1362 - Die Rivalin
machen.
Er war ebenso problematisch wie der Weg zuvor. Wieder bewegte ich mich auf dem Sims vorwärts und stoppte erst dann, als das offene Fenster unter mir lag. Es war so weit gekippt worden, dass seine Fläche waagerecht stand, ich aber darunter genügend Platz fand, um mich durch die Lücke auf den Dachboden zu schieben.
Der obere Rand des Fensters lag etwas mehr als eine Körperlänge unter mir.
Ich setzte mich auf den Sims, streckte die Beine aus und gab mich der vollen Konzentration hin. Der kleinste Fehler konnte mich in höchste Bedrängnis bringen.
Auf dem Hosenboden und weit mit dem Körper nach hinten gelehnt, rutschte ich meinem Ziel entgegen. Der Stoff meiner Jeans hielt einiges aus. Trotzdem spürte ich das raue Muster der Pfannen.
Das Fenster rückte näher. Mit den Beinen zuerst würde ich über den Rand pendeln und konnte mich dann in den Dachraum fallen lassen. Nie hätte ich daran gedacht, dass noch etwas passieren konnte, aber das Schicksal stand mal wieder nicht auf meiner Seite.
Ich musste mir auch selbst den Vorwurf machen, mich zu sicher gefühlt zu haben, denn am Ende des Dachs, genau dort, wo auch die Rinne unter dem Rand herlief, fiel mir die Bewegung auf.
Etwas schob sich von außen her in die Höhe.
Zuerst sah ich nur den Schatten. Aus ihm wurde der Teil eines Kopfs, danach ein Gesicht mit aufgerissenem Mund und blitzenden Vampirzähnen.
Verdammt, sie war wieder da!
***
Das Leben bietet immer wieder Überraschungen, und diesmal standen sie auf der falschen Seite! Aber ich musste mir den Vorwurf gefallen lassen, die Blutsaugerin unterschätzt zu haben. Ich kannte sie ja schließlich, so leicht gaben sie nicht auf.
Und sie zog sich höher, denn nur mit einem schnellen Blick gab sie sich nicht zufrieden. Jetzt kam es einzig und allein darauf an, wer von uns beiden schneller sein Ziel erreichte.
Natürlich lag ein Vorteil auf meiner Seite. Ich besaß noch die Beretta. Sie zu ziehen und zu schießen wäre kein Problem gewesen, wenn ich nicht meine Hände gebraucht hätte, um die Rutschpartie nach unten zu regulieren und nicht zu schnell werden zu lassen.
So aber musste ich ohne auskommen und erlebte, dass sich die Untote schneller bewegte als mir lieb war. Sie war nicht nach unten gefallen und hatte es geschafft, sich an der Dachrinne festzuklammern und sich dann an ihr weitergehangelt. Da die beiden Häuser gleich hoch waren, war es kein Problem für sie gewesen.
Für mich wurde es kritisch.
Auch wenn ich jetzt das leise Knirschen der Rinne hörte, war das kein Beweis, dass sie schnell brechen würde. Zudem hatte die Blutsaugerin die Gefahr erkannt. Sie hangelte sich hoch und nutzte dabei den Schwung aus, um das Dach zu erreichen.
Auf dem lag und hockte auch ich noch. Die Füße meiner ausgestreckten Beine hatten beinahe den oberen Rand des Fensters erreicht, als die Untote einen leisen Schrei abgab.
Uns trennte praktisch die Fensteröffnung. Die Scheibe war hochgeklappt. Denn sie stand waagerecht, und die Blutsaugerin sah nur eine Chance, mir den Rückweg zu verbauen.
Sie lag flach auf dem Dach, wollte hoch zum Fenster und stieß sich mit den Beinen ab, die sie kurz zuvor angewinkelt hatte. So wollte sie die Öffnung erreichen, und sie streckte einen Arm aus, damit sie sich am unteren Rand festklammern konnte.
Dann hob sie den anderen Arm an, um den Holzrand des waagerecht stehenden Fensters zu fassen. Wenn ihr das gelang, konnte sie mich aussperren.
Ich hatte mich einige Sekunden lang nicht bewegt. Irgendwie war ich von der Kletterei der Unperson fasziniert. Ich war zudem zu weit weg, um sie an ihrer Aktion zu hindern.
Aber ich hatte Glück und sie Pech.
Ihr Arm war nicht lang genug. Die Hand verfehlte den unteren Holzrand des Fensters. Zwar berührten die Finger ihn noch, letztendlich aber rutschten sie ab. Der Schlag ging ins Leere, und sie musste einen neuen Versuch starten.
Das gab mir wieder Zeit. Ich rutschte auf die Öffnung zu. Die Schindeln kamen mir in der Nähe des Fensters glatter vor, und deshalb brauchte ich weiterhin meine Hände, um die Rutschpartie nicht zu schnell werden zu lassen.
Die Schwarzhaarige reckte sich. Noch lag sie. Das Fenster blieb weiterhin offen. Die Öffnung war auf ihrer Seite höher als auf meiner. Durch die ungünstige Lage war es zudem problematischer für sie, an den höher liegenden Rand heranzukommen. In ihrer liegenden Haltung war es kaum möglich, und deshalb musste sie auf die Knie.
Ich glitt dem Fenster entgegen und
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