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1376 - Die Werber des Hexameron

Titel: 1376 - Die Werber des Hexameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Opferbereitschaft doppelt."
    Er hielt mit triumphierender Geste das rote Gewand in die Höhe. Durch die Zuschauerreihen lief ein anerkennendes Gemurmel, während Shallun fast unhörbar stöhnte. „Shaa pak Jhiakk hat sich zum Dienst eines Wasserträgers entschlossen. Fortan wird er dies Gewand tragen und stets einen Wasserbehälter bei sich führen. Kein Wesen wird seiner Kraft und Schnelligkeit gewachsen sein, ob Gläubiger Ader Ungläubiger. Und irgendwann, an einem fernen Tag, wird er im Kampf für die rechte Sache sein Leben lassen."
    Der Prior trat vor, nahm Shaa schweigend die Kutte ab und legte ihm dafür das rote Kleidungsstück an.
    Jetzt war sein Bruder ein Roter, das begriff Shallun mit schmerzhafter Klarheit. Es würde kein Vertrauen mehr zwischen ihnen geben, nicht einmal mehr Kontakt als unbedingt notwendig.
    Nun kam er an die Reihe. Die Kutte glitt zu Boden, und der Vorsteher bedeckte Shalluns Blöße mit einem neuen Gewand in Khaki-Beige. Auf dem Brustteil war das Symbol des Hexameron eingestickt: eine aufgehende, gelbe Sonne mit Strahlen, deren Länge von links nach rechts zunahm. Er hätte es am liebsten abgerissen.
    Aber was änderte sich nun? Vielleicht gar nichts... Das Leben ging weiter. Shallun warf Shaa einen verstohlenen Blick zu. Sie hatten ihn ja nicht gezwungen, gewiß nicht. Im Gegenteil hatte sich Shaa vom Wasser einerseits und von der Aussicht auf religiöse Achtung andererseits locken lassen.
    Sein weiterer Weg war vorgezeichnet.
    Shallun fragte sich nun, was ihm selbst bevorstand. Wie lange konnte er seinen Artgenossen Festigkeit im Glauben vortäuschen? Und sollten sie je erfahren, daß er im Herzen ein Abtrünniger war, was dann?
    Eines jedoch beschloß er: Er wollte den Zeitpunkt möglichst weit hinausschieben.
     
    *
     
    In den folgenden Wochen übernahm Shallun die gleichen Arbeiten, die er während der Zeit vor der Priesterweihe verrichtet hatte. Er fand nur selten Gelegenheit, über seine Zukunft nachzudenken. Ein paar Tage lang organisierte er den Gleiterverkehr zwischen Jhiakk und Nemees, seiner alten Heimat, und war von morgens früh bis abends spät in Arbeit verstrickt. In erster Linie brachte der neue Status also neue Verpflichtungen.
    Zwischendurch hatte er lange in Jhiakk zu tun; man setzte ihn erstmals zur Gewinnung von Ponaa ein.
    Die milchiggrüne Flüssigkeit füllte das Lymphsystem des Berges. Sie diente als Mittlerelement zwischen seinem semimineralischen Hirn und allen übrigen Körperfunktionen - in erster Linie die Nahrungsrechen an der unteren Fläche und die organischen Rotoren, deren Wind den Berg oben hielt und den Rechen Sandmaterial zuführte.
    Shallun und ein paar Helfer schlugen mit Vibratoräxten dünne Schneisen in den Berg, und mit etwas Glück und gutem Gehör trafen sie eine Ader, der sie Ponaa abzapfen konnten. Aber man durfte den Berg nicht ausbluten. Er wäre gestürzt und hätte sich nie wieder erhoben. Deshalb verschlossen sie die Wunde stets mit Geröllmaterial und Staub, bis der Strom versiegt war.
    Zweimal kamen Hauri um - denn es gab Adern, die statt Ponaa säurehaltige Flüssigkeit führten. Wer davon getroffen wurde, hatte wenig Überlebenschancen. Shallun sah ein Prinzip natürlicher Auslese in dieser Gefahr, sie mußten eins mit dem Berg werden und seine instinktiven Reaktionen spüren, bevor sie noch wirksam wurden.
    Ein ganzes Jahr dauerte diese Phase an.
    Erst ein heißer Tag im planetarischen Sommer brachte die Wende. Kaahn klopfte an Shalluns Tür und trat in die Kammer, wo er sich gerade zur Ruhe ausgestreckt hatte. „Wir haben einen neuen Aufgabenbereich für dich", sagte der Priesterlehrer. „Du wirst Pilot in einem unserer Trimer. Bislang hast du gefährliche und schwere Arbeit verrichtet. Diese Schule hat dich zu einem zäheren und reaktionsschnelleren Hauri gemacht, als es die meisten unseres Volkes sind. Bevor wir dich in die Galaxis hinausschicken, hast du allerdings einiges nachzuholen. Dazu gehört auch die Ausbildung in Raumschiffen."
    Von einem Tag auf den nächsten fand sich Shallun an Bord eines Trimers wieder. Sein Kommandant, ein Berggeborener namens Trarh pak Tiil, ließ ihm wenig Ruhe. Aber Shallun hatte sich während langer Ausbildungsjahre in Jhiakk mehr angeeignet als mancher Techniker, und so fiel der Anpassungsprozeß leichter als erwartet. Drei Jahre später galt er als voll ausgebildeter Trimerpilot. Er absolvierte Frachtflüge als Kommandant, als Hilfsmaschinist und kreuzte als Dritter Offizier einmal

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