1356
mit
le Bâtard
aufnehmen konnten. Doch was sie nicht aufzubieten hatten, war der zweite Vorteil der Hellequin; der englische Langbogen, und er war es, der Thomas und seine Männer reich gemacht hatte.
Er war eine einfache Waffe. Ein Stab aus Eibenholz, der etwas über mannshoch war und vorzugsweise aus Bäumen vom Mittelmeer gefertigt wurde. Der Bogenmacher bearbeitete den Stab, wobei das harte Kernholz zur einen und das elastische Splintholz zur anderen Seite ausgerichtet war, er bemalte ihn, um die Feuchtigkeit im Holz zu halten, dann setzte er Nocken aus Horn auf die beiden Spitzen, an denen die aus Hanffasern gedrehte Sehne befestigt wurde. Einige Bogenschützen ließen Haarsträhnen ihrer Frauen in den Bogensehnen verarbeiten und behaupteten, die Sehnen würden dadurch weniger reißen, doch Thomas hatte in zwölf Jahren des Kampfes keinen Unterschied feststellen können. Die Sehne wurde mit einer Wicklung verstärkt, wo der Pfeil auflag – und das war der Kriegsbogen: Eine Bauernwaffe aus Eibe, Hanf und Horn, die einen Pfeil aus Esche, Buche oder Birke verschoss, der eine Stahlspitze besaß und eine Befiederung aus Gänsefedern, die jeweils aus demselben Flügel einer Gans stammen mussten, damit die Federn die gleiche Krümmung aufwiesen.
Der Kriegsbogen war billig, und er war tödlich. Bruder Michael war kein schwacher Mann, aber er konnte eine Bogensehne nicht weiter als eine Handbreit ausziehen, die Bogenschützen von Thomas dagegen spannten die Sehne bis zu ihren Ohren zurück und taten dies sechzehn oder siebzehn Mal in der Minute. Sie hatten Muskeln wie Stahl, Muskelhöcker auf ihren Rücken, breite Oberkörper, dicke Arme, und ohne all diese Muskeln war der Bogen nutzlos. Jeder Mann konnte mit einer Armbrust schießen, und eine gute Armbrust übertraf den Eibenbogen, aber sie war hundert Mal so teuer in der Herstellung, und das Nachladen dauerte fünf Mal länger: Während der Armbrustschütze den Spannhaken zurückkurbelte, um die Sehne zu spannen, kam der englische Bogenschütze auf Schussweite heran und jagte ein halbes Dutzend Pfeile los. Es waren die englischen und walisischen Bogenschützen, welche die dazu notwendige Muskelkraft besaßen, weil sie schon als Kind anfingen, mit dem Bogen zu üben, genau wie Thomas’ Sohn Hugh sich darin übte. Er hatte einen kleinen Bogen, und sein Vater erwartete von ihm, dass er täglich dreihundert Pfeile abschoss. Er musste schießen und schießen und schießen, bis er nicht mehr darüber nachdenken musste, wohin der Pfeil fliegen sollte, sondern ihn einfach in dem Bewusstsein abschnellen ließ, dass er das Ziel treffen würde, und jeden Tag wuchsen seine Muskeln, bis Hugh in zehn Jahren so weit wäre, sich bei den Bogenschützen einzureihen und mit einem großen Kriegsbogen den befiederten Tod auszusenden.
Thomas hatte dreißig Bogenschützen am Waldrand. In der ersten halben Minute schossen sie mehr als hundertundfünfzig Pfeile ab, und es wurde kein Kampf, sondern ein Gemetzel. Ein Pfeil, der aus zweihundert Schritt Entfernung abgeschossen wurde, konnte ein Kettenhemd durchbohren, aber keiner der Männer des Comtes de Labrouillade war durch Rüstung oder Schild geschützt, all dies hatten sie auf die Packpferde geladen, und so ging der Pfeilhagel auf sie nieder, verwundete Männer und Pferde und verursachte augenblicklich heillose Verwirrung. Die Armbrustschützen gingen ein gutes Stück hinter den Reitern des Comtes und wurden zudem von ihren Säcken mit Beute behindert. Es würde minutenlang dauern, bis sie zum Kampf bereit waren, und Thomas gab ihnen diese Minuten nicht. Stattdessen führte er, während die Pfeile auf schreiende Pferde und gestürzte Reiter niedergingen, seine zwanzig Waffenknechte aus dem Wald gegen die Flanke des Comtes.
Thomas’ Männer saßen auf Schlachtrössern, großen Hengsten, die das Gewicht eines Mannes, seiner Rüstung und seiner Waffen tragen konnten. Die Reiter hatten keine Lanzen, denn Lanzen waren schwer und hätten ihr Vorankommen behindert, stattdessen zogen sie ihre Schwerter oder schwangen Äxte und Keulen. Viele trugen einen Schild mit dem Wappenzeichen und dem schwarzen Bastardfaden
le Bâtards
, und Thomas ließ seine Kampflinie sofort zum Gegner umschwenken, als sie aus dem Wald heraus waren, und senkte sein Schwert, um das Signal zum Vorrücken zu geben.
Sie rückten vor, Knie an Knie. Felsen lagen auf dem hochgelegenen Wiesenplateau, und die Reihe teilte sich darum und schloss sich dahinter wieder. Die
Weitere Kostenlose Bücher