136 - Chopper ruft die Leichen-Ladies
Kleinigkeit. Und wenn wir wollen, können wir auch jemand mitnehmen.
Als ich hier eintraf, habe ich Ada Vandura gleich mitgebracht. Ich war es
übrigens auch, der sie am Flughafen erwartet und in Empfang genommen hat. Dabei
hat sie ein wenig gelitten. Sie ist seit acht Stunden tot. Und so ist sie in
der Badewanne gut aufgehoben, denke ich. Solange jedenfalls, bis die Särge hier
eintreffen, um die ich mich auch noch kümmern muss. Leichen sollen wenigstens
stilgerecht untergebracht sein. Darauf legte schon Graf Dracula großen Wert.
Und ein bisschen Ähnlichkeit mit Dracula haben unsere Leichen-Ladies auch.
Still und stumm werden sie nur tagsüber in ihren Särgen liegen. In der Nacht
aber beginnt ihr eigentliches Leben. Ihre Aufgabe wird es sein, Angst,
Schrecken und den Tod zu verbreiten. Nur in dieser Atmosphäre kann Chopper zur
höchsten Vollendung gelangen.“
„Du hast recht, meine Liebe. Mit allem, was
du sagst, hast du ja so recht!“, meldete sich da eine Stimme, die Betschan noch
nie gehört hatte. Sie knarrte wie eine alte Gießkanne. Es war Choppers Stimme.
Und sie kam aus dem reglosen Mund der toten brasilianischen Filmdiva.
●
Die Maschine aus New York landete am späten
Abend. Larry Brent und Iwan Kunaritschew kamen schnell durch die Abfertigung
und übernahmen am Flughafen einen Mietwagen. Es war ein knallroter Jaguar, dessen
Farbe Larry an seinen Lotus Europa erinnerte. Doch nicht nur der Wagen stand
für sie bereit, von einem Nachrichtenagenten der PSA lag verschlüsseltes
Informationsmaterial über den Fall Chopper für sie vor. Mit den Autopapieren
übernahmen sie auch die Nachrichten.
Es gab Neuigkeiten. Bei der ersten
Übermittlung durch das Polizeikommissariat in Windhuk war vergessen worden
wichtige Dokumente mitzuschicken. Es handelte sich um zwei Fotos, die als
Funkbilder ebenfalls an die PSA hätten gehen sollen. Das war inzwischen
nachgeholt worden. Die Funkbilder lagen in New York vor. Damit nützten sie zwar
Larry Brent und Iwan Kunaritschew nichts, aber X-RAY-1 hatte sofort veranlasst
dass Vergrößerungen zu den Unterlagen des Nachrichtenagenten kamen. Larry und
Iwan sahen sich die Fotos sofort an, und die beiden Freunde begriffen, weshalb
es X-RAY-1 so eilig hatte, dass sie sie zu sehen bekamen. Die Aufnahmen zeigten
die Personen, die von Hans Botumba in einem Wutanfall aus dem Fenster gestoßen
worden waren. Den in flagranti ertappten Liebhaber kannte X-RAY-3 und X-RAY-7.
Ihnen fielen fast die Augen aus dem Kopf, und sie konnten nicht fassen, dass
dieser Mann der Liebhaber der Afrikanerin Malena gewesen war.
„Jene Malena, auf die Hans Botumba so große
Stücke hielt, scheint schon ein merkwürdiges Mädchen gewesen zu sein,
Towarischtsch“, meinte der Russe. „Sie scheint offensichtlich nicht nur einen
Liebhaber gehabt sondern das Ganze als lukrative Nebenbeschäftigung betrieben zu haben ... Oder - sie hat an Geschmacksverirrung
gelitten ...“
„Oder - nicht wahrgenommen, wer da bei ihr im
Bett lag“, setzte Larry Brent die Ausführungen seines Freundes fort.
Dass ihnen beim Betrachten des Fotos allerlei
Ungereimtes durch den Sinn ging, war nicht verwunderlich. Der Tote, der mit zerschmetterten
Gliedern vor dem Mietshaus aufgelesen worden war, war ein alter Mann,
mittelgroß, untersetzt. Er war schätzungsweise um die Siebzig, obwohl kein
einziges graues Haar seinen Kopf bedeckte, wusste Larry und Iwan dies mit
großer Sicherheit. Das ihnen ebenfalls bekannte, unauffällige Alltagsgesicht
allerdings hatte sich verändert. Es sah aus wie eine zerfallene
Kraterlandschaft. Furchtbare Beulen und tiefe, schwammig wirkende eingefressene
Löcher wechselten sich ab.
„Choppers Spuren“, sagte Larry rau.
Der Mann, dem sie im wahrsten Sinn des Wortes
mitten ins Gesicht sahen, war niemand anders als der Engländer James Bybbs. Er
war gemeinsam mit Chopper und der Hexe Marina verschwunden und tauchte nun
wieder in Windhuk auf.
„Er scheint sich von einem Mitarbeiter
getrennt zu haben, Towarischtsch“, knurrte der Russe. „Offenbar hat ihm dessen
Gesicht nicht mehr gefallen.“
●
Die Entdeckung, die sie gemacht hatten,
zeigte ihnen, dass die Entscheidung von X-RAY-1, sie umgehend nach
Südwestafrika zu beordern, sich mal wieder als völlig richtig herausstellte.
Chopper war aktiv und hatte den Taxifahrer Botumba offensichtlich fest im
Griff.
Larry Brent fuhr los und wirkte ernst, als er
den Jaguar Richtung Stadtzentrum lenkte. Dort lag ihr Hotel, das
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