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137 - Der trojanische Barbar

137 - Der trojanische Barbar

Titel: 137 - Der trojanische Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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und Kopfschmerzen musste Rulfan lächeln.
    ***
    Die Aufführung des »Winternachts-Albtraum« gestern Abend war eine außerordentliche, seltsame Erfahrung.
    Die Schausteller, hauptsächlich aus den großteils unerforschten Midlands von England stammend und in ihrem Denken weitaus zivilisierter als die Barbarenhorden hier im Süden, brachten eine unglaubliche Energie und Leidenschaft in das Stück ein.
    Ihre Sprache war seltsam und altmodisch. Und dennoch vermittelte sie vieles aus dem Leben der einfachen Menschen, ihrem merkwürdigen Götterglauben – und brachte selbst die meist emotionsarmen Technos zum Lachen.
    Ein weiteres bemerkenswertes Faktum war das einträchtige Nebeneinander der Menschen mit der Wulfanin, dem Nosfera und dem Guul. Irgendwie sehe ich dies als Fingerzeig, dass es eine Koexistenz aller Wesen auf dieser Erde geben kann. Es wäre schön gewesen, hätten auch Männer wie »Seven« Duncan oder Grimes dieses Schauspiel gesehen. Aber die beiden Octaviane haben den Bunker – wieder einmal – nicht verlassen…
    Will Shag, Autor und Regisseur des Stücks, musste eine der Rollen selbst übernehmen und eine weitere neu besetzen, da einer seiner Schausteller spurlos verschwunden war und auch Rulfan aus bekanntem Grund ausfiel. Was dem Erfolg des Stücks keinen Abbruch tat.
    Rulfan… wie geht es nun mit ihm weiter? Wie rasch wird er die Folgen der Behandlung überwinden? Und: Was hat Duncan mit ihm vor?
    (Aus den handschriftlichen Aufzeichnungen von Eve Neuf-Deville)
    ***
    »Los, weiter!«, zischte Rulfan und hielt dem Mann das Skalpell gegen die Gurgel. Jeder Schritt kostete ihn Überwindung und enorm viel Kraft. Doch es gab eine schier unaufhörlich sprudelnde Quelle, aus der er schöpfen konnte.
    Hass.
    »Unter keinen Umständen schießen!«, jammerte Michael
    »Seven« Duncan, während Rulfan ihn weiter schob, immer auf den Ausgang zu.
    »Dafür kann ich nicht garantieren«, sagte Rulfan. »Du bist schließlich in der Hand eines schmutzigen Bastards, der noch dazu halb wahnsinnig ist.« Er grinste verwegen.
    »Du kannst nicht… entkommen«, krächzte der Octavian.
    »Halt besser die Luft an!«, entgegnete Rulfan. »Wir Barbaren werden sehr leicht nervös. Weißt du, wie es sich anfühlt, wenn sich die Luftröhre mit Blut füllt und man daran erstickt? Kannst du es dir vorstellen?«
    Sie hatten das Ende des Desinfektionsgangs erreicht. Rechts von ihnen standen schussbereite Männer und Frauen, die nervös zu ihnen herüber blickten.
    »Sir – bitte lassen Sie den Octavian gehen«, sagte eine junge, heisere Stimme. »Ich verspreche, dass Sie fair behandelt werden, wenn Sie jetzt aufgeben.« Es war der Sergeant, der ihn gefangen genommen hatte. Nur zu gerne hätte sich Rulfan sein Gesicht eingeprägt. Doch es ging nicht. Alles verschwamm, wurde zu einem Brei aus Farben und Geräuschen.
    »Mach dich nicht lächerlich!«, brachte er mühsam hervor, in die ungefähre Richtung des Soldaten. »Für mich wird es keine Gerechtigkeit geben. Aber ich bin bereit, mich zu stellen, sobald…« Seine Gedanken verwirrten sich. Er verlor den Faden, wechselte abrupt das Thema. »Wo ist mein Vater?«
    »In London, Sir!«, antwortete der Soldat.
    Rulfan schob Duncans schweren Körper weiter, hinaus aus dem Zugang zum »Nest«, während ihm die Soldaten in kurzem Abstand folgten.
    »Jetzt hör mir gut zu, Junge«, fuhr er fort. »Unter den Schaustellern befindet sich vermutlich ein Daa’mure. Lass Will Shag, den Anführer der Truppe, nach einem Mann namens Robin Goodfellow fragen. Ob er noch bei der Truppe oder bereits verschwunden ist…«
    »Einer der Schausteller war während der gestrigen Vorstellung abwesend, Sir!«, sagte der Sergeant verdutzt und ließ die Waffe verblüfft sinken. »Woher wussten Sie…?«
    »Das ist jetzt egal!« Rulfan hustete. Magensäure floss zurück in seinen Rachen und verätzte schmerzhaft die Luftröhre. Instinktiv stützte er sich auf Duncan ab. »Hör zu, Junge. Gib an das Octaviat durch, dass man den Bunker von oben bis unten durchsuchen soll – sofort! Der Daa’mure ist wahrscheinlich bereits eingedrungen. Und lasst die Torwachen überprüfen!«
    »Ich werde alles in die Wege leiten, Sir, wenn Sie jetzt Octavian Duncan frei lassen…«
    Rulfan lachte und hustete und lachte. »Ich könnte wetten, dass du bei Neuf-Deville einen Kursus in taktischer Psychologie belegt hast.« Er wurde wieder ernst. »Ich werde jetzt diesen Aufzug benutzen und unseren Freund hier mitnehmen. Du und

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