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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zwanzig Männer mitgenommen, allesamt Waffenknechte, deren Aufgabe hauptsächlich darin bestand, sie vor den
Coredors
zu schützen, die auf den Straßen ihr Unwesen trieben. Bogenschützen mitzunehmen hatte er nicht gewagt. Seine Langbögen ritten mit den Hellequins, doch wenn er in einer kleinen Gruppe unterwegs war, erregte der Anblick des gefürchteten englischen Bogens die Aufmerksamkeit der Gegner, und deshalb sprachen auch alle Männer, die bei ihm waren, Französisch. Die meisten waren Gascogner, aber es gab auch zwei Deutsche, Karyl und Wulf, die eines Tages in Castillon d’Arbizon erschienen waren, um Thomas den Treueid anzubieten. «Warum wollt ihr mir dienen?», hatte Thomas sie gefragt.
    «Weil Ihr gewinnt», hatte Karyls einfache Antwort gelautet. Der hagere Deutsche, über dessen rechte Wange nebeneinander zwei Narben liefen, war ein flinker Kämpfer. «Die Klauen eines Bären», hatte er zu den Narben erklärt. «Ich wollte einen Hund retten. Ich mochte diesen Hund, der Bär aber nicht.»
    «Ist der Hund gestorben?», hatte Genevieve gefragt.
    «Ja», sagte Karyl, «aber der Bär auch.»
    Genevieve war ebenfalls bei Thomas. Sie wich ihm nicht von der Seite, weil sie fürchtete, die Kirchenmänner würden sie entdecken, wenn sie allein wäre, und noch einmal versuchen, sie zu verbrennen. Davon abgesehen, so hatte sie ihm erklärt, sei der Ritt nicht gefährlich. Thomas wollte nur einen oder zwei Tage in Montpellier verbringen, um nach einem Gelehrten zu suchen, der ihm erklären konnte, was ein kniender Mönch in einer Schneelandschaft bedeutete, danach würden sie sofort nach Castillon d’Arbizon zurückkehren, wo die übrigen Männer warteten.
    «Wenn ich kein Bogenschütze sein kann», sagte Bruder Michael, «dann lasst mich Euer Leibarzt sein.»
    «Ihr habt Euer Studium nicht beendet, Bruder, und deshalb gehen wir nach Montpellier. Damit Ihr Euch fertig ausbilden lassen könnt.»
    «Ich will mich nicht ausbilden lassen», murrte Bruder Michael. «Ich habe schon genügend Bildung genossen.»
    Thomas lachte. Er mochte den jungen Mönch und wusste ganz genau, dass Michael verzweifelt versuchte, dem Käfig seiner Berufung zu entkommen, und diese Verzweiflung kannte Thomas aus eigener Erfahrung. Er war der illegitime Sohn eines Priesters, und er war gehorsam nach Oxford gegangen, um Theologie zu studieren, sodass er selbst Priester werden konnte, doch er hatte schon zuvor eine andere Liebe gefunden: den Eibenbogen. Der große Eibenbogen. Und keine Bücher, keine Sakramente, keine Vorlesung über das unteilbare Wesen der göttlichen Dreifaltigkeit konnten sich mit dem Bogen messen, also war Thomas Soldat geworden. Bruder Michael, dachte er, ging denselben Weg, doch in Bruder Michaels Fall war die Comtesse Bertille der Leitstern. Sie war immer noch in Castillon d’Arbizon, nahm Bruder Michaels Verehrung wie selbstverständlich hin und behandelte ihn mit Freundlichkeit, doch für seine Sehnsüchte schien sie blind. Sie ging mit ihm eher wie mit einem verwöhnten Hundewelpen um, doch das steigerte das Verlangen des jungen Mönches nur noch.
    Galdric, Thomas’ Diener, brachte dessen Pferd vom Fluss zurück. «Die Leute haben gehalten», sagte er.
    «Dicht hinter uns?»
    «Nein, eine gute Strecke entfernt. Aber ich glaube, sie folgen uns.»
    Thomas stieg auf den Uferdamm des Flusses. Eine Meile weit weg, möglicherweise auch etwas mehr, tränkte eine kleine Gruppe Männer ihre Pferde. «Es ist eine belebte Straße», sagte Thomas. Die Männer, jedenfalls glaubte er zu erkennen, dass es nur Männer waren, hielten sich inzwischen seit zwei Tagen hinter ihnen.
    «Die Männer gehören zu den Einheiten des Comtes d’Armagnac», sagte Karyl überzeugt.
    «Armagnac?»
    «Das ganze Gebiet hier gehört dem Comte», sagte der Deutsche und beschrieb eine weitausholende Geste über die Landschaft. «Seine Männer patrouillieren auf den Straßen, um Banditen abzuschrecken. Er kann den Händlern schließlich keine Abgaben abnehmen, wenn sie nichts mehr haben, auf das man Abgaben erheben kann, eh?»
    Auf der Straße wurde es noch betriebsamer, als sie sich Montpellier näherten. Thomas wollte nicht die Aufmerksamkeit auf sich ziehen, indem er mit einer großen Gruppe Bewaffneter in die Stadt einritt, also suchte er am nächsten Nachmittag nach einem Platz, an dem die meisten seiner Männer warten konnten, während er in der Stadt war. Sie fanden eine abgebrannte Mühle auf einem Hügel westlich der Straße. Das

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