
    «Wohin?»
    «Es wurde ein
Arrière-ban
ausgerufen. Ich muss gehorchen.»
    Vater Levonne runzelte die Stirn. «Ihr schließt Euch der Armee des französischen Königs an?»
    «Gewiss.»
    «Und wie viele Feinde werdet Ihr dort haben? Labrouillade? Marchant? Den Kardinal?»
    «Ich kann es Vater Marchant erklären», sagte Roland zögernd.
    «Denkt Ihr, er ist vernünftigen Argumenten zugänglich?»
    «Ich habe einen Schwur geleistet», sagte Roland.
    «Dann nehmt ihn zurück!»
    Roland schüttelte den Kopf. «Das kann ich nicht.» Er sah, dass der Priester ihn unterbrechen wollte, und beeilte sich weiterzusprechen. «Ich weiß, dass die Dinge nicht schwarz und weiß sind, Vater, vielleicht ist Bessières wirklich schlecht, und ich weiß, dass Labrouillade ein wertloser Mensch ist, aber ist seine Frau besser? Sie ist eine Ehebrecherin! Sie hat sich der Unzucht schuldig gemacht!»
    «Die halbe Christenheit hat diese Sünde auf sich geladen, und der größte Teil der anderen Hälfte würde es gern.»
    «Wenn ich hierbleibe», sagte Roland, «dann billige ich ihre Sünde.»
    «Gütiger Gott», sagte Vater Levonne erstaunt.
    «Ist es so schlimm, sich nach Reinheit zu sehnen?», fragte Roland beinahe flehend.
    «Nein, mein Sohn, aber Euer Verhalten ergibt keinen Sinn. Ihr gesteht ein, dass Ihr einem schlechten Menschen einen Eid geschworen habt, aber Ihr wollt diesen Eid dennoch nicht brechen. Wie rein ist das?»
    «Warum sollte ich einen Eid brechen, um einen Mann zu unterstützen, der gegen mein Land kämpft und einer Ehebrecherin Obdach gewährt?»
    «Ich dachte, Ihr seid Gascogner. In der Gascogne herrschen die Engländer, und niemand macht ihnen dieses Recht streitig.»
    «Einige Gascogner schon», sagte Roland, «und wenn ich kämpfe, dann kämpfe ich für das, was ich für recht halte.»
    Vater Levonne zuckte mit den Schultern. «Mehr kann man nicht verlangen», pflichtete er Roland bei, «aber zumindest solltet Ihr Thomas Lebewohl sagen.» Er warf einen Blick aus dem Fenster und sah, dass der Morgen graute. «Kommt, er wird sich bei Euch bedanken wollen.»
    Er führte Roland hinunter in die große Küche. Genevieve war dort, einen Verband über dem linken Auge, und Hugh schlief in einer Ecke, während Thomas neben seiner Frau saß und ihr den Arm um die Schultern gelegt hatte. «Vater», grüßte er Levonne.
    «Sire Roland wünscht uns zu verlassen», sagte Vater Levonne. «Ich habe versucht, ihn zum Bleiben zu bewegen, aber er besteht darauf, zu König Jean zu gehen.» Er wandte sich um und hieß Roland mit einer Geste, zu sagen, was er zu sagen hatte, doch Roland sagte gar nichts. Er starrte verzückt auf die dritte Person, die am Tisch saß. Unfähig, zu sprechen oder sich vom Fleck zu rühren, stand er da, und durch seinen Kopf klangen all die Verse, die er die Troubadours in der Burg seiner Mutter hatte singen hören, Verse über Lippen, die waren wie zerdrückte Rosenblütenblätter, über Wangen, die so weiß waren wie Taubenflügel, über Augen, die den finstersten Himmel zu erhellen vermochten, und über Haar in der Farbe von Rabenflügeln. Er versuchte etwas zu sagen, doch kein Wort kam aus seinem Mund, und sie erwiderte seinen Blick mit ebenso großen Augen.
    «Ihr habt die Comtesse de Labrouillade noch nicht kennengelernt», sagte Thomas. «Madame, das ist Sire Roland de Verrec …» Er hielt inne, dann fügte er genüsslich hinzu, «der geschworen hat, Euch Eurem Gemahl zurückzubringen.»
    Doch wie es schien, hörte Bertille seine Worte ebenso wenig wie Roland, denn sie sah Roland einfach immer weiter an. Sie hatten ihre Blicke ineinander versenkt, und für beide hatte die Welt aufgehört zu bestehen. Die Zeit war stehengeblieben, der Himmel hatte den Atem angehalten, und der jungfräuliche Ritter war verliebt.

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    TEIL DREI
Poitiers
    Zehn
    D ie zwei Würfel rollten über den Tisch. Es war ein sehr schöner Tisch aus dunklem Walnussholz, mit Intarsien aus Silber und Elfenbein, die ein Muster aus Einhörnern zeigten, doch nun lag ein tiefblaues Samttuch mit Goldquasten über der Tischplatte. Der Samt dämpfte das Geräusch der Würfel, auf die fünf Männer schauten.
    «Gott», sagte der Jüngste, als die Würfel ausgerollt waren.
    «Hat auf Euch geschissen, Sire», sagte ein anderer,

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