1362 - Die Rivalin
dann sagt sie mir nicht, wohin sie geht. Außerdem hüte ich mich davor, sie danach zu fragen. Das geht mich nichts an. So vertraut sind wir bestimmt nicht.«
»Schon klar, Jane. Hast du denn einen Verdacht, wohin sie gegangen sein könnte?«
»Nein, den habe ich nicht. Und ob sie gewusst hat, dass ihr jemand auf den Fersen ist, scheint mir ebenfalls fraglich zu sein. Jedenfalls sehe ich schon einige Probleme auf uns zukommen, denn diese Camilla wird nicht aufgeben.«
Ich gab ihr Recht und sagte dann: »Beide sind Rivalinnen oder Feindinnen, und der Grund dafür muss in ihrer Vergangenheit liegen. Etwas anderes kann ich mir nicht denken.«
»Das denke ich jedenfalls.«
»Dann müssen wir sie fragen!«
Jane ruckte leicht auf ihrem Sessel, bevor sie sich wieder normal hinsetzte. »Meinst du denn, dass sie uns Antworten gibt?«
»Es wäre auch in ihrem Sinne.«
»Da musst du sie erst mal überzeugen. Es könnte auch sein, dass sie Bescheid gewusst, dir allerdings aus Sicherheitsgründen nichts davon gesagt hat. Wenn ihr über private Dinge nicht geredet habt, ist das nur allzu natürlich.«
»Stimmt. Abstreiten kann ich das nicht.«
»Wunderbar, Jane. Dann weiß ich ja, wie meine nächste Zukunft aussieht.«
Sie hatte schnell geschaltet und sagte: »Du willst also hier bei mir warten?«
»Ja, das habe ich vor.«
Jane lächelte mir ins Gesicht. »Ich habe gehofft, dass du so reagierst. Ich bin kein Angsthase, aber den Überfall kann ich so leicht nicht vergessen, und ich befürchte, dass er sich wiederholen wird. Ich glaube nicht, dass Camilla dich oder mich aus den Augen lassen wird. Dazu hat sie mir einen viel zu entschlossenen Eindruck gemacht. Sie will ihren Plan durchziehen, und das mit allem, was ihr wichtig ist. Das sah mir alles sehr nach Abrechnung aus.«
»Deren Motive in der Vergangenheit der beiden liegen.«
»Davon muss man ausgehen.«
Es war so etwas wie ein Abschluss. Weitergekommen wären wir durch unsere Unterhaltung nicht. Ich wusste jetzt, dass die schwarzhaarige Vampirin Camilla hieß. Auch der Name sagte mir nichts.
Mit einer Blutsaugerin dieses Namens war ich noch nie in meinem Leben konfrontiert worden.
Aber Justine kannte sie. Und wir würden sie fragen, wenn sie von ihrem Ausflug zurückkehrte.
Nur konnte das dauern. Die blonde Bestie gehörte nicht zu den Personen, die etwas von sich preisgaben. Sie ging ihren eigenen Weg. Nur wenn sie überhaupt nicht mehr zurecht kam, schaltete sie andere Personen ein, um sich helfen zu lassen.
Ich drehte mich um und schaute durch die offen stehende Tür in den Flur hinein.
»Was hast du vor, John?«
»Ich wollte mich mal umschauen.«
»Wo denn?«
»Auch draußen.«
»Willst du… äh … meinst du, dass Camilla da noch herumgeistert?«
»Das denke ich.« Ich stand auf. »Sie will Justine Cavallo, und sie wartet auf sie.«
Janes Gesicht zeigte bei der nächsten Frage einen nachdenklichen Ausdruck. »Ob die beiden wohl früher mal zusammen gewesen sind und sich dann aus irgendwelchen Gründen getrennt haben, um Feindinnen zu werden? Könnte das der Grund sein?«
»Möglich ist alles«, gab ich zu. »Aber Genaues werden wir nur durch sie oder Justine erfahren. Eines allerdings steht fest. Diese Camilla ist verdammt scharf darauf, Blut zu bekommen. Das hast nicht nur du erlebt, das war bei mir auch der Fall. Und hätte ich nicht meine Waffe bei mir getragen und auf sie geschossen, dann hätte sie mich auch nicht so leicht entkommen lassen.«
Auch Jane erhob sich. Das leere Glas blieb stehen. »Ich denke, dass ich mal nach oben gehen werde.«
»Okay, und ich schaue mich draußen um.«
»Dann willst du den Lockvogel spielen?«
»So ähnlich.«
Jane kam auf mich zu. Sie schlang ihre Arme um meinen Hals.
»Habe ich mich eigentlich schon bei dir bedankt?«, fragte sie.
»Schließlich hast du mir das Leben gerettet.«
»Ja, ja, ich weiß. Aber so schlimm ist das nicht. Ich meine… es war … Zufall und …«
Ich konnte nicht mehr weitersprechen, denn Jane verschloss mir die Lippen durch einen Kuss.
Gegen ein derartiges Dankeschön hatte ich natürlich nichts einzuwenden. Da ich nicht undankbar war, erwiderte ich den Kuss, was Jane ebenfalls gefiel, denn sie wollte mich kaum loslassen.
»Das sollten wir mal vertiefen«, flüsterte sie, als wir uns voneinander gelöst hatten.
»Finde ich auch.«
Janes Hand fuhr über meine Wange.
»Ich werde dich daran erinnern, John, ehrlich.«
»Klar. Vergiss es nicht.« Danach ging ich aus
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