1368 - Glendas Feuertaufe
sie hineinversetzen. Es war verdammt schwer für sie, mit einer derartigen Veränderung in ihrem Innern zu leben. Es würde sich für sie einiges ändern, auch wenn sie versuchte, ihr Leben so normal wie möglich zu gestalten. Aber sie würde immer mit dem Gedanken existieren, einen Tanz auf der Rasierklinge zu erleben. Das verdammte Serum, das wie ein teuflischer Mix durch ihr Blut floss, konnte ohne Vorwarnung zuschlagen.
Sie wusste das selbst, doch sie sprach nicht darüber. Und ich wollte das Thema auch nicht ansprechen. Ob es ein Gegenmittel gab, stand in den Sternen. Den Toten konnten wir nicht mehr danach fragen. Ob er je daran gedacht hatte, eines zu entwickeln, war ebenfalls fraglich. Es ging ja nicht direkt um ein Gift, sondern um diese Nanobomben, die im Gehirn eines Menschen einiges veränderten und diesen Menschen dazu brachten, die Gesetze von Zeit und Raum aufzuheben. Sich anpassen zu können. Lücken zu suchen, um Entfernungen zu überwinden.
Das alles würde Glenda können, aber ich wusste nicht, ob sie auch in der Lage war, es zu lenken. Jedenfalls lag eine spannende und auch interessante Zukunft vor ihr. Vorausgesetzt, sie schaffte es, ihre neue Veränderung zu akzeptieren.
Dann fragte ich mich auch, wie lange der Zustand andauern und ob er nicht irgendwann verschwinden würde.
Darauf konnte man hoffen, und vielleicht musste Glenda sich sogar einer Blutwäsche unterziehen.
Darüber sprach ich mit ihr nicht, als ich in ihre traurigen Augen schaute. Mein Lächeln fiel mir schwer, aber ich schaffte es. Erwidern konnte sie es nicht.
»Es ist ja nicht nur das, was in mir steckt, John«, sagte sie leise.
»Ich denke auch an Saladin und frage mich deshalb, ob er die Rolle des toten Phil Newton übernommen hat.«
»Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen. Noch nicht. Aber er wird wissen, dass sein Mitstreiter nicht mehr am Leben ist. Das Band zwischen ihnen ist gerissen. Den Tod muss er gefühlt haben, aber ich kann mir auch vorstellen, dass er die Früchte der Arbeit in seinen Händen hält. Damit ist ihm eine weitere Tür geöffnet worden. Und wir dürfen auch nicht vergessen, dass er sich mit dem Schwarzen Tod verbündet hat und dessen rechte menschliche Hand ist. Deshalb steht uns ein großer Jubel auf keinen Fall zu.«
»Was machen wir dann?«
»Ich weiß es nicht, Glenda.«
»Ja, die Antwort habe ich erwartet. Ich denke wohl, dass es keiner von uns weiß.«
Wir erhielten Besuch. Suko kehrte zurück. Er war jemand, der seine Emotionen gut verbergen konnte. In diesem Fall tat er das nicht.
Seinem Gesicht war anzusehen, dass er keinen Erfolg gehabt hatte.
Shao schaute ihn an. »Frustriert?«
»Nein, nicht so sehr. Ich habe es mir fast gedacht und holte mir die Bestätigung. Beide Parkplätze habe ich abgesucht und auch die nähere Umgebung. Nichts.«
»Unser Freund wusste genau, wann es Zeit für ihn war, zu verschwinden«, sagte ich. »Jetzt kommt es nur darauf an, was er weiterhin vorhat.«
»Keine Ahnung. Er wird sich erst mal in seinem Triumph sonnen und dann seine Pläne schmieden, in denen natürlich Glenda auch eine Rolle spielen wird.«
»Was sollte ich denn da tun können?«
Suko war um eine Antwort verlegen. »Leider kann ich nicht in die Zukunft schauen. Aber über jemand wie dich die Kontrolle zu haben, wäre für ihn das Absolute.«
»Die hat er aber nicht!«, erklärte Glenda. »Auch Newton hat die Kontrolle über mich nicht gehabt. Er war nur der Hersteller dieses Serums. Ich gehe davon aus, dass ich allein… nein, das stimmt auch nicht, ich muss mich damit abfinden, dass die Veränderung über mich herrscht und ich nicht über sie. Sie kann jeden Augenblick wieder auftreten, und dann erlebe ich wieder das Gleiche.«
»Wie geht es denn genau vor sich?«, fragte ich.
Glenda war bereit, alles zu erklären, nur wurden wir gestört. Die Kollegen von der Spurensicherung trafen ein. Sie brachten auch die Männer mit der Wanne mit.
Der Leiter war uns bekannt. Er hatte sicherheitshalber seine Experten mitgebracht, aber ich wies ihn noch mal darauf hin, dass der Fall klar lag und sich die zuständigen Stellen auf meinen Bericht verlassen konnten.
»Ja, ja«, sagte er und nickte vor sich hin. »Da seid ihr mal wieder die rühmliche Ausnahme. Andere Kollegen hätten es da nicht so gut.« Er blickte sich um. »Worum es hier gegangen ist, brauche ich wohl nicht zu fragen – oder?«
»Nein!«
Er grinste mit geschlossenen Lippen. »Klar, die Sonderstellung von euch
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