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137 - Der trojanische Barbar

137 - Der trojanische Barbar

Titel: 137 - Der trojanische Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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Erschöpfung war in seinen Augen zu sehen. Tiefer gewordene Falten im Gesicht, dunkle Ringe unter den brennend roten Augen.
    Ich versuchte ruhig zu wirken, konnte aber das Zittern meiner Hände nicht verhindern.
    Ich liebe diesen Mann nicht. Darüber bin ich mir längst im Klaren. Ich habe mich noch niemals an einen Mann gebunden.
    Dies ist schließlich mein Leben, und ich bestimme die Regeln.
    Ganz die verantwortungsbewusste Psychologin, bat ich ihn, mich in den Bunker zu begleiten. Aber noch bevor ich ihm sagen konnte, dass wir ein Mittel gegen den daa’murischen Virus gefunden haben und auch ihn heilen können, rannte er wieder fort.
    Ich konnte keinen weiteren Einfluss auf seine Verhaftung nehmen. Die konzertierte Aktion, die offiziell von Sir Bryant Vaughn, in Wirklichkeit aber von ›Seven‹ Duncan gesteuert worden war, endete mit unnötiger Brutalität.
    Trotz aller Regeln der Logik, die ich bislang stets befolgt und hoch gehalten habe, entwickle ich immer mehr Hass auf die so genannten Neokonservativen.
    Während Rulfan unter strenger Bewachung zur weiteren Behandlung ins ›Nest‹ verbracht wurde, gelang es mir, seine persönlichen Sachen an mich zu nehmen. Der Sergeant, der seine Verhaftung vorgenommen hatte, überreichte mir zwei halb leere Ledersäcke und einen Lupa-Welpen, ohne »Seven«
    Duncan Meldung darüber zu erstatten. Vielleicht erzählen mir diese Dinge in Verbindung mit den kargen Informationen von Will Shag mehr über das Leben, das Rulfan seit seiner Flucht aus Salisbury geführt hat.
    Ich muss unbedingt herausfinden, was er mit jener ominösen Gefahr meinte, die uns von einem der Schausteller ausgehen soll…
    (Aus den handschriftlichen Aufzeichnungen von Eve Neuf-Deville)
     
    11. Intermezzo: Die Leichtigkeit im Leben eines Kobolds
    Auf Daa’mur hatte es amöbisches Leben gegeben, das in riesigen Schwebeschwärmen um den Heimatplaneten getrieben war und als Nahrung für die Seeswane diente, die wiederum die bevorzugte Jagdbeute der Daa’muren waren. Gick’es hatten sie es genannt. Was, nüchtern betrachtet, nichts anderes als die Bezeichnung für gedankenfreies Leben war.
    Mehr als einmal hatte Sho’lan’dees die Primärrassenvertreter dieses Planeten mit Gick’es verglichen.
    Zu leicht machten sie es ihm, zu profan und ziellos waren ihre Gedankengänge.
    Sho’lan’dees rief sich zur Ordnung. Überheblichkeit war fehl am Platz. Mehrere daa’murische Sil oder Lun hielten die so genannte Chaostheorie für einen wichtigen Bestandteil minderexistenten Lebens. Und im Leben des Menschenvolkes nahm dieses System unendlich vieler Variablen einer ungeordneten Natur breitesten Raum ein. Anders gesagt: Die Primärrassenvertreter hatten in der Ausreizung ihrer bescheidenen Möglichkeiten sehr viel Glück. Diesen Faktor durfte er bei aller Logik nie außer Acht lassen.
    Andererseits war es sein gutes Recht, diesen Faktor ebenfalls für seine Zwecke zu verwenden.
    Die Aufregung außerhalb des kleinen Lagers der Schausteller kam ihm zugute. Wer auch immer für die Nervosität unter den Menschen sorgte – er erleichterte ihm die Annäherung an das Bunkertor.
    Sho’lan’dees hielt sein schweres Gepäck fest umklammert und marschierte, ohne Aufmerksamkeit zu erregen, durch die Oberstadt. Die Bunkerkräfte waren hochgradig nervös.
    Maskierte und in dicke Kleidung gehüllten Gestalten liefen an ihm vorbei, ohne ihn aufzuhalten. Ein Fluggerät erhob sich in die Luft, entfernte sich.
    Da war der Eingang zum Bunker. Bewacht von einem einzelnen Primärrassenvertreter. Einem faltigen, klein gewachsenen Männlein, das zwischen zwei Begrenzungspunkten auf und ab ging.
    Jetzt gab es kein Überlegen mehr. Nur Handeln. Noch waren seine Kräfte nicht wieder vollends hergestellt, noch steckte die Steifheit der Kälte in Körper und Geist. Aber es musste einfach reichen.
    »Was gibt’s?«, fragte der Primärrassenvertreter, blieb stehen und sah ihn stumpfsinnig an.
    Sho’lan’dees blickte sich aufmerksam um, sah die winzigen Reflexpunkte, die das Vorhandensein von Außenkameras bewiesen. Er wich den Winkeln, die sie erfassten, in einem ruhigen Zickzackkurs aus, trat an den verwirrten Mann heran, formte seine Rechte zu einer Klaue und packte ihn bei der Kehle.
    Der Primärrassenvertreter war alt und schwach und leistete kaum Gegenwehr. Nun hätte ihn Sho’lan’dees infizieren können, doch die Inkubationszeit dauerte viel zu lange, um sofort über ihn zu verfügen. Also befahl er ihm mit bloßer Gewalt,

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