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137 - Der trojanische Barbar

137 - Der trojanische Barbar

Titel: 137 - Der trojanische Barbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael M. Thurner
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war endlich von ihrem Gewicht befreit.
    Mühselig rappelte sich Will Shag hoch, strich sich angewidert die Mischung von Farbe und Blut aus dem Gesicht.
    Sein Sehvermögen war nicht mehr das beste. Er musste mehrmals blinzeln, um den Mann, der vor ihm stand und ihn mit grimmigen Blicken maß, einordnen zu können.
    Eine eindrucksvolle Gestalt, zweifelsohne. Aufrechte Körperhaltung. Ein knappes Mienenspiel, aber sicherlich ausbaufähig. Eine prägnante Nase, kantig und scharf. Ein Geschenk der Natur, für jeden Charakterdarsteller ein Muss!
    Schmale, zusammengepresste Lippen, die von unterkühlter Gefühlswelt kündeten. Das mächtige Kinn, von hellem Flaum bedeckt. Und, alles beherrschend, die rot-albinoiden Augen, die ihn zornig musterten.
    »Wahnsinniger!«, fuhr ihn der Mann an. »Wie kannst du zu dieser Jahreszeit deine Leute durch die Dauns von Sussex führen!? Ohne Geleitschutz und ausgerechnet dann, wenn die Bäuche der Barbarenhorden knurren? Sei froh, dass ich zufällig des Wegs kam…«
    »Ein… ein Naturtalent!«, entfuhr es Will Shag. »Master Burbetsh, kommt her! Hört und seht euch das an! Diese ungeschminkte Wildheit, das Timbre, das Auftreten, die geschmeidige Eleganz: Ich muss diesen Mann unbedingt engagieren! Nur an der Aussprache müssen wir noch feilen…«
    »Wie bitte?« Überrascht zog der Fremde die Stirn in Falten.
    »Welche Ausdruckskraft!« Begeisterung packte Will Shag.
    »Sagt, guter Mann, habt Ihr Euren Lebensunterhalt schon einmal als Schausteller verdient?«
    »Da soll mich doch…« Der Albino packte ihn am Kragen und hob ihn hoch.
    »Diese ungestüme Kraft!«, krächzte Will halb erstickt. »Ich flehe Euch an, Master, kommt mit uns. Ich werde… chr… etwas wahrhaft Bedeutendes aus Euch machen. Einen… chr… König, einen Dieb, einen Liebhaber – was immer… chr… Ihr möchtet.«
    »Ich bitte Euch: Lasst von meinem Vater ab«, bettelte eine gicksende Stimme neben ihm. Nur noch schattenhaft erfasste Will, dass sein Sohn Hammet um Gnade für ihn bat.
    »Will Shag lebt für und durch das Schauspiel«, sagte der Junge. »Tut ihm nicht unrecht für Worte, die aus dem Herzen und nicht aus kühlem Verstand geboren sind.«
    Wahre und schöne Worte, mein Sohn, dachte er. Ihm wurde schwindlig und übel zugleich, und in seinem geplagten Kopf rauschte es. Zu dumm nur, dass ich sie mir nicht notieren kann.
    Denn es scheint, dass mir die Sinne schwinden…
    ***
    »Wenn ich Euch also richtig verstehe, Master Rulfan: Ihr durchwandert die südlichen Landen auf der Suche nach Zerstreuung – und momentan auch nach Euch selbst?«
    Mit einer wunderbaren Geste des Unwillens tat der Albino seine Worte ab. »Fang nicht schon wieder in dieser merkwürdig geschraubten Sprache zu reden an, Will Shag!« Er spuckte einen Knorpel des leckeren Wildbrets ins hell lodernde Lagerfeuer und fuhr dann fort: »Ja, es stimmt. Ich habe meine… Heimat vor zwei Wochen verlassen, um Ruhe zu finden und mir über einige Dinge klar zu werden.«
    »Dann schließt Euch uns an! Feiert mit uns, spielt mit uns, triumphiert mit uns!« Kurz überlegte Will, wählte die weiteren Worte mit Wohlbedacht: »Ich und die Meinen sind weder schön noch reich noch überall wohlgelitten; aber wir sind frei, und das bedeutet mehr als alles andere in diesen dunklen Tagen. Ich biete Euch Unterkunft und Verpflegung in meinem Tross, der von Ort zu Ort reist und in dieser Saison das von mir ersonnene Stück ›Ein Winternachts-Albtraum‹ zum Besten gibt. Ihr gebt uns indes Schutz mit Eurer wundertätigen Lichtwaffe und der bemerkenswerten Kraft Eurer mächtigen Arme. Ihr lehrt uns zudem Taktik und Geschick im Umgang mit Schwert und Messer…«
    »Sieht nach einem sehr einseitigen Handel aus«, unterbrach ihn Rulfan, während er am Roten Brabeeler nippte, Wills bester Flasche. »Für Nahrung und Unterkunft kann ich alleine viel besser sorgen. Und auf dich und deinen Haufen Narren Acht zu geben, dürfte nicht leicht sein…«
    »Und was ist mit Ansprache?«, fragte Will voll Kalkül.
    »Mit menschlicher Gesellschaft in langen kühlen Nächten, die Euch von holden Maiden dieser Lande versüßt und verkürzt werden?«
    Der Albino wollte erneut widersprechen, doch Shag wusste sehr wohl, wie er den Mann packen konnte. Nicht mit Gold und auch nicht bei der Ehre, sondern…
    »Ist euch schon jemals der Gedanke gekommen, Master Rulfan, dass mehr in Euch steckt? Dass die zweifelsohne beeindruckenden Fähigkeiten Eurer Physis nicht alles sind? Dass es

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