1356
auf der Turmspitze, die Bourbonenlilien wurden zu glühender Asche, und dann fiel der Turm in sich zusammen. Er brach zuerst langsam, knarrend und funkensprühend, dann schneller, als das große Gefährt umkippte wie ein stolzes, untergehendes Schiff. Männer rannten von dem Turm weg, und noch immer rührte sich Robbie nicht. Roland war unten angekommen, und Robbie war allein und ritt den brennenden Turm seinem Untergang entgegen, klammerte sich an die dicken Streben, und wurde zwischen Flammen und dichtem Rauch herausgeschleudert, als der Turm auf dem Boden aufkam, und zwei Franzosen sahen ihn und rannten in den Rauch, um ihn dort wegzuziehen. Er hatte bei dem Aufprall das Bewusstsein verloren, doch als ihm die Männer Wasser ins Gesicht spritzten und ihm das Kettenhemd auszogen, stellten sie fest, dass er wie durch ein Wunder unverletzt geblieben war.
«Gott hat Euch gerettet», sagte einer der Männer. Auf der Festungsmauer von Breteuil jubelten die Männer aus Navarra. Ein Armbrustbolzen traf in die Planken des umgestürzten Turms, der nun nur noch ein loderndes Flammenmeer war. «Wir müssen Euch hier wegbringen», sagte Robbies Retter.
Der zweite Mann brachte Robbie sein Schwert, während der erste ihm auf die Füße half und ihn zu den französischen Zelten führte. «Roland?», fragte Robbie. «Wo ist Roland?» Ein letzter Armbrustbolzen verfolgte ihn und landete im Schlamm, ohne etwas anzurichten. Robbie hielt sein Schwert fest gepackt. Er lebte, doch warum? Er hätte am liebsten geweint, aber er wagte es nicht, denn er war Soldat, doch Soldat für wen? Denn wenn er als Schotte nicht gegen die Engländer kämpfen konnte, zu was war er dann nütze?
«Gott hat Euch gerettet, mein Freund», sagte Roland de Verrec zu Robbie. Der Franzose streckte die Hand aus, um Robbie zu stützen. «Ihr habt eine heilige Bestimmung», sagte er.
«Turnier!», knurrte eine zweite Stimme.
Robbie, immer noch halb benommen, sah seinen Onkel, den Lord of Douglas, im Rauch des brennenden Turms stehen. «Turnier?», fragte Robbie.
«Der König kehrt nach Paris zurück und wünscht ein Turnier! Ein Turnier! Die Engländer pissen überall auf sein Land, und er will Spiele abhalten!»
«Das verstehe ich nicht», murmelte Robbie.
«Gab es nicht jemanden, der die Laute gespielt hat, während seine Stadt brannte?»
«Nero», sagte Robbie, «glaube ich.»
«Wir sollen ein Turnier abhalten, während die Engländer ganz Frankreich bepissen. Nein, nicht pissen, während sie überall in König Jeans wertvollem Land ihre stinkenden Scheißhaufen hinterlassen, und kümmert ihn das auch nur einen Rattenfurz? Er will ein Turnier! Also hol dein Pferd, pack deine Sachen und mach dich zum Aufbruch bereit. Turnier! Ich hätte in Schottland bleiben sollen!»
Robbie sah sich nach Roland um. Warum, wusste er nicht genau, aber er bewunderte den jungen Franzosen, und wenn irgendjemand erklären konnte, welche Absicht Gott damit verband, dass er ihnen diese Niederlage auferlegt hatte, war es Roland. Aber Roland war in ein eindringliches Gespräch mit einem Mann vertieft, dessen Wappenrock Robbie unbekannt war. Das Wappen zeigte ein aufsteigendes grünes Pferd auf einem weißen Feld, und Robbie hatte keinen anderen Mann in König Jeans Armee dieses Wappen tragen sehen. Der Mann sprach ernst und leise zu Roland, der offenbar einige Fragen stellte, bevor er in die ausgestreckte Hand des Mannes einschlug, und als sich Roland zu Robbie umdrehte, war seine Miene glücklich. Die übrigen Männer aus König Jeans Armee mochten niedergeschlagen sein, weil die Hoffnung Frankreichs zu einem brennenden Holzhaufen auf einem feuchten Feld geworden war, aber Roland de Verrec strahlte geradezu vor Freude. «Ich habe eine Berufung erhalten», erklärte er Robbie. «Eine Berufung!»
«In Paris findet ein Turnier statt», sagte Robbie, «ich bin sicher, dass Ihr dort gebraucht werdet.»
«Nein», sagte Roland. «Eine Maid ist in Not! Sie wurde ihrem rechtmäßigen Gemahl entrissen, verschleppt von einem Lump, und mir wurde ihre Rettung übertragen.»
Robbie starrte den jungfräulichen Ritter nur an. Roland hatte diese Worte in vollkommenem Ernst gesagt, als glaubte er tatsächlich, ein Ritter aus einem der Heldenlieder zu sein, das die Troubadoure sangen.
«Ihr werdet großzügig entlohnt werden, Sire», sagte der Ritter mit dem grün-weißen Wappenrock.
«Die Ehre ist Lohn genug», sagte Roland de Verrec, fügte dann aber hastig hinzu, «doch sollte Euer Herr,
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