1370 - Amoklauf der Wissenden
so feindselige Verhalten der Schwärme förderten, wenn nicht sogar steuerten.
Shu-Han-H'ay nahm Nikkis Erklärungen zur Kenntnis, ohne auch nur eine Miene zu verziehen. Unter der Oberfläche dagegen brodelte es. Diese alte Kartanin hatte einen sehr wachen Verstand, und sie begriff in allen Einzelheiten und in vollem Umfang das Ausmaß der Katastrophe, die den Kartanin drohte. „Du mußt deinem Volk die Lage erklären", drängte Nikki Frickel. „Und du mußt es schnell tun, denn euch bleibt wahrscheinlich nur sehr wenig Zeit, euch umzustellen. Die ganze Sache darf kein Geheimnis der Hohen Frauen und der Esper bleiben. Alle müssen es wissen."
Shu-Han-H'ay betrachtete die Chefin der PIG aufmerksam. „Ich werde den Rat einberufen und eure Informationen weitergeben", sagte sie schließlich. Dann wandte sie sich an Sue-El-K'yon. „Ich werde einem Mitglied deiner Familie die Nachricht zukommen lassen, daß du dich in diesem Haus aufhältst. Man wird dafür sorgen, daß du deine Ausbildung beenden kannst."
„Auf Kartan?" fragte Sue-El erschrocken. „Das halte ich für unwahrscheinlich", erwiderte Shu-Han-H'ay. „Deine Familie unterhält eigene Schulen.
Man wird es sicher vorziehen, dich dort unterzubringen."
„Ich will in keine Schule!" sagte Sue-El. „Weder auf Kartan noch auf einem anderen Planeten. Ich will zurück in die SORONG!"
Gucky spürte, daß Shu-Han-H'ay nahe daran war, die Geduld zu verlieren. Sie hatte mit bewundernswerter Haltung Neuigkeiten angehört, die den Untergang der bisher existierenden kartanischen Gesellschaftsordnung bedeuteten, aber ihre Aufnahmekapazität war erschöpft. Es ging über ihre Kräfte, sich jetzt auch noch mit dieser Raumwaise herumzustreiten, die noch dazu aus einer ganz anderen Familie stammte. „Ich habe Sue-El versprochen, daß sie noch für eine Weile bei uns bleiben darf", mischte der Mausbiber sich hastig ein, um die Wogen zu glätten. „Sie ist mein Gast."
Shu-Han-H'ay nahm es mit Erleichterung zur Kenntnis. Ihr Interesse an den Vorgängen in Lao-Sinh war erloschen, denn es gab dringendere Fragen, mit denen sie sich beschäftigen mußte. Sie war offensichtlich froh, daß sie sich nicht weiter um Sue-El zu kümmern brauchte. „Diese Kartanin sind schon komische Wesen", bemerkte Nikki Frickel auf dem Rückflug zur Fähre - sie schaltete allerdings vorher ihren Translator aus. „Und ihre sogenannten Hohen Frauen sind genauso arrogant wie die Wissenden. Diese Shu-Han-H'ay hätte wenigstens ein bißchen Gefühl zeigen können!"
„Für Sue-El?" fragte Gucky überrascht. „Für die auch", erwiderte Nikki. „Hast du etwas herausbekommen?"
„Nicht viel. Sie wissen nichts über den Verbleib der NARGA SANT. Und die Wissenden schweigen sich aus. Ich fürchte, daß die Hohen Frauen auf die Anweisungen der Stimme warten werden, bis es zu spät ist. Sie sind einfach nicht mehr daran gewöhnt, eigene Entscheidungen zu treffen. Wir werden nach der NARGA SANT suchen müssen."
„Du hörst dich nicht sehr hoffnungsvoll an", stellte Nikki fest. „Was ist los mit dir?"
„Du solltest besser fragen, was mit den Wissenden los ist. Ich fürchte, daß die Hohen Frauen vergeblich warten werden."
„Warum?"
„Nun - ohne Paratau können auch die Wissenden nicht viel unternehmen."
Nikki Frickel starrte den Mausbiber erschrocken an. „Natürlich", flüsterte sie. „Das ist die Erklärung. Sie haben gemerkt, daß etwas faul ist, und daraufhin sind sie verschwunden. Sie haben Oogh at Tarkans Geschichte gehört. Eigentlich müßten sie sich ausrechnen können, was da in Wirklichkeit vorgeht. Das würde bedeuten, daß sie erkannt haben, was ihnen und ihrem heißgeliebten Volk blüht. Sie werden ihre gewohnte Rolle nie wieder spielen können. Das wird ein harter Schlag für sie sein."
„Sie könnten sich den Hohen Frauen präsentieren", meinte Gucky. „Man hat bisher auf ihren Rat gehört, und man wird es auch weiterhin tun."
„Dazu müßten sie ihre Geheimniskrämerei aufgeben, und das können sie nicht", sagte Nikki kopfschüttelnd. „Ich bin sicher, daß sie nach einem anderen Weg suchen werden."
„Zuerst werde ich mal nach einem Weg suchen", murmelte Gucky.
Die Chefin der PIG wartete geduldig. „Die Hohen Frauen brauchen den Rat der Stimme", erklärte der Mausbiber nachdenklich. „Und die Stimme meldet sich telepathisch. Ich bin Telepath."
„Aber du hast nicht die Stimme von Ardustaar!"
„Na und? Das brauchen die Hohen Frauen ja nicht zu wissen!"
Die
Weitere Kostenlose Bücher