1362 - Die Rivalin
leicht auflösen konnte, wenn es sein musste.
Leider kam sie nicht weiter vor. Sie musste bemerkt haben, dass etwas nicht stimmte. An geweihte Silberkugeln dachte sie bestimmt nicht, aber diese Unperson besaß einen bestimmten Instinkt, sonst hätte sie sich nicht so verhalten.
Für sie stand jetzt fest, dass sie sich in Gefahr befand und nicht alles so lief, wie sie es sich vorgestellt hatte. Auf dem schmalen Sims schwankte sie leicht hin und her, als wollte sie meine Bewegungen genau verfolgen.
Schießen und treffen!
Es war oft so leicht, wenn ich die nötige Ruhe in einer entsprechenden Umgebung hatte.
Ob es sich lohnte, was ich vorhatte, wusste ich nicht. Wenn ich sie zum Teufel schickte, würde ich den Grund ihres Auftauchens wahrscheinlich nie erfahren. Sie war sicherlich nicht nur gekommen, um Jane Collins das Blut auszusaugen.
Die Person pendelte und wusste genau, was sie tun musste, um mir das Zielen zu erschweren. Ich rechnete damit, dass sie vom Sims abrutschte, doch den Gefallen tat sie mir nicht.
Jetzt oder nie! Ich drückte ab!
Der Detonationsknall des Schusses wurde in der klaren Luft weit getragen und rollte über die Dächer der anderen Häuser hinweg. Es war nicht leicht gewesen, das Gleichgewicht zu halten, und als die Kugel den Lauf verlassen hatte, war ich in die Knie gegangen, um so einen sichereren Halt zu haben. Aus dieser Haltung heraus wollte ich sehen, ob mein Geschoss getroffen hatte.
Das war nicht der Fall!
Doch sie war noch da. Denn sie war genau im richtigen Moment zusammengesackt, lag jetzt bäuchlings auf dem First, bewegte sich dort zu stark nach hinten, um kein so gutes Ziel mehr zu bieten und war zu schnell.
Sie rutschte ab. Sie hatte sich zu viel Schwung gegeben. Von ihr aus gesehen nach links, von mir aus nach rechts, schleifte sie über die Pfannen des schrägen Dachs hinweg und musste den Gesetzen der Physik gehorchen, denn nirgendwo konnte sie sich abstützen.
Sie glitt immer schneller. Es sah so aus, als würde sie sich gleich überschlagen, aber so weit kam es nicht. Die Blutsaugerin blieb in der Bauchlage und wirkte jetzt wie ein übergroßer Käfer, der Arme und Beine gespreizt hatte.
Es war bei dieser Rutschpartie die ideale Position, um wieder Halt zu finden.
Sie glitt auch langsamer weiter. Das alles bekam ich präsentiert, aber ich griff nicht ein, denn ich wollte mir keinen zweiten Fehlschuss erlauben. Außerdem war es möglich, dass sie den Stopp nicht mehr schaffte und über die Dachkante rutschte und dann in die Tiefe sauste. Wenn sie aufschlug und sich nichts Entscheidendes gebrochen hatte, würde ich noch mit ihr reden können und Hintergründe erfahren.
Die Kante war ihr Schicksal. Sie rückte näher und näher. Ich glaubte nicht mehr daran, dass sie mir entkommen würde, dazu war sie schon zu nahe herangekommen.
Und richtig!
Zuletzt hörte ich noch ihren wütenden Schrei, und sie schlug mit beiden Armen um sich, weil sie im letzten Moment noch einen Halt finden wollte.
Das schaffte sie nicht.
Plötzlich war sie weg!
Ich hockte auf dem Sims des Dachs und konnte es kaum fassen.
Dabei hörte ich mich selbst stöhnend atmen und wartete auf ein bestimmtes Geräusch.
Es ist schlimm und hört sich auch schlimm an, wenn der menschliche Körper aufschlägt. Sie war zum Hof hin gefallen, dessen Boden mit rötlichen Steinen gepflastert war. Die Aufprallwucht würde ihre Knochen zerschmettern, das stand fest.
Nein, das Geräusch erfolgte nicht. Es blieb auch weiterhin still, und in meiner Magengegend breitete sich ein mulmiges Gefühl aus.
Ich dachte an Will Mallmann, alias Dracula II. Er, der große Supervampir, hätte es geschafft, sich noch während des Falls in eine große Fledermaus zu verwandeln.
Das traute ich dieser schwarzhaarigen Blutsaugerin nicht zu.
Trotzdem suchte ich den Himmel über dem Hof ab, doch in der Luft tauchte nichts auf. Da gab es auch kein Schattenspiel, das mich auf eine Flucht hingewiesen hätte.
Was konnte ich tun?
Hinlaufen und nachschauen?
Es wäre eine Möglichkeit gewesen. Aber ich dachte auch an Jane Collins. Sie befand sich allein im Haus. Sollte sich dieses verdammte Wesen tatsächlich gerettet haben, dann war es bestimmt darauf erpicht, seinen Plan in die Tat umzusetzen.
Schutzlos wollte ich Jane nicht lassen, obwohl sie sich auch selbst durchsetzen konnte. Aber darauf nahm ich in dieser Situation keine Wette an. Ich musste auf Nummer sicher gehen.
Mir blieb nur die Möglichkeit, mich auf den Rückweg zu
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