136 - Zigeunerspuk
Tremon", sagte er. „Sie sind Silvie Tremon."
„Woher kennen Sie mich?" stieß sie erschrocken hervor. „Was geht hier vor? Ich …"
„Bleiben Sie ruhig", sagte er einschmeichelnd. „Es ist nichts geschehen, wovor Sie sich fürchten müßten, meine Liebe. Laufen Sie nicht weg. Sie wollten zu Monsieur Despense?"
Sie nickte. „Ist etwas mit ihm? Sind Sie - von der Polizei?"
Er lächelte. „Nein", gestand er. „Ich bin ein alter Freund von Monsieur Despense. Wir haben uns sehr lange nicht gesehen, daher werden Sie mich nicht kennen."
„Was ist mit dem Mann da? Ist er tot? Hat es einen Überfall… oder Einbruch … gegeben?"
Er lächelte gewinnend. „So könnte man sagen. Aber es lohnt sich nicht, die Polizei zu informieren." „Was ist mit Gerard?" stieß sie hervor. „Ist er da drinnen? Ist er - verletzt…?"
„Er ist nicht in der Wohnung", sagte der Fremde.
„Hier stimmt doch etwas nicht", sagte Silvie. Sie wandte sich zum Gehen. „Ich hole wohl doch besser die Polizei …"
„Sie bleiben hier", sagte der Fremde scharf. Alle Freundlichkeit wich von ihm. „Sie bleiben hier, wenn Sie wollen, daß Ihrem Freund nichts geschieht."
„Sie sind keiner seiner Freunde", erkannte sie. „Sie sind ein Verbrecher…"
„Auch das nicht. Ich möchte, daß Sie etwas für mich aus der Wohnung holen."
„Warum tun Sie es nicht selbst?"
„Das ist meine Sache. Werden Sie mir behilflich sein?"
„Nein", preßte sie hervor. Sie überlegte fieberhaft. Etwas für diesen Fremden aus der Wohnung holen? Was konnte es sein? Und warum betrat er sie nicht selbst? Wollte er es aus einem bestimmten Grund nicht, oder konnte er es nicht?
Konnte er es nicht…?
Etwas hakte in ihr ein. Von einem Moment zum anderen sah sie die Kreidezeichen an der Tür in einem völlig anderen Licht. Irgendwann hatte sie einmal in einem Horror-Roman gelesen, daß Dämonen vor bestimmten Bannzeichen zurückscheuten. Aber das war doch unfaßbar! Dieser Mann ein Dämon? Gab es Dämonen denn wirklich? Das
Dämonische
ja, denn es haftete ja auch Gerard an. Aber ein
Dämon …
das war unglaublich.
„Ich werde Sie zwingen", sagte der…
Dämon.
„Ich habe Ihren Freund in meiner Gewalt und werde ihn töten, wenn Sie nicht für mich arbeiten. Wollen Sie Monsieur Despense sehen?"
Sie sah ihn starr an.
Er bückte sich und zerrte den Reglosen von der Tür weg. Da begann der Mann sich wieder zu bewegen und richtete sich auf.
„Die Wohnung hat ein Fenster zum Hinterhof', sagte der Dämon. „Geh und bringe Despense in den Hof. Zehn Minuten später wirst du ihn töten, wenn ich den Befehl nicht widerrufe."
„Ja, Herr", stöhnte der Sklave und tappte die Treppe abwärts.
„Gehen Sie in die Wohnung und schauen Sie aus dem Fenster", befahl der Dämon.
Stumm vor Angst trat Silvie durch die Tür. Sie ging zum Fenster. Sie sah nicht mehr, wie der Fremde eine nebelartige Wolke ausatmete, die sich zu Gerard Despense formte. Er war diesmal nicht nackt, weil der Dämon Kleidung direkt aus seiner Körpersubstanz formte. Er schickte die Kreatur nach unten.
Fayaz al Akbar wußte jetzt, daß er die benötigten Utensilien erhalten würde. Wenn er das Mädchen unter seinen hypnotischen Bann gezwungen hätte, wäre es von den Bannzeichen abgestoßen worden. So aber, unbeeinflußt, konnte es die Wohnung ungehindert betreten. Das war wichtig. Inzwischen war Silvie bis zum zerstörten Wohnzimmerfenster gegangen. Verwirrt sah sie überall die Kreidezeichen. Hier war etwas geschehen, das sie nicht begriff. Die Wohnung von diesen Zeichen übersät… warum? Gerard war nicht hier… war er vor den Zeichen geflohen? Oder hatte er selbst sie angebracht, um diesen Unheimlichen von der Wohnung fernzuhalten?
Sie sah nach draußen. Da zerrte der Sklave gerade Gerard in den Hinterhof. Gerard war gefesselt. Der Sklave setzte ihm ein langes Messer an die Kehle.
Zehn Minuten später wirst du ihn töten, wenn ich den Befehl nicht widerrufe,
hatte der Dämon gesagt. Silvie schluckte. Gerard… sie liebte ihn doch immer noch. Auch wenn er sich so erschreckend verändert hatte. Sie konnte nicht zulassen, daß er getötet wurde!
„Silvie", rief Gerard nach oben. „Tu, was er sagt! Bitte!"
Sie nickte. Hastig lief sie zurück zur Wohnungstür. „Was soll ich tun?"
„Na also", sagte der Dämon zufrieden. Er beschrieb ihr, wo sie die Haarsträhne und den Blusenstoff zu finden hatte. Sie brachte das Gesuchte aus der Wohnung. Grinsend steckte der Dämon es ein. „Bitte …
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