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1377 - Der rote Hauri

Titel: 1377 - Der rote Hauri Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Sonnenpaar Usha und Allu schon am Himmel. Er schob die Thermodecke beiseite, die ihn trotz bitterer Nachtkälte warm gehalten hatte, und erhob sich ausgeruht. Shallun war nirgendwo zu sehen. Doch Rhodan machte sich keine Sorgen darum, denn der Hauri war in diesem Terrain zu Hause - ihm würde nichts geschehen sein.
    Er nahm ein paar Konzentratwürfel zu sich. Zum Glück hatte er ja gewußt, daß Schwierigkeiten bevorstanden, und sich deshalb die Taschen mit konzentrierter Nahrung vollgestopft. Anschließend ließ er das Ventil des Fünfzigliterkanisters aufschnappen und trank langsam, aber ausgiebig. „Shallun!" rief der Terraner gedämpft. In der Luft lag ein entferntes Summen, das er nicht zu deuten wußte. „Ich bin wach, Shallun! Wo bist du?"
    „Hier drüben, Perry Rhodan."
    Er folgte der tiefen, sonoren Stimme auf die Spitze des nächstgelegenen Hügelkamms. Dort saß der Hauri verborgen zwischen zwei Steinbrocken und schaute angestrengt nach Osten. Rhodan entdeckte herzlich wenig, abgesehen von einer langgestreckten Bergkuppe, die inmitten der flachen Hügellandschaft deplaziert wirkte und offenbar Shalluns Beobachtungsobjekt war. Gleichzeitig gewann das Summen allmählich an Lautstärke. „Das ist Nemees, Fremder."
    Rhodan erinnerte sich. Er hätte vorher darauf kommen müssen, dachte er verdrossen, weil die Indizien keine zweite Deutung zugelassen hatten. Die Bergkuppe war ein Priesterberg. Das Gebilde bewegte sich ungemein langsam vorwärts, mit weniger als einem Meter pro Sekunde. „Ich bin in diesem Berg aufgewachsen", sagte der Hauri. In seiner Stimme lag ein merkliches Zittern. „Seltsam, was der Anblick in mir verursacht ... Ich fühle mich schuldig, Perry Rhodan, kannst du das verstehen?"
    „Ein wenig", gab der Mann mit rauher Stimme zurück. Wenn er sprechen wollte, brauchte er mehr Feuchtigkeit. „Ich stelle mir vor, daß meine alten Lehrer jetzt in Nemees vor eine Klasse von Novizen oder Kindem treten und ihnen klarmachen, was ich getan habe. Das ist ein Hirngespinst, natürlich, ich weiß es genau. Trotzdem kann ich nichts dagegen tun, weil ich der Lage seelisch so schlecht gewachsen bin. Und nie im Leben hätte ich gedacht, dies je einem Fremden zu erzählen."
    „Wir sind uns ähnlicher, als du denkst, Shallun."
    Der Hauri wandte erstmals den Kopf und sah Rhodan voll an. Seine trokkene, lederartig braune Haut umspannte einen Totenschädel, dessen Augen tief in den Höhlen lagen. Auch er selbst war in einem steten Lernprozeß begriffen, dachte der Mann; er paßte Erkenntnisse und Wünsche der Realität an und gewann dabei ebenso, wie er verlor. Der Hauri jedoch hatte zuviel verloren. Von seinem Weltbild war nichts mehr übrig. „Ahnst du, was ich von dir will, Perry Rhodan?"
    „Du willst genau wie ich Informationen, richtig?"
    „So ist es. Mein Leben lang haben rnir Hauri gesagt, was richtig und falsch, was gut und was böse ist. Und nun sollst du mir berichten, wie du den Kosmos erlebt hast. Wie sieht es aus in Hangay? Was denken andere Völker von einem wie mir? Und welche Bedeutung kommt dem Willen des Hexameron tatsächlich zu frage ich."
    „Meine Antworten enthalten einen persönlichen Standpunkt", gab Rhodan zu bedenken. Er fürchtete, daß sich Shallun zu Unrecht eine allgemein gültige Wahrheit erhoffte - die konnte niemand liefern, selbst er mit all der Weisheit aus mehr als zweitausend Lebensjahren nicht. „Du bekommst nur eine andere Sichtweise der Dinge zu hören."
    „Ich wäre dumm, wollte ich mehr."
    In drei oder vier Kilometern Entfernung zog gemächlich Nemees vorbei. Vom äußeren Erscheinungsbild her fühlte sich Rhodan an die Marschiere-Viel von Last Hope erinnert, doch weitergehende Ähnlichkeit existierte nicht. Wie hatten Geschöpfe wie die Priesterberge überhaupt entstehen können? Der Schöpfungsmechanismus der Natur arbeitete niemals ohne Grund.
    Shallun wandte sich ab und stieg hinunter zum Lager. Rhodan folgte unmittelbar; er hätte den Berg zwar noch stundenlang so anstarren können, jedoch lag sein augenblickliches Problem anders. Er wollte dem Hauri nicht nur Auskunft geben, sondern ihn nebenher veranlassen, auch weiterhin Hilfe zu leisten. „Laß uns systematisch beginnen", schlug Rhodan vor, als sie einander gegenüber auf dem Boden saßen. Er hatte ein paar Schlucke Wasser genommen und fühlte sich trotz aufkommender Hitze imstande, mehr als ein paar Worte ohne kratzenden Hals zu sprechen. „Bist du vertraut mit der Theorie paralleler Universen?

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