1357 - Nach dem Holocaust
Mamositu schlossen ihre Münder und fuchtelten mit den dünnen Greifarmen in der Luft herum. „Du mußt vorher bezahlen", sagte der Sprecher der Gruppe, nachdem die Mamositu sich wieder beruhigt hatten. „Was hast du uns anzubieten?"
Sue-El sah sich ratlos um. Sie konnte sich nicht vorstellen, daß es in der zerstörten Schule noch irgend etwas geben könnte, was die Mamositu als wertvoll einstufen würden. „Ich weiß nicht", murmelte sie irritiert. „Ihr könnt alles haben, was euch hier als begehrenswert erscheint."
Die Mamositu öffneten ihre Münder wieder und musterten ihre Umgebung zum zweitenmal. Schließlich richteten sie ihre Blicke auf die Decken und Kissen, die im Gras lagen. „Nicht sehr verlockend", sagte der eine. „Schmutzig und zerrissen", stellte der andere fest. „Sogar mit Fußspuren darauf", murmelte der dritte. „Nicht bunt genug", bemängelte der vierte, und der fünfte begnügte sich damit, einem blutbefleckten Kissen mit einem seiner beiden vorderen Beine einen Tritt zu versetzen. „Ist da drinnen noch etwas anderes zu finden?" fragte der sechste, der bisher das Wort geführt hatte. „Ihr könnt euch gerne umsehen", versicherte Sue-El hastig. „Ihr könnt alles behalten, was ihr dort findet."
Der Sprecher der Mamositu gab seinen Begleitern einen Wink, und sie stoben in einem seltsamen Stoppelgalopp davon. Sue-El und der Mamositu warteten, und die Kartanin zerbrach sich vergeblich den Kopf, was sie diesen Wesen anbieten sollte, wenn sie zwischen den Trümmern nichts fanden, was sie als Bezahlung akzeptieren konnten. „Es gibt im Wald Früchte", sagte sie zögernd. „Vielleicht könnten wir euch damit bezahlen?"
„Das kommt auf die Früchte an", erwiderte der Mamositu ungerührt. „Ich hole euch welche", versprach Sue-El. „Dann kannst du sie probieren."
Der Mamositu äußerte sich nicht zu diesem Vorschlag, aber sie eilte davon.
Sie kannte den Platz, an dem die pelzigen Tiere die Verpflegung für die kranken Kartanin aufzuhäufen pflegten, und auf diese Tiere war Verlaß. Sie brachten an jedem Morgen Nahrung herbei.
Natürlich hatten sich die Kranken an diesem Tag bereits ausgiebig bedient, und so lagen nur noch ein paar Reste herum. Aber für eine Kostprobe reichte es allemal.
Sue-El reinigte ihre Beute hastig, so gut es ging, wickelte alles in große, frische Blätter und kehrte schwer beladen zu dem Mamositu zurück. „Hier", sagte sie. „Ich habe von jeder Sorte etwas mitgebracht."
Der Mamositu griff ungeniert zu. Aus dem zerstörten Gebäude hörte man Stimmen und Gepolter. „Gut", sagte der Mamositu zufrieden, nachdem er die letzte Nuß verspeist und sich den Saft der Früchte von den lappenförmigen Händen geleckt hatte. „Besorge von jedem soviel, wie ein durchschnittlicher Kartanin wiegt."
„Ihr werdet mehr als das bekommen", rief Sue-El erleichtert, denn sie dachte, daß es leicht sein würde, die pelzigen Tiere um einen Nachschlag anzugehen. „Aber ich kann euch die Früchte erst morgen früh liefern. Bringt inzwischen schon die Kranken in die Stadt."
Der Mamositu schloß für einen Augenblick den Mund, und sie begriff, daß ihr Angebot nicht den Vorstellungen dieses Wesens entsprach. „Wir haben nicht soviel Zeit", sagte der Fremde. „Entweder du lieferst sofort, oder du bietest uns etwas anderes an."
„Aber ich habe doch nichts!" schrie Sue-El verzweifelt und wütend. „Das ist Pech", sagte der Mamositu. „Könnt ihr uns nicht wenigstens ein paar Medikamente geben?" fragte die Kartanin. „Aber natürlich", erwiderte der Mamositu. „Eine Kiste von den kleinen Nüssen, und ich gebe dir Verbandsmaterial."
Sue-El wußte noch nicht einmal, von welchem Baum die Nüsse stammten, geschweige denn wo in der Umgebung der Schule solche Bäume wuchsen. „Ihr müßt uns helfen!" forderte sie wütend. „Wir müssen gar nichts", belehrte sie der Mamositu. „Wir sind Händler, und es ist unsere Sache, an wen wir unsere Waren verkaufen. Wir haben nichts zu verschenken."
Inzwischen kehrten die Mamositu aus der Schule zurück. Sehr gründlich konnten sie das Gebäude in der kurzen Zeit nicht durchsucht haben, und das ließ Sue-El hoffen, daß sie auf etwas Verwertbares gestoßen waren.
Aber sie hatte die Geschäftsmoral der Mamositu falsch eingeschätzt. „Da gibt es nichts", sagte einer von denen, die zurückgekehrt waren. „Und wenn es etwas gibt, dann liegt es unter so vielen Trümmern begraben, daß wir Stunden brauchen, um es zu finden. Das alles
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