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136 - Chopper ruft die Leichen-Ladies

136 - Chopper ruft die Leichen-Ladies

Titel: 136 - Chopper ruft die Leichen-Ladies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Brent
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derzeit wenig belegt war. Außer dem
Taxifahrer Hans Botumba waren zwei Betrunkene in den Zellen, ein Taschendieb, der
am späten Nachmittag von aufgebrachten Passanten gestellt worden war, und ein
Mann, der seine Frau verprügelt und ihr dabei schwere Verletzungen beigebracht
hatte.
    Tony Smit versah seinen Dienst in dem
Untersuchungsgefängnis seit Jahren. Er wohnte sogar in der Nähe des alten,
massigen Gebäudes, das bereits um die Jahrhundertwende errichtet worden war und
seit jeher als Gefängnis gedient hatte. Smit lebte in einem moderneren Anbau
und hatte bis zur Arbeit, wie er seinen Kollegen stets sagte, immer nur ein paar
Schritte. Er war ein behäbiger alter Afrikaner, der gern mal einen Schluck zu
viel trank. Gelegentlich auch im Dienst. Aber da der nicht nervenaufreibend
war, und auch niemand kam, um ihn zu kontrollieren, fiel das nicht ins Gewicht.
Nur im stets angeheiterten Zustand - dies sagte sich Smit im Stillen - war es
erträglich, von abends Sechs bis morgens Sechs in dem alten kahlen Haus Dienst
zu verrichten.
    Smit unternahm regelmäßig seine
Kontrollgänge, und in all den Jahren, seitdem er Gefängniswärter war, hatte
sich noch nichts Bemerkenswertes ereignet. Einmal war vergessen worden, eine
Zelle ordnungsgemäß abzuschließen. Aber der Inhaftierte hatte es nicht mal
bemerkt. Bei einem Rundgang entdeckte Tony Smit diese Tatsache, bot dem
Zellenbewohner anschließend aus Dankbarkeit einen Drink an, weil er ihn vor
einer unangenehmen Situation bewahrt hatte und die Angelegenheit war nie
aktenkundig geworden. In den vergangenen fünfundzwanzig Jahren hatte es
natürlich mehrere Ausbruchsversuche gegeben. Aber kein einziger hatte zum
Erfolg geführt. Die Mauern waren einen Meter dick, die Türen mit Eisen
verstärkt, und die Schlösser ließen sich höchstens mit einem Schweißapparat,
mit dem Gauner einem Tresor zu Leibe rückten, knacken. Doch Schweißapparate
gab’s in den Zellen nicht, und so war jeder Ausbruchsversuch von vornherein zum
Scheitern verurteilt. Eigentlich - so sagte sich Tony Smit immer - könnte das
Ganze hier ohne sein Dazutun ablaufen, und auch die Kontrollgänge waren völlig
überflüssig. Aber dann wäre er arbeitslos gewesen, und so war es ganz gut, dass
es diesen Bau gab.
    Heute Abend war Tony mit dem Trinken
vorsichtig. Kommissar Battensen hatte sich angesagt. Wann genau er kam, wusste
Battensen selbst nicht. Nur eines stand fest: Er kam nicht allein, sondern brachte
zwei Begleiter mit. Und sehen wollte die Gruppe Zelle 48 und den Fensterstürzer
Botumba.
    Tony Smit rülpste, versteckte die
Schnapsflasche im Papierkorb unter zusammengeknüllten Papier, Bananen und
Orangenschalen und erhob sich ächzend. Der alte Stuhl knarrte. Er bestand wie
der uralte Schreibtisch aus hellem Fichtenholz. Der Raum, den er sein Büro
nannte, war karg eingerichtet. Es gab darin einen Spind aus graulackiertem
Blech, eine harte Liege, auf der eine Wolldecke lag, wo Smit sich manchmal lang
ausstreckte, wenn ihm die alten Knochen wehtaten. An der Wand hing ein
Tageskalender, der zum letzten Mal am 1. Januar dieses Jahres abgerissen worden
war. Seitdem waren einige Monate ins Land gegangen, und kein weiteres Blatt war
davon abgelöst worden. Dem nächsten Kalender, der Ende dieses Jahres auf seinem
Schreibtisch landen würde, war das gleiche Schicksal beschieden. Er würde für
die kommenden 365 Tage des Jahres treu und brav den 1. Januar zeigen, weil
weder der Gefängniswärter für die Tagesschicht noch der für die Nachtschicht
auf die Idee kam, dem Übel abzuhelfen.
    Tony Smit drehte notgedrungen seine Runde. Er
warf einen Blick in die Zelle der beiden Trunkenbolde, die selig vor sich hin
schnarchten. Zelle Nr. 48, in der Hans Botumba untergebracht war, lag jenseits
der Gangbiegung ganz hinten. In diesen Trakt kamen die ganz besonders schweren
Jungs. Von ihnen gab’s derzeit nur einen einzigen, und das war Hans Botumba. In
der Zelle war das Licht ausgeschaltet. Smit betätigte von außen den Schalter
und warf einen Blick durch das Guckloch. Botumba lag ausgestreckt auf seiner
Pritsche und hatte unter dem harten Rosshaarkissen die Arme verschränkt. Er
trug noch die Kleidung, in der er in der vergangenen Nacht eingeliefert worden
war. Der große Afrikaner schwang die Beine herum, als die schwache, nackte
Birne an der Decke aufflammte und kam auf die Tür zu.
    „Und wenn du alle zehn Minuten vorbeikommst
und dein Glotzauge an das Guckloch drückst, an meinem Zustand ändert

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