1360 - Die Seuche namens Saladin
Topfes.
Sogar Bill hörte das Geräusch, das ihm einen Schauer über den Rücken jagte. Sekunden später hatte er sich durchgewühlt und sah Sheila zwischen den Pflanzen liegen. Die Wunde, aus der ein wenig Blut floss, befand sich an ihrer linken Stirnseite.
Bill entwand ihr zuerst die Schere. Zugleich hörte er hinter sich die aufgeregte Stimme des Gartencenterangestellten. Der Mann wollte wissen, was passiert war. Er hatte nicht mitbekommen, in welch einer Gefahr er geschwebt hatte, und als er sich jetzt aufrichtete und umdrehte, da weiteten sich seine Augen, und der nächste Protest erstickte in seiner Kehle. Er hob nur hilflos die Schultern.
Bill versteckte die Schere hinter seinem Rücken. Er musste sich jetzt blitzschnell etwas einfallen lassen. Es lag auf der Hand, dass ihn der Mann mit Fragen löchern würde.
Ahmet Semian schaute aber nicht auf Bill, sondern streckte der liegenden Sheila seinen Arm entgegen. »Was… was … ist denn mit Ihrer Frau geschehen?«
»Sie brach zusammen.«
Semian musste schlucken. »Einfach so?«, fragte er dann.
»Ja, ja. Das passierte schon mal. Sie ist nicht ganz gesund, wissen Sie? Ich habe sie leider nicht mehr richtig auffangen können. Ansonsten ist alles in Ordnung.«
Ahmet Semian hob unbehaglich Schultern. Er strich mit seinen Handflächen am Kittel entlang. »Nun ja, ich weiß nicht so recht, was das soll. Ehrlich nicht. Aber wenn Sie das sagen.«
»Und ich sage auch, dass wir die beiden Pflanzen kaufen werden. Ich gebe Ihnen später nur noch Bescheid, wohin Sie die Waren liefern können.«
»Ja, gut.« Er hüstelte gegen seinen Handrücken. Noch immer steckte sein unsteter Blick voller Misstrauen, aber er war andererseits auch froh, dass er gehen konnte.
»Wir haben unter dem Personal einen ausgebildeten Sanitäter. Soll ich ihm Bescheid geben?«
»Nein«, sagte Bill. »Zwar vielen Dank für Ihre Mühe, aber das ist nicht nötig. Wie gesagt, es ist nicht das erste Mal, dass meine Frau auf der Stelle zusammenbricht. Es kommt so über sie. Es ist die extremste Form der Schlafkrankheit.«
»Echt?«
»Ja.«
»Davon habe ich noch nie gehört.«
»Erkundigen Sie sich bei Fachleuten. Dann werden Sie hören, dass ich die Wahrheit gesagt habe.«
»Na dann.« Er wollte gehen, aber Bill hielt ihn fest. »Hier ist noch die Schere.«
Semian schaute auf sie wie auf einen Fremdkörper. »Woher haben Sie die…«
»Sie lag auf dem Boden.«
Ahmet schlug gegen seine Stirn. »Ja, ich erinnere mich. Ich musste beide Hände frei haben.« Er nahm die Schere wieder an sich und sprach noch mal davon, dass er und seine Kollegen gern helfen wollten, wenn es nötig sein sollte.
»Ich komme darauf zurück.«
Bill war froh, endlich allein sein zu können. Bisher hatte er sich noch nicht um seine Frau kümmern können. Das holte er so schnell wie möglich nach.
Sheila lag noch immer so da, wie sie auch gefallen war. Auf dem Rücken und auf der Seite. Bill hoffte, dass Sheila nicht zu hart mit dem Kopf aufgeprallt war.
Bill bückte sich und sah bereits, dass sich die Lider seiner Frau bewegten. Sheila kam allmählich wieder zu sich, was auch an ihrem leisen Stöhnen zu erkennen war.
Bill hob ihren Kopf sanft an, und Sheila merkte diese Bewegung.
Sie öffnete die Augen. Eigentlich hätte sie Bill erkennen und seinen Namen sagen müssen, doch ihr Mund blieb geschlossen. Sie zwinkerte. Bill konnte sich denken, dass sie ihn erst allmählich so klar sah, wie es der Normalität entsprach.
»Ich bin es wirklich, Sheila.«
Sie flüsterte seinen Namen und setzte sofort eine Frage nach: »Was ist denn mit mir passiert?«
Mit dieser Frage hatte Bill gerechnet. Er traute sich nicht, ihr die Wahrheit zu sagen. Wenn überhaupt, dann wollte er sie ihr schonend sagen.
»Du… bist … äh … gestolpert.«
Sheila dachte nach. Zumindest sah es so aus. »Gestolpert?«, wiederholte sie dann. »Ich kann mich an nichts erinnern.«
»Es ging auch alles zu schnell. Ich war leider zu weit weg und konnte nicht eingreifen und dich abfangen. Das haben zum Glück die Büsche getan, sonst wärst du härter aufgeschlagen.«
Sheila stimmt zu, aber nur durch ihren Blick. Dann bat sie Bill darum, sie aufzusetzen. Der Reporter legte seine Hand gegen Sheilas Rücken und drückte sie langsam in die Höhe. Auch als sie saß, stützte er sie ab.
Sheila hielt ihre Augen geschlossen. Kalter Schweiß bedeckte ihre Stirn und die Wangen. Sie saugte die Luft durch den halb geöffneten Mund ein und stieß sie
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