1375 - Wächterin der Toten
das Fahrzeug gelegt.
Und er schien auch alle Geräusche erstickt zu haben, denn Bill hörte nichts mehr. Kein Vogel zwitscherte. Kein Wind streifte an den Ohren vorbei, hier galt das Gesetz der Stille, dem auch Johnny folgte, denn als er sich bewegte, versuchte er, so wenig Geräusche wie möglich zu verursachen. Wie jemand, der die Ruhe der Toten nicht stören will.
Zunächst wollte er sich den Friedhof genauer anschauen.
Eigentlich stach nur ein Kreuz hervor. Die anderen waren recht plump, wirkten wie nachgemacht, und die Masse dieser kleinen Denkmäler sah aus wie schlichte Steine, die an ihren oberen Enden abgerundet waren. Sie steckten mehr oder weniger tief in der Erde, wobei einige von ihnen aussahen, als sollten sie jeden Augenblick umfallen.
Da sie über Jahre hinweg diese Plätze eingenommen hatten, würden sie auch noch weitere Jahre an diesem Fleck stehen bleiben.
Johnny ging seine Kreise. Er schaute mal zu Boden, dann wieder nach vorn und versuchte auch, sich gedanklich nicht ablenken zu lassen. Wenn es hier etwas gab, dann würde es sich auch zeigen, davon war er fest überzeugt.
Aber den Geist oder den feinstofflichen Schutzengel bekam er nicht zu Gesicht. Das lag nicht am Dunst. Er hielt es einfach nicht für nötig, aus seiner Versenkung aufzutauchen.
Dann blieb er stehen!
Er war etwas zur Seite gegangen und hatte den Rand des kleinen Grabfelds erreicht. In seinem Kopf überschlugen sich plötzlich die Gedanken, denn als er nach vorn und direkt vor seine Füße schaute, da glaubte er, im falschen Film zu sein.
Die Erde vor ihm war aufgewühlt. Als hätte jemand gegraben, aber kein Loch geschaffen, sondern dem Boden einfach nur umgewühlt. Hätte er das innerhalb eines normalen Gartens gesehen, wäre es für Johnny normal gewesen, aber nicht hier.
Der Dunst war feucht, auch kühl. Doch nicht im Vergleich zu dem kalten Schauer, der an seinem Rücken herabrann und dabei einen bestimmten Gedankengang begleitete.
Es lag an seiner Vergangenheit, dass er in eine bestimmte Richtung dachte. Eine aufgewühlte Friedhofserde, das war bestimmt kein Spaß. Es sah auch nicht so aus, als hätte hier jemand versucht, irgendwelche Leichen aus dem Boden zu holen, diese aufgewühlte Erde deutete darauf hin, dass etwas von innen gekommen war.
Etwas, das möglicherweise lange in der Erde des Hügels verborgen gelegen hatte.
Etwas Böses, Grauenhaftes, Schreckliches, das die Nähe der Menschen suchte.
Lebende Leichen – Zombies…
***
Johnny hörte einen leisen, erstickt klingenden Laut. Er fuhr herum, um zu erkennen, wer ihn ausgestoßen hatte, aber da war nichts zu sehen.
Schließlich wurde ihm bewusst, dass der Laut von ihm allein stammte. Er hatte den Schreck einfach loswerden müssen, und er merkte, wie es hinter seiner Stirn hämmerte. Das Blut war ihm in den Kopf gestiegen. Wahrscheinlich sorgte es dafür, dass er in diesen Minuten keinen klaren Gedanken fertig brachte. Der Gedanke hier hatte ihm einen zu großen Schock versetzt.
Wirklich Zombies?
Johnny traute sich nicht, sich zu bücken. Er fürchtete sich davor, dass plötzlich eine Hand aus der Erde erscheinen konnte, um seine Kehle zu umklammern.
Ja, er kannte Zombies. Er hatte diese schrecklichen Gestalten auch erlebt, wusste aber nicht mehr genau, wann das geschehen war. Einmal hatte er eine fürchterliche Klassenfahrt mitgemacht, und da war er solchen Gestalten begegnet. Damals war es ihm gelungen, seinen Vater und auch John Sinclair zu alarmieren. In diesem Fall nicht.
Hier war er allein – nein, nicht ganz. Clara Lintock war bei ihm…
Als er an sie dachte, fing er an zu zittern. Er wollte gar nicht daran denken, was passieren konnte, wenn sie und die Zombies aufeinander trafen. Noch waren sie Theorie, aber das würde sich möglicherweise bald ändern.
Er schaute sich noch mal den Erdboden vor seinen Füßen an.
Nein, der war nicht von irgendwelchen Maulwürfen aufgeworfen worden. Das sah anders aus.
Dann war die Stimme plötzlich da.
So weich, so traurig und jammernd.
»Ich habe es nicht verhindern können. Sie sind zurück. Ja, sie sind wieder da…«
Über Johnnys Körper rann ein Schauer. Er hatte gedacht, allein auf dem Friedhof zu sein.
Jetzt musste er seinen Irrtum erkennen, und es war eine fremde Stimme, die er hinter sich gehört hatte.
Fremd und neutral…
Der Engel?
Er drehte sich um.
Der Blick nach vorn!
Ja, genau dort stand die Totengestalt!
***
In diesen Momenten wünschte Johnny sich, die Abgeklärtheit
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