1368 - Glendas Feuertaufe
ihre Hände fest und hing dem faszinierenden Gedanken nach, die Reise zusammen mit ihr zu unternehmen.
Es wäre wirklich das Höchste gewesen, und Glenda saugte die Luft ein, als wollte sie alles in sich hineinziehen.
»Jetzt«, sagte sie nur.
»Nein!« Meine Antwort war zu einem Schrei geworfen. Ich wollte nicht mehr nur ihre Hand halten, sondern den ganzen Körper. Und deshalb warf ich mich gegen sie.
Was ich in den nächsten drei Sekunden hörte und sah, war eine einzige Enttäuschung. Der Körper löste sich nicht nur vor meinen Augen auf. Ihre Stimme klang noch als Echo in meinen Ohren, und ich hatte auch den Eindruck, als würde vor mit etwas zusammenschwappen, aber das alles war nicht mehr wichtig.
Ich befand mich nach wie vor in der Wohnung.
Glenda aber war verschwunden!
***
Das Tunnel war da. Glenda sah ihn vor sich. Eine lange dunkle Röhre, die sich in die Normalität der ebenfalls normalen Welt hineingebohrt hatte. Eine Röhre ohne Ein- und Ausgang. Sie war einfach nur da, und aus ihr drang der Sog hervor.
Er packte zu.
Glenda wusste nicht, ob sie ging oder schwebte oder wieder am Rand des Jenseits entlangstrich. Sie hörte erneut das ferne Singen – und hatte die normale Welt hinter sich gelassen, um wo zu landen?
Zeitlich war es nicht zu erfassen. Zwischen den Dimensionen war dieser Faktor aufgehoben. Jedenfalls hätte sie nicht sagen können, wie lange ihre Reise dauerte, aber sie war am Ziel.
Herz- oder Wimpernschläge lang, mehr wohl nicht, aber der neue Ort befand sich nicht im in einem Raum mit vier Wänden oder mit Menschen in der Nähe, sondern im Freien und auch im Dunkeln.
Es dauerte wieder seine Zeit, bis Glenda sich gefangen hatte. Inzwischen war sie nicht mehr geschockt, nur noch leicht ängstlich, dafür aber doppelt gespannt.
Die Ängstlichkeit galt Saladin, dessen Name weiterhin in ihrem Kopf herumspukte. Die Spannung bezog sich auf das neue Ziel, von dem sie nicht viel sah.
Glenda wurde von der Dunkelheit der Nacht umgeben. Dies wies darauf hin, dass sie in der gleichen Zeitzone geblieben war, aber sich an einem anderen Ort wiederfand.
Sie stand in einer Straße. Wenn sie nach vorn schaute, schien sie ins Nichts zu führen. Drehte sie den Kopf, sah sie eine einsam leuchtende Laterne.
Wieder der Blick nach vorn. Sie wollte sehen, was sich jenseits der Straße aufbaute, doch da gab es nichts, was als Orientierungspunkt hätte dienen können. Ein großes Feld wohl, eine Wiese, ein Brachgelände oder Acker. An dessen gegenüberliegendem Rand schimmerten Lichter in einer bestimmten Geometrie, sodass Glenda einfach davon ausgehen musste, dass dort zahlreiche Häuser nebeneinander standen, hinter deren Fenstern Lichter schimmerten.
Vielleicht konnte sie in ihrem neuen Zustand an jeden beliebigen Platz der Welt transportiert werden, doch daran wollte sie nicht glauben. Sie ging ihrem Gefühl nach, und das sagte ihr, dass sie sich noch in London befand.
Beim Umdrehen hatte Glenda erkannt, dass die Straße nicht so leer war wie es beim Blick nach vorn ausgesehen hatte. Es gab Häuser.
Nur standen sie nicht Mauer an Mauer, sondern einzeln, es waren auch keine Bauten, die in den letzten Jahren errichtet worden waren, sondern alte Villen auf recht großen Grundstücken.
Beim ersten Hinschauen wirkte die Szenerie tot und verlassen.
Wer allerdings genauer hinsah und sich auch vom Laub der Bäume nicht beirren ließ, der entdeckte sehr wohl den schwachen Schein der Lichter. Glenda ging davon aus, dass sich Menschen in der Nähe befanden, und das gab ihr etwas Hoffnung.
Die Laterne war ihr nicht aus dem Sinn gegangen, und wo Licht leuchtete, da gab es auch Hoffnung.
Glenda näherte sich ihr. Sie ging vorsichtig, schaute nach links und rechts und erlebte nur eine tiefe Stille. Nur ein Auto parkte am Straßenrand. Es war ein Kleinwagen, in dem niemand saß, wie sie meinte.
Sie ging auf die Laterne zu. Dabei grübelte sie darüber nach, warum sie gerade an diesen Ort geschafft worden war. Sie selbst hatte ja nichts dazu getan. Es mussten andere Kräfte gewesen sein, die sie geleitet hatten. Es führte zu nichts, wenn sie weiterhin darüber nachgrübelte, es war erst wichtig, sich zu orientieren. Das konnte sie am besten dort, wo auch das Licht brannte.
Sie passierte die stillen Häuser, und sie hörte dabei nichts. Keine Musik, keine Stimmen, sie befand sich in einer toten Welt, die als Deckel einen dunklen Himmel besaß, der ab und zu ein paar graue Flecken zeigte.
Glenda
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