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137 - Der trojanische Barbar

137 - Der trojanische Barbar

Titel: 137 - Der trojanische Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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deine Leute werdet mir nicht folgen, wenn euch das Leben eures Octavians lieb ist.«
    »Wir können Sie unmöglich an die Oberfläche lassen, Sir…«
    »Und wie willst du mich daran hindern?« Rulfan schlüpfte mit seiner Geisel in die Aufzugkabine, drückte mehrere Knöpfe gleichzeitig und ließ die Tür zufahren.
    ***
    Er kannte diesen Teil des Bunkers wie seine Westentasche.
    Niemals während seiner Kindheit hatte er sich den strengen Reglementierungen des Bunkerlebens unterworfen gefühlt.
    Unterstützt von seiner Mutter und meist stillschweigend geduldet vom Vater, hatte er riesige Lüftungsschächte, geheimnisvolle und verstaubte Nebenräume sowie kaum genutzte Wartungsgänge erforscht.
    All diese Erfahrungen kamen ihm nun zugute, während er den feisten Duncan durch das Labyrinth der oberen Stockwerke vor sich her trieb. Verwirrung und Schwäche legten sich allmählich, doch nach wie vor sah er alles perspektivisch verzerrt wie durch ein Prismenglas und schwankte wie auf zähem Kaugummi dahin.
    »Seven« Duncan jammerte leise vor sich hin. Im einen Moment flehte er um sein Leben, im nächsten stieß er wüste Flüche gegen Rulfan aus. So lange, bis der Albino ihm ein Tuch in den Mund stopfte.
    Nach wie vor gellten Alarrnsirenen durch die gespenstisch leeren Kabinentrakte. Nur selten musste Rulfan sich vor Sicherheitspersonal verbergen. Das Community-Gesetz, im Alarmfall in den Privaträumen zu bleiben, erwies sich als vorteilhaft für ihn. Ab und zu hörte er den Hall schwerer Schritte der Soldaten, die eine Etage unter- oder oberhalb durch die Gänge irrten.
    Endlich erreichte Rulfan sein Ziel: Eves Kabine. Er läutete und stürmte sofort hinein, sobald er das Summen des Signalgebers vernahm.
    »Einen Strick!« befahl er grußlos und stieß »Seven« Duncan vor sich zu Boden. Wortlos gehorchte sie, scheinbar kaum überrascht von seinem plötzlichen Auftauchen.
    Rulfan fesselte dem Octavian die Hände auf den Rücken und ließ ihn auf dem Bauch liegen.
    »Es freut mich auch, dich wieder zu sehen«, sagte Neuf-Deville spöttisch. »Als ich die Sirenen hörte, war mir klar, dass nur du der Grund sein konntest.«
    Rulfan warf sich erschöpft auf das hart gefederte Bett und hustete Schleim auf den Ärmel des medizinischen, gelb-weißen Einteilers, in den man ihm bei seiner Einlieferung gesteckt hatte. »Seit meiner Tournee mit Will Shag liebe ich den theatralischen Auftritt«, sagte er schließlich. »Was ist das für ein Giftzeug, das ihr mir gespritzt habt? Und tötet es tatsächlich die Daa’muren-Viren ab?«
    »Du spürst die Nachwirkung von viel Alkohol, noch mehr Ascorbinsäure und hohen Dosierungen von Acetylsalicylsäure«, entgegnete sie. »Normalerweise dürftest du noch gar nicht wieder auf dem Damm sein. Es sind erst vierundzwanzig Stunden seit Beginn der Behandlung vergangen. Du musst eine Konstitution wie eine Taratze haben.«
    »Seven« Duncan grunzte verzweifelt, während sein Gesicht blau anlief.
    »Ich glaube, er bekommt keine Luft«, meinte Eve.
    »Er hält den Knebel schon noch eine Zeitlang aus.«
    »Was hast du vor?«
    »Ich muss kurz nachdenken. Mir über etwas klar werden, was jemand kürzlich über die Bedrohung durch die Daa’muren gesagt hat…«
    »Du solltest von hier verschwinden, anstatt dir den Kopf über die Vorgänge in der Community zu zerbrechen!«, fuhr ihn Eve Neuf-Deville überraschend emotionell an. »Das ist vielleicht deine letzte Chance zu entkommen, bevor man dich wegen Hochverrats zum Tode verurteilt.«
    »Das weiß ich.« Rulfan rieb sich die schmerzenden Schläfen. »Aber mir ist klar geworden, dass ich weder meiner Vergangenheit hier noch meiner Pflicht entkommen kann. Selbst wenn es mein Leben kostet – ich bin den Menschen von Salisbury verpflichtet.«
    »Es ist schön, das zu hören.« Eve lächelte. »Dennoch ist dies der falscheste Moment, um eine Rehabilitation herbei zu führen.«
    »Im Gegenteil«, erwiderte Rulfan, »es gibt keinen besseren.« Beiläufig nahm er General Duncan den Knebel aus dem Mund, bevor er daran erstickte, und drehte ihn grob in eine Seitenlage. Dann setzte er sich wieder aufs Bett. »Ein Sendbote aus Hitze will mit strahlendem Atem zerstören, was sich unter der Erde verbirgt und in den Himmel will«, murmelte er. »Ein Daa’mure. Im Bunker. Was will er zerstören. Was will in den Himmel?«
    »Was ist das für ein seltsames Rätsel?«, fragte Eve.
    »Erklär ich dir später! Fällt dir eine Antwort ein?«
    Sie überlegte.

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