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her leichter Regen aufgezogen. Die Reihe der Waffenknechte verschwand im Turm, die Tapfersten erstiegen die Leitern bis zur obersten Plattform, sodass sie die Ersten wären, die über die Zugbrücke gingen. Robbie Douglas war einer von ihnen. Er hatte sich mit Lederwams und Kettenhemd gerüstet, sich aber mit Ausnahme der Beinschienen und einer Schiene für den rechten Unterarm gegen Plattenrüstungen entschieden. Sein linker Arm wurde von seinem Schild geschützt, auf dem das rote Herz der Douglas prangte.
Sein Schwert war alt, alt, aber gut, mit einem einfachen Heft aus Holz, in dem ein Fingernagel von Sankt Andreas, dem Schutzpatron Schottlands. verborgen war. Das Schwert hatte einem anderen seiner Onkel gehört, Sir William Douglas, Ritter von Liddesdale, aber er war von den Lords of Douglas bei einer Familienfehde ermordet worden. Danach hatte man Robbie gezwungen, vor dem Lord of Douglas das Knie zu beugen und ihm Gefolgschaft zu schwören. «Jetzt bist du mein Mann», hatte der Lord of Douglas gesagt, der wusste, wie sehr Robbie Sir William gemocht hatte. «Und wenn du nicht mein Mann bist, dann bist du niemandes Mann, und wenn du niemandes Mann bist, dann bist du ein Vogelfreier, und wenn du ein Vogelfreier bist, kann ich dich töten. Also, wem gehörst du?»
«Dir», hatte Robbie kleinlaut gesagt und das Knie gebeugt. Nun, als er oben auf dem Turm zu Roland de Verrec trat, fragte er sich, ob er die richtige Wahl getroffen hatte. Er hätte zurück zu Thomas of Hookton reiten können, um sich dem Schutz seiner Freundschaft zu unterstellen, aber er hatte seine Wahl getroffen, hatte seinem Onkel Gefolgschaft geschworen, und nun würde er über eine Zugbrücke seinem sehr wahrscheinlichen Tod entgegenstürmen, seinem Tod auf der Wallmauer einer Festung, die ihm nichts bedeutete, die Schottland nichts bedeutete und allen anderen ebenfalls sehr wenig. Warum also hatte er sich diesem Angriff angeschlossen? Weil, dachte er, dies sein Geschenk an seine Familie war. Eine Geste, mit der er den Franzosen die Kampfestugenden der Schotten beweisen konnte. Dies war eine Schlacht, an der er sich reinen Gewissens beteiligen konnte, selbst wenn sie seinen Tod bedeutete.
Eine Stunde nach dem Hellwerden befahl der König seinen Armbrustschützen vorzurücken. Es waren achthundert Männer, die meisten aus Genua, einige wenige auch aus dem deutschen Reich, und jeder Armbrustschütze hatte einen Begleiter, der einen großen Schild trug, die Pavese, die dem Schützen Deckung bot, wenn er die Armbrust nachlud. Die Armbrustschützen und ihre Schildträger bildeten geschlossene Reihen auf den Seiten des Turmes, durch dessen unterstes Teil nun lange Stangen geschoben wurden, an denen die Männer die riesige Vorrichtung vorwärtsschieben konnten.
Hinter dem Turm nahmen zwei Reihen Waffenknechte Aufstellung, jene Männer, die den ersten Angreifern auf die Leitern folgen würden, um Breteuils Festungsanlagen zu stürmen. Der Wind war immer noch lebhaft genug, um die bunten Flaggen wehen zu lassen; eine flatternde Parade von Löwen und Kreuzen, Hirschen und Sternen, Streifen und Greifen – die Baronie Frankreichs sammelte sich zum Angriff. Priester gingen an der Linie entlang und segneten die Männer, versicherten ihnen, dass Gott Frankreich bevorzugte, dass der Abschaum aus Navarra verurteilt war, zur Hölle zu fahren, und dass Gott den Angriff unterstützen werde. Dann erschien ein neues Banner, ein blaues Banner mit goldenen Lilien, und die Waffenknechte jubelten, als ihr König durch ihre Linien ritt. Er trug eine Plattenrüstung, die glänzend poliert worden war, und einen roten Samtumhang, der sich im Wind hob. Sein Helm glitzerte, und um den Helm lief eine diamantenbesetzte Goldkrone. Sein Pferd, ein weißes Schlachtross, hob seine Hufe sehr hoch, als Jean von Frankreich zwischen seinen Soldaten hindurchritt, ohne nach rechts oder links zu schauen. Bei den langen Stangen schließlich, an denen Bauern den Turm voranrollen würden, hielt er sein Pferd an und ließ es umdrehen, und weil die Männer dachten, er werde etwas sagen, breitete sich Stille über dem Feld aus, doch der König hob nur die linke Hand, als wolle er seine Leute segnen, und der Jubel setzte von neuem ein. Einige Männer knieten nieder, andere betrachteten ehrfürchtig das lange, bleiche Gesicht des Königs, das von seinem polierten Helm umrahmt wurde. Jean le Bon, Jean der Gute, wurde er genannt, nicht weil er gut war, sondern weil er die irdischen Freuden
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