1357 - Nach dem Holocaust
nicht das der Mamositu. Ich sagte doch: Es sind Händler. Was erwartest du von ihnen? Daß sie das, was sie besitzen, verschenken? Dann wären sie die längste Zeit Händler gewesen!"
„Sie sind keine Händler, sondern eine Pest", behauptete Gucky zornig. „Du hattest versprochen, den Lao-Sinh zu helfen!"
„Ich habe getan, was in meiner Macht stand."
Gucky betrachtete den Kartanin und dachte, daß es gut war, daß er Eirene auf Hubei gelassen hatte. Das Mädchen mochte die Kartanin und litt mit ihnen. Wäre sie jetzt hier bei Bao at Tarkan gewesen, so wäre ihr mit Sicherheit der Kragen geplatzt.
Gucky selbst erging es nicht viel anders. „Paß mal auf", sagte er. Er sprach gedehnt, und in seinen Augen blitzte es unheilverkündend. „Wenn das, was du bisher getan hast, tatsächlich alles ist, was in deiner Macht steht, dann kann es mit dieser Macht nicht besonders weit her sein. Und wenn das so ist, dann habe ich eigentlich keinen Grund mehr, mich mit dir zu befassen oder dir gar zu helfen, wenn du Hilfe benötigst."
„Ich habe dich nicht gebeten, mir in irgendeiner Weise behilflich zu sein", stellte Bao at Tarkan nüchtern fest. „Ich brauche dich nicht. Wenn du dich unbedingt um die Lao-Sinh kümmern willst - bitte, niemand hindert dich daran. Aber laß mich dabei aus dem Spiel. Mich geht das alles schließlich nichts an."
Dem Mausbiber sträubte sich das Fell, und er dachte, er müßte platzen vor Wut. wenn er nicht augenblicklich etwas dagegen tat. Er kannte eine vorzügliche Methode, derartige Überschüsse an Energie loszuwerden - aber noch beherrschte er sich. Niemand wußte, wieviel Einfluß dieser arrogante Kartanin wirklich hatte, über welche technischen Mittel er gebot, welche Geheimnisse er kannte. Man durfte ihn nicht restlos verärgern. „Ruf die Mamositu zurück!" forderte Gucky. „Tu es in deinem eigenen Interesse, denn wenn diese Händler den Lao-Sinh weiter auf die Nerven gehen, wird es Ärger geben."
„Die Mamositu kehren ohnehin bereits in die NARGA PUUR zurück", erklärte Bao at Tarkan gelassen. „Es gibt für sie dort unten nichts zu holen."
„Gut, daß sie das einsehen. Du solltest an ihrer Stelle Kartanin hinunterschicken. Sie können ihren Artgenossen bestimmt besser helfen als die Mamositu."
„Das glaube ich nicht."
„Und warum nicht?"
„Weil die Lao-Sinh anders sind als wir."
„Zum Teufel mit eurer Arroganz und euren Vorurteilen!" schrie der Ilt in plötzlich überschäumender Wut. „Könnt ihr diesen Unsinn nicht mal für ein paar Tage vergessen?"
„Nein."
Gucky starrte den Kartanin ernüchtert an. „Ihr seid genauso verbohrt wie die Lao-Sinh", stellte er fest. „Dabei habt ihr überhaupt keinen Grund dafür."
Bao at Tarkan setzte zu einer Antwort an - die blieb er niemandem schuldig, worum es auch immer gehen mochte ,als Gucky wieder einmal das Gefühl hatte, zu spüren, wie eine Welle der Beunruhigung durch das riesige Schiff ging. Diesmal war er darauf vorbereitet, denn er war darauf gefaßt gewesen, daß es geschah, und darum behielt er Bao at Tarkan im Auge.
Der Kartanin gab sich keine Blöße. Er zuckte nicht zusammen, ja er schien auf den ersten Blick überhaupt nicht zu reagieren. Erst nach ein paar Sekunden wandte er wie zufällig den Kopf und sah auf ein Gerät, das in der einen Ecke stand. Dort war nichts Auffälliges zu entdecken, aber Bao at Tarkan schien dennoch eine Information erhalten zu haben, denn seine Finger zuckten kaum merklich, als verspüre er einen Impuls der Angst oder der Wut und als wolle er seine Krallen zücken.
Dann war es vorbei, und Bao at Tarkan hatte sich wieder völlig in der Gewalt. „Es ist nicht so, daß ich nicht helfen will", sagte er gedehnt. „Sondern es gibt Gründe dafür, daß ich mich aus den internen Angelegenheiten der Lao-Sinh heraushalte. Da ist zum einen die Lage in der NARGA PUUR. Wir haben noch immer nicht alle Systeme im Griff."
Er redet Unsinn, dachte Gucky, und er wußte, daß er damit recht hatte. Es war nur ein Gefühl, und er hätte es nicht beweisen können, aber er wäre bereit gewesen, jede Wette darauf abzuschließen. „Außerdem sind die Lao-Sinh ein eigenständiges Volk. Wir haben kein Recht, uns in ihre Angelegenheiten einzumischen."
Und das war eine Lüge, wie Gucky erkannte. Selbst wenn niemand die Kartanin in der NARGA PUUR ausdrücklich um Hilfe für die Lao-Sinh gebeten hätte, konnte es keine derartigen Verbote geben - nicht, wenn es sich um eine so offensichtliche Notlage
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