1374 - Wiege der Kartanin
mir ein Kribbeln."
„Ich bevorzuge es, den Wilden etwas von unserer Kultur beizubringen", sagte der Kartanin mit Namen Zor und dem fliederfarbenen Gewand. „Was sie nicht alles von uns lernen können! Ich will den Völkern von Meekorah ja nicht eine gewisse Zivilisation absprechen. Ich meine, in ein paar Milliarden Jahren kann sich durchaus beachtliche Intelligenz entwickeln, da wollen wir uns nichts vormachen. Aber wir tragen uraltes Erbgut in uns. Das Leben in Tarkan hatte doppelt so lange Zeit, sich zu entwickeln. In uns, in allen Völkern der Kansahariyya ist die Weisheit des Alters. Und diese vererbten Erfahrungen können wir an die Wilden aus Meekorah weitergeben. Es wäre zu schade, wenn dieses Wissen um die Geheimnisse des Lebens stürbe. Das ist der springende Punkt."
„Ob die Barbaren aus Meekorah begreifen können, was wir ihnen zu bieten haben?" fragte Ens, der Kartanin mit dem Spitzhut und der Krempenkutte. „Oder werden sie eine solche Scheu vor uns haben, daß sie sich gar nicht mit uns zu sprechen trauen?"
„Ich gebe schon jetzt jedem Eingeborenen aus Meekorah die Erlaubnis vorab, mich ansprechen zu dürfen - ganz formlos", sagte Zor großzügig. „Vielleicht können sie unsere Sprache gar nicht erlernen?" gab Emm zu bedenken.
Rhodan wurde es zu bunt. Eigentlich hatte er sich gerade noch stillschweigend entfernen wollen, aber nun fand er, daß diesen aufgeblasenen Kartanin eine kalte Dusche nicht schaden konnte.
Er drehte sich zur Seite und stellte fest, daß alle fünf ihn herausfordernd anstarrten, und ihm kam der absurde Gedanke, daß sie ihn hypnosuggestiv beeinflußt hatten, weil er sich zu einer Reaktion hinreißen ließ. „Entschuldigt, daß ich mich in euer Gespräch einmische", sagte er: „Zufällig stamme ich aus Meekorah und weiß über die Verhältnisse drüben Bescheid. Mein Name ist Perry Rhodan, und ich bin Gil-Gors Gast."
Die Kartanin spielten die Erstaunten und gaben Laute der Überraschung von sich.
Zor sagte jovial: „Wir verzeihen dir, Fremder aus Meekorah mit dem umständlichen Namen. Ich werde dich Per nennen."
„Wirst du uns etwas über das rauhe, abenteuerliche und gefährliche Leben in Meekorah erzählen, Per?" fragte Emm aufgeregt. „Ein Barbar aus Meekorah!" hauchte Mei. „Und was für einen primitiven, unaussprechlichen Namen er hat", rief Ens aus. „Wie würdest du die Unterschiede zwischen Tarkan und Meekorah in knapper, verständlicher Form definieren, Per?" fragte Zor. „Die Hauptmerkmale des uralten, sterbenden und eines jungen, vitalen Universums habt ihr schon treffend charakterisiert", sagte Rhodan lächelnd. „Abgesehen davon, daß in einigen hundert Jahren in Tarkan kein Leben in dieser Form mehr möglich sein wird, das Leben in Meekorah aber noch viele Milliarden Jahre vor sich hat, gibt es ein deutliches Unterscheidungsmerkmal. Das ist die Strangeness."
Es entstand eine kurze Pause, dann meinte Zor: „Ganz klar - die Strangeness. Aber fahre fort."
„Ihr habt natürlich keine Ahnung, was unter diesem Begriff zu verstehen ist", sagte Rhodan und verfiel in einen betont herablassenden Tonfall. „Darum will ich es euch erklären. Die verschiedenen Bereiche des Multiversums unterscheiden sich alle durch eine unterschiedliche Strangeness-Konstante. Diese soll verhindern, daß zwischen den Universen Materie jeglicher Form ausgetauscht wird. Auf Lebewesen wirkt sich diese Strangeness besonders drastisch aus. Wer von einem Universum in ein anderes reist, der unterliegt einem Strangeness-Schock."
Rhodan machte wieder eine kleine Kunstpause, um die kartanischen Zuhörer, die sich zu gut waren, Fragen an ihn zu stellen, auf die Folter zu spannen. Dann fuhr er fort: „Der Strangeness-Schock wirkt sich doppelt aus, kurzfristig und langzeitig. Zuerst einmal verfällt man in eine Art Koma. Man ist unfähig, zu denken oder zu handeln. Und dies auf Monate hinaus. Ist der Kurzzeit-Schock überwunden - und man hat diese psychosomatische Null-Phase überwunden -, dann scheint es, als hätte man sich der anderen Strangeness angepaßt. Aber nach einigen Jahren setzt die Strangeness-Mutierung ein, und die hat weniger harmlose Folgen als der Schock."
„Was kann denn noch schlimmer sein?" erkundigte sich Mei, die Kartanin mit dem blutroten Umhang. „Noch schlimmer als vorübergehende Amnesie ist der absolute Gedächtnisverlust", antwortete Rhodan mit entsprechender Betonung. „Der unaufhaltsame Zerfall der Gehirnzellen, der zur progressiven Verdummung
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