Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
137 - Insel des Grauens

137 - Insel des Grauens

Titel: 137 - Insel des Grauens
Autoren: Dämonenkiller
Vom Netzwerk:
begann, daß Micki nicht einfach ertrunken war. Er ahnte, daß eine seltsame Art von Verbrechen über das Inselchen
La Elisabetha
gekommen war. Er schüttelte sich; irgend etwas mußte getan werden.
    Aus der Wäschekammer holte er ein paar Bettlaken. An einigen verschlafen und ratlos blickenden Gästen vorbei rannte er durch die Halle des Hotels und legte atemlos die zweihundert Schritte bis zum Strand zurück. Um die Leiche standen jetzt etwa ein Dutzend Hotelgäste herum, der Gärtner und andere Angestellte. Gabriele warf dem Gärtner ein Tuch zu und sagte:
    „Avanti! Wir wickeln sie ein und bringen sie weg. Schnell."
    Auch der Direktor half mit, obwohl ihnen allen grauste. Das Entsetzen stand ihnen allen in die Gesichter geschrieben, und es wuchs, als die drei Männer vorsichtig und von Abscheu geschüttelt, die Leiche aus dem Sandgrab hoben und auf ein Tuch legten. Erst als das weiße Tuch zusammengeschlagen war und zusammen mit den anderen Laken eine Art Bahre bildete, wagten die Menschen wieder zu sprechen.
    Gabriele schleppte mit dem Gärtner und dem Direktor das Bündel zurück zum Hotel. Sie wunderten sich, wie leicht der regungslose Körper war. Der Direktor meinte schließlich: „Das gibt einen Skandal. Wohin mit der Leiche, Gabriele?"
    Der Portier zog die Schultern hoch. Sie blieben vor dem Eingang stehen und waren ratlos. Schließlich wandte der Gärtner ein: „In den Kühlraum. Ich besorge eine Kiste oder so etwas."
    „In Ordnung", sagte der Direktor. „Das hat uns gerade noch gefehlt. Ich rufe die polizia an."
    „Das sollten Sie tun, Signore Direttore", murmelte Gabriele und wandte sich nach rechts. Zusammen legten sie das Bündel auf den Boden der eiskalten Kammer, zwischen Kisten und Stapel der Getränkekästen. Mit einem dumpfen Ton schlug der Gärtner die isolierte Tür zu und kippte die schweren Riegel. Die Sonne, einen Fingerbreit über dem Horizont und blutigrot, strahlte den drei Männern in die blinzelnden Augen. Der Gärtner bot Zigaretten an.
    Der Direktor sagte unruhig und leise: „Diese Wunde… Signora Micki ist nicht ertrunken."
    „Sie ist dort, am Strand, eingegraben worden", argumentierte Gabriele. Jetzt erst merkte er, daß seine Finger zitterten.
    „Wo ein Mord ist, gibt's auch einen Mörder!"
    Sie starrten den Gärtner an. Sein stoppelbärtiges Gesicht drückte ebenso Verzweiflung aus wie ihre Augen. Aber er hatte recht, und als er schweigend nickte, fingen sie zu verstehen an, daß sie das Problem erst an seinem äußersten Zipfel gepackt hatten.
    Eine Tote im Ferienparadies, ein Mörder unter ihnen, die polizeiliche Untersuchung, die Presse, Fernsehen, der Ruf des Inselchens und des Hotels, die Flucht der Gäste… ihnen schauderte, und der Direktor schüttelte sich.
    „Wir müssen da hindurch", sagte er und dachte ans Hotel. „So diskret wie möglich."
    Gabriele machte eine wegwerfende Geste.
    „Diskret!" stieß er hervor. „Auf der ganzen Insel leben weniger als dreihundert Leute. In zwei Stunden wissen alle über Micki Bescheid. Schließlich kennt sie jeder."
    „Weiß Gott", murmelte der Gärtner Pasquale. Ihn erschütterte der Tod nicht sonderlich; in seinem langen Leben hatte er viele Menschen sterben sehen. Aber das Aussehen der Leiche erinnerte ihn an etwas. Richtig! Jetzt fiel es ihm wieder ein: so ähnlich wirkten die Kadaver von geschächteten, blutleeren Tieren. Jetzt schüttelte selbst er sich und winkte.
    „Andiamo", murmelte er. „Gehen wir hinein. Sie müssen die Leute beruhigen, Direttore."
    Der Direktor fluchte leise und erbittert.
    „Beruhigen! Vierzig Gäste! Die anderen gehen mich nichts an, aber… was soll ich ihnen sagen? Daß sich diese Micki Schultz oder wie sie heißt, selbst umgebracht hat…?"
    Er warf den Zigarettenrest in den kurzgeschnittenen Rasen, auf dessen Halmen die Tropfen aus dem kreiselnden Sprinkler glitzerten. Der Gärtner blickte traurig das blaugraue Rauchfähnlein an und versuchte, die Schwierigkeiten seines Direktors nachzuempfinden. Es gelang ihm nicht. Er zuckte die Schultern, ging weg und kümmerte sich um seine Arbeit. Dafür wurde er bezahlt, nicht für die Sorgen des Hoteldirektors.
    Gabriele erinnerte sich an Signorina Karina und stapfte zögernd zurück in die Bar.
    Er ahnte die schrecklichen Dinge, die den ruhigen Lauf seiner Arbeit zu einer Kette von Aufregungen machen würden. Der Fund dieser seltsam veränderten Leiche war nur der Anfang.

    La Elisabetha,
ein vergleichsweise bedeutungsloses Inselchen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher