1367 - Serum des Satans
gehen.
Genau das hatte der Hypnotiseur getan. Er war noch nicht wieder zurückgekehrt, und das machte Newton misstrauisch. Verdächtige Geräusche waren ihm zwar nicht an die Ohren gedrungen. Das jedoch hatte nichts zu sagen. Man konnte auch lautlos töten.
Der Wissenschaftler gab ihm noch zehn Sekunden. Als die vorbei waren und sich nichts getan hatte, machte er sich auf den Weg.
Nach zwei Schritten war er um die Ecke gebogen – und blieb sofort wieder stehen.
Das Bild sagte ihm mehr als alle Erklärungen. Der Mann von der Rezeption saß zwar noch auf seinem Stuhl, doch er war mit dem Oberkörper so weit nach vorn gesunken, dass er mit der Stirn den grauen Kunststoff der Tischplatte berührte berührte.
Saladin stand vor ihm, schaute aber über seinen Körper hinweg und drehte sich jetzt schnell um, als hätte sein inneres Warnsystem schrillen Alarm geschlagen.
Beide Männer schauten sich an. Dr. Phil Newton fand erst nach einigen Atemzügen die Sprache wieder.
»Haben Sie ihn…?«
»Unsinn. Warum sollte ich das tun?«
»Ist er denn tot?«, fragte der Wissenschaftler mit halb erstickt klingender Stimme.
»Das ist er wohl. Sie lassen keine Zeugen zurück. Zuerst haben sie ihn bewusstlos geschlagen. Das habe ich an der Schwellung im Gesicht gesehen. Und dann…«, Saladin hob die Schultern. »Sie wissen ja. Dieser Slater hatte ein Messer.«
Newton schloss die Augen. Ja, er wusste es. Aber er wollte es eigentlich nicht wissen. Er war jemand, der körperliche Gewalt hasste. Der überhaupt alles hasste, was mit Gewalt zu tun hatte.
Um nicht durchzudrehen, musste er sich vor Augen halten, dass er ja noch lebte und nicht mit zerschnittener Kehle auf dem schmutzigen Boden des Zimmers lag.
Saladin strich über sein glattes Kinn. Er beschäftigte sich bereits längst mit einem anderen Thema.
»Ich denke, wir sollten jetzt verschwinden.«
»Ach. Und wohin?«
»Das lassen Sie meine Sorge sein.« Er hob den Koffer an. »Los, kommen Sie mit.«
Es blieb dem Wissenschaftler nichts anderes übrig, als dem Hypnotiseur zu folgen. Draußen empfing sie noch das immer grelle Licht der Maisonne. Ihre Strahlen brannten erbarmungslos gegen das einsam stehende Motel und den Asphaltboden. Der nächste große Highway lag Meilen entfernt. Hier führte nur eine Nebenstrecke vorbei, und das Motel war wohl nur Insidern bekannt. Es bot aber auch einen guten Treffpunkt für Typen, die etwas zu verbergen hatten und ihre Ruhe wollten.
»Wann wird man wohl die Toten entdecken?«
Saladin gab keine Antwort. Mit schnellen Schritten steuerte er auf den Platz zu, an dem er seinen Wagen abgestellt hatte. Es war ein dunkler Chrysler, dessen Dach wie ein lang gezogener Buckel aussah. Der Boden des Parkplatzes hier war aufgerissen, und durch die dünnen Spalten hatten sich Gräser geschoben.
Den Koffer legte Saladin auf den Beifahrersitz. »Sie setzen sich nach hinten, Newton.«
»Ja, gut.«
Der Mann stieg ein und schaute sich dabei noch scheu um. Es gab nichts eine Gefahr signalisierendes zu sehen, und auch das ferne Heulen irgendwelcher Polizeisirenen erschreckte sie nicht.
Im Auto staute sich die Hitze wie in einem Sarg, der zu lange in der Sonne gestanden hatte. Der Vergleich gefiel dem Wissenschaftler nicht, aber er traf zu, denn er fühlte sich beinahe schon wie Toter…
***
Saladin hatte mit keinem Wort bekannt gegeben, wohin die Reise ging. Er saß schweigend hinter dem Lenkrad und bewegte sich kaum, sodass der im Fond sitzende Phil Newton den Eindruck bekam, von einer Statue gefahren zu werden oder von einem Roboter, den jemand darauf programmiert hatte, ein bestimmtes Ziel auf dem direktesten Weg zu erreichen.
Aber wo lag dieses Ziel?
Der Hypnotiseur gab keine Auskunft. Er war und blieb verschlossen.
Für Phil Newton stand fest, dass er aus seinem bisherigen Leben herausgerissen worden war. Es würde nichts mehr so werden wie früher. Von nun an befand er sich auf der Flucht und war selbst nicht dazu in der Lage, die Richtung zu bestimmen. Er musste sich auf den Hypnotiseur verlassen. Er hatte das Kommando übernommen, und er würde es nicht mehr aus den Händen geben. Der Wissenschaftler wusste noch immer nicht, ob es richtig gewesen war, dass er Kontakt mit dieser Person aufgenommen hatte. Auf der anderen Seite konnte es durchaus sein, dass Saladin tatsächlich gute Beziehungen hatte, die immerhin so intensiv und effektiv waren, dass die wahren Verfolger sie nicht mehr fanden.
Wer immer diese Killer auch beauftragte
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