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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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unter ihren Füßen. In den Eichen hingen Misteln, doch als Thomas und Keane zum westlichen Ende des Waldes hingen, wurden die großen Eichen von Kastanien, Wildbirnen und Wacholder abgelöst. «Es heißt», sagte Thomas, «dass ein Pfeil aus Mistel unfehlbar ist.»
    «Wie in Gottes Namen soll man aus Misteln einen Pfeil machen? Die bestehen doch aus nichts weiter als einem dünnen Zweigbündel.»
    «Der Pfeil wäre vermutlich sehr kurz.»
    Die beiden Hunde liefen ihnen mit der Schnauze am Boden voraus. «Die werden nie hungern», sagte Keane.
    «Fütterst du sie?»
    «Sie füttern sich selbst. Sie jagen Hunde.»
    Sie traten aus dem Wald, überquerten einen Streifen Wiese und gelangten dorthin, wo der Hügel steil zum Flusstal hin abfiel. Der Fluss verbarg sich im Nebel. Dort unten standen irgendwo die Fuhrwerke der Armee, sie waren auf dem Weg zu einer Furt abgestellt worden. Baumkronen ragten über dem Nebel hinaus. Im Westen lag ein weiteres, viel flacheres Tal. In Dorset, dachte Thomas, würde man ein solches Tal ein Kar nennen. Die näher gelegene Talseite war für den Weinanbau terrassiert, die Talseite gegenüber war Ackerland, das zu einem weiten, flachen Plateau anstieg. Nichts rührte sich dort. «Sind da drüben die Franzosen?», fragte Keane, der Thomas’ Blick gefolgt war.
    «Das scheint niemand zu wissen. Aber in der Nähe sind sie jedenfalls.»
    «Wirklich?»
    «Hör genau hin.»
    Sie schwiegen, und nach einer Weile hörten sie den fernen Klang einer Trompete. Die beiden Hunde stellten die Ohren auf und sahen mit starrem Blick nach Norden.
    Wenn sie den Franzosen entkommen wollten, mussten sie über den Fluss. Er war nicht breit, aber er war tief, und um ihn zu überqueren, konnte die Armee nur die Brücke bei der Abtei oder eine Furt weiter im Westen nutzen, und eine solche Flussüberquerung würde sich lange hinziehen und den Franzosen eine Gelegenheit zum Angriff verschaffen, wenn die englische Armee erst zur Hälfte über den Fluss war. Also würde die Armee möglicherweise an Ort und Stelle bleiben. Niemand wusste es.
    Sicher war allerdings, dass die Armee wenigstens eine Zeitlang ihr Lager beibehalten würde, denn Banner wurden auf dem Grasland aufgepflanzt, das sich am Rand des Hochwaldes auf dem Gipfel des langgestreckten Hügels hinzog. Die Banner standen von Süden bis Norden, und sie zeigten an, wo sich die Waffenknechte sammeln sollten. Die fernen Trompeten wurden nun eindringlicher geblasen, und ihr Klang lockte die Engländer und Gascogner aus dem Wald. Sie fragten sich, ob die Trompeten einen Angriff ankündigten. Das Löwenbanner des Earls of Warwick befand sich an der Südspitze des Hügels, und obwohl dies sein Platz war, ging Thomas weiter Richtung Norden. Das Kar lag zu seiner Linken. Der Hang des Kars war dort, wo der Hügel zum Fluss Miosson abfiel, äußerst steil, doch als Thomas und Keane weiter nordwärts gingen, wurde der Abhang immer sanfter, und als Thomas bei dem großen Banner mit den Federn des Prince of Wales ankam, war der Hang zu seiner Linken langgestreckt und flach. Dennoch hätten die Franzosen auch bei einem Angriff von dem Plateau des Hügels aus keine leichte Aufgabe vor sich. Der langgestreckte Hang wurde von Rebzeilen gekreuzt. Die Weinreben waren mit Weidenschösslingen an Hanfschnüren hochgebunden, die zwischen Pflöcken aus Kastanienästen gespannt waren. Noch schwieriger wurde es dadurch, dass sich die dickste Hecke, die Thomas je gesehen hatte, über den Hang zog, eine Hecke, die zehn oder zwölf Fuß breit sein mochte, ein undurchdringliches Dickicht aus Dornengestrüpp und Baumschösslingen. In der Hecke waren zwei breite Lücken, in denen Karren tiefe Räderspuren in die Erde gegraben hatten, und nun sammelten sich Bogenschützen an den Seiten dieser Lücken. Die englischen Banner wehten etwa vierzig oder fünfzig Schritt hinter diesen Öffnungen der Hecke.
    Keane beobachtete, wie sich die englische Armee sammelte. Reihen von Männern in Kettenrüstungen und Plattenpanzern. Reihen von Männern mit Streitäxten und Hämmern, mit Kriegsflegeln, Keulen, Schwertern und Lanzen. «Rechnen sie mit einem Angriff?», fragte er unruhig.
    «Ich glaube nicht, dass irgendwer etwas Genaues weiß», sagte Thomas, «aber bis jetzt rührt sich nichts.»
    Dann wurde erneut eine Trompete geblasen, viel näher dieses Mal. Die Bogenschützen, die auf dem Boden gesessen hatten, standen auf, und einige spannten ihre Bögen. Sie steckten Pfeile in den Boden, damit sie

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