137 - Fluch der Seelenwanderer
Dann ist das Gesetz erfüllt ...«
Nanette spürte die ungeheure Belastung ihrer
Nerven. Was sie da hörte, ging sie direkt etwas an. Sie mußte darauf reagieren
und Zeit gewinnen - vielleicht kam, wie Luzille vorhin, noch eine der
Freundinnen hoch, um nach ihr zu sehen. Vielleicht ließ sich auch Tommy noch
mal sehen. Und vor allem - die Polizei! Der Gedanke daran bewirkte plötzlich
eine erstaunliche Ruhe in ihr.
Sie war gar nicht so allein, wie sie gedacht
hatte. Das Haus wurde bewacht. Der Vorgang vorhin hatte es gezeigt.
»Warum ?« fragte sie
mit unendlich leiser und schwacher Stimme. Es war erstaunlich, daß sie
überhaupt ein Wort über die Lippen brachte.
»Was hat - das alles - zu bedeuten ...«,
stotterte sie.
»Du wirst es nie erfahren. Es ist auch nicht
notwendig. Wichtig allein ist, daß Wang wieder lebt, daß die Seelen, die er
gefangen hat, ihn tragen in das Reich der Dämonen, aus dem er gekommen ist.
Sieben Leben für ein Leben, für das Leben Wangs. Sieben Leben, um die sieben
Seelen der Wanderer zwischen den Zeiten zu besänftigen. Sie haben Wang bisher
daran gehindert, wieder so viel Freiheit zu besitzen, die er einst besaß, als
Lanora ihn nach dem Ebenbild ihrer Vorstellung schuf...«
Gerd Mahlers Stimme klang leise, aber
eindringlich.
Seine Hand war nun völlig geöffnet. Auf der
Innenfläche lag wie auf einem Tablett der merkwürdig geformte Dolch.
Nanettes Augen brannten. Erst seit kurzem war
der Eindringling in ihrem Zimmer. Aber diese Sekunden kamen ihr vor wie eine
Ewigkeit.
Wie ein Magnet zog der blitzende Dolch ihre
Bücke an.
Narrte sie ein Spuk oder war es Wirklichkeit?
Die Klinge war von einem eigenartigen, rötlich
glühenden Licht umgeben. Der Dolch schien in Wirklichkeit gar nicht die Hand
des Eindringlings zu berühren, sondern einige Millimeter über der
Hautoberfläche zu schweben.
Tatsächlich!
Wangs magischer Dämonendolch löste sich - wie
von unsichtbaren Fäden gezogen - vollends von seiner Hand und schnellte wie ein
Pfeil von der Sehne direkt auf die erstarrte und schreckensbleiche Tänzerin zu.
Sie konnte nicht schreien und keinen Schritt
zur Seite gehen. Ohne daß der unheimliche Eindringling selbst Hand an sie
legte, senkte sich der geflammte Dolch mitten in ihr Herz.
*
Heftig polternde Schritte näherten sich in
diesem Augenblick durch den Korridor.
Ein Mann stürmte durch den Hintereingang. Iwan
Kunaritschew!
Der russische PSA-Agent jagte - zwei, drei
Stufen auf einmal nehmend - über die Holztreppe nach oben.
Hinter ihm folgten mehrere Personen, darunter
zwei Kriminalisten und Tommy, der Geschäftsführer des »Black Cat Club«.
Iwan Kunaritschews Ankunft hatte sie
aufgescheucht wie aufgeregte Hühner.
Der Russe hatte sie über nichts unterrichtet.
Er schien jedoch genau zu wissen, was er wollte.
Sein Ziel war die Tür der Tänzerin Nanette.
Mit harter Hand klopfte er an. »Hallo,
Nanette !« rief er. »Bitte öffnen Sie! Es ist sehr
wichtig !«
Keine Reaktion. Kein Laut. Keine Bewegung.
Da fackelte er nicht lange.
Mit dem Gewicht seines Körpers warf er sich
gegen die Tür. Die widerstand so viel Ansturm nicht. Krachend und splitternd
wurde das Schloß aus dem Türfutter gerissen. Die Tür flog nach innen und
knallte gegen die Wand.
Ein dahinter hängendes Bild wurde
zerschmettert, löste sich vom Haken und fiel scheppernd zu Boden.
Mit zwei blitzschnellen Schritten stand der
Russe mitten im Raum.
Was sich X-RAY-7 bot, erfüllte ihn mit
Grauen.
Er war - zu spät gekommen!
In einer Blutlache lag verkrümmt und reglos
Nanette, die Tänzerin.
Über das zerstörte Fenster hinweg, das - dies
wußte Iwan Kunaritschew nicht - von seinem Freund Larry Brent eingeschlagen
worden war, hechtete ein großgewachsener, dunkelblonder Mann.
Der Mörder!
Kunaritschew schnellte in die Höhe. Hinter
ihm traten im selben Moment mehrere Personen in den Raum. Tommy, der
Geschäftsführer, zwei Kriminalbeamte und drei Mädchen, die durch den
allgemeinen Tumult aufmerksam geworden waren und ihre Zimmer verlassen hatten.
»Kümmert euch um Nanette! Falls man überhaupt
noch etwas für sie tun kann«, stieß Kunaritschew heraus, während er über die
Tote hinwegsprang Richtung Fenster, wo der Mörder gerade die Balkonbrüstung
erklomm.
Da war X-RAY-7 heran.
Mit harter Hand riß er den Vorhang vollends
zur Seite und warf sich nach vom. Die schnelle Reaktion des PSA-Agenten mußte
einfach zum Erfolg führen.
Und doch - tat sie es nicht!
Iwan griff
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