1361 - Das Anklam-Projekt
Blätter ihn an Dolche erinnerten stellten offenbar für das Tier eine Delikatesse dar.
Er hätte den Vorgang wahrscheinlich nicht weiter verfolgt, aber plötzlich gewannen im Konzert des Waldes die knarrenden Geräusche die Oberhand. Sie steigerten sich zu ohrenbetäubendem Lärm und übertönten alle anderen Laute. Die Lurchechse hörte das und wurde sichtlich unruhiger. Die Zunge bewegte sich hastiger, der Schwanz peitschte nervös über die Oberfläche des Astes.
Verwundert sah Perry Rhodan sich um. Auf den Rotblattbäumen ringsum saßen Dutzende, wenn nicht gar Hunderte von Dolchbüscheln. Sie waren in Bewegung geraten. Ihre scharfen, spitzen Blätter zitterten, und wenn sie gegeneinander rieben, erzeugten sie das knarrende Geräusch.
Die Lurchechse war noch zwei Meter vom Objekt ihrer Freßgier entfernt. Da geschah das Unglaubliche.
Die Dolchbüschel auf den Ästen der umliegenden Bäume lösten sich von ihren Standorten. Wie von Raketen getrieben schossen die Büschel in die Höhe, änderten die Fluglage und glitten mit rasender Geschwindigkeit auf die geifernde Lurchechse zu. Das Tier bemerkte die nahende Gefahr. Es richtete den Oberkörper auf. Gurgelnde, fauchende Laute drangen aus seinem breiten Maul. Schwarze Tatzen peitschten durch die Luft.
Aber die Dolchbüschel kannten ihren Gegner. Geschickt manövrierten sie um die gefährlichen Pranken herum. Vier Büschel auf einmal, die Luftwurzeln wie Schwänze an einem Papierdrachen hinter sich herziehend, stürzten sich auf das Tier und senkten ihre scharfen, dolchähnlichen Blätter in die schwarze, glänzende Haut. Die Lurchechse gab einen gellenden, pfeifenden Schrei von sich. Mit den Hinterbeinen krallte sie sich um den Ast, während die Pranken weiterhin vergebens nach den Angreifern schlugen.
Die ersten vier Büschel stürzten in die Tiefe. Der Angriff schien sie erschöpft, wenn nicht gar getötet zu haben. Andere sprangen für sie in die Bresche. Wiederum wurde die Haut der Echse von den Spitzen der Lanzettblätter durchdrungen. Diesmal waren die Abwehrmanöver des Tieres erfolgreich. Die peitschenden Tatzen bekamen einen der Angreifer zu fassen. Die Echse riß ihn zu sich heran. Reichte das kleine Volumen ihres Gehirns nicht aus, die Gefahr zu erkennen, oder war ihr Hunger wirklich so groß: Sie zerteilte mit den klauenbewehrten Pranken die dolchartigen Blätter und bog sie zur Seite, bis sie mit klirrendem Geräusch abbrachen und in die Tiefe segelten. Dort, wo die Basis der Blätter sich befunden hatte, kam ein Knollen zum Vorschein. Es war dieser Knollen, aus dem die Luftwurzeln wuchsen, und er war offensichtlich die Delikatesse, die 'die Gier der Lurchechse erregt hatte. Sie verschlang ihn mit weit aufgerissenem Maul als einen einzigen Happen. Aber der Bissen war zu groß. Er stak ihr in die Kehle. Der Versuch, ihn zu schlucken, versetzte den schwarzen Körper in konvulsivische Zuckungen. Die Echse war hilflos in diesem Augenblick. Die Angreifer wußten ihre Chance zu nutzen. Jeweils zu vieren stürzten sie sich auf den Leib der Echse und bohrten ihr die Spitzen der scharfkantigen Blätter in den Rücken. Das Schicksal des Tieres war besiegelt. Noch einmal unternahm es einen Versuch, sich aufzurichten und mit den Pranken nach den angreifenden Büscheln zu schlagen. Aber die Wurzeln, die ihm aus dem Maul hingen, hatten an dem Ast Halt gefaßt und hinderten es in seiner Beweglichkeit.
Verwundert und zugleich mit einer gewissen Bewunderung verfolgte Perry Rhodan die Aktionen der Dolchbüschel. Wenn sie den Angriff vollzogen hatten, nachdem die Spitzen ihrer Blätter dem Gegner in den Leib gesenkt hatten, waren sie wie tot und stürzten haltlos durch das Dickicht der Äste und Zweige zu Boden. Was erlebte er hier? Opferten sich die Büschel, um eine Handvoll Mitglieder ihrer Spezies vor der Gier der Echse zu retten? Er hatte inzwischen nachgezählt: Es saßen insgesamt fünf Dolchbüschel in der Astbeuge, die das Ziel der Lurchechse gewesen war. Mindestens sechzehn Büschel aber hatten inzwischen die Echse angegriffen. Eine davon stak der Bestie noch in der Kehle, die anderen fünfzehn waren leblos zu Boden getaumelt.
Die fünf Büschel in der Astbeuge dagegen verhielten sich, als ginge die ganze Sache sie nichts an.
Die Lurchechse war inzwischen auf den Tod getroffen. Sie gab einen letzten, pfeifenden Schrei von sich.
Dann losten sich die Hinterbeine, mit denen sie bisher den Ast umklammert hatte. Der schwere Körper glitt zur Seite und
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