1380 - Blonder Satan Cynthia
auf ein Bild, das als Aquarell an der Wand hing und eine Sommerwiese zeigte. Das Motiv sollte dem Betrachter einen positiven Eindruck vom Leben vermitteln.
Mir gab es keinen Trost. Ich befand mich in einem Zustand der seelischen Apathie. Ich wollte nicht denken, ich konnte es auch nicht. Ich war froh, atmen zu können, und spürte hinter dem Pflaster das leichte Tuckern in der Wunde.
Okay, es erinnerte mich daran, was ich erlebt hatte. Das jedoch war alles so weit weg. Daran wollte ich nicht mehr denken, zumindest jetzt nicht. Dass das Feld nicht geerntet war, lag auf der Hand, nur war es schwer und fast unmöglich für mich, da wieder einen Anfang zu finden. So blieb ich weiterhin ein Gefangener der eigenen Gefühle.
Mittlerweile hatte sich eine Trockenheit in meinem Hals ausgebreitet, die es zu bekämpfen galt. Wasser befand sich noch genügend in der Flasche.
Auf ein Glas hatte ich bisher verzichtet. Ich trank auch diesmal direkt aus der Flasche.
Ich hatte sie kaum wieder auf den Tisch gestellt, als ich das Klopfen hörte.
Auch Suko hatte es vernommen. Gespannt blickte er zur Tür. Ich stand da wie eine Statue aus Eis und schaute zu, wie die Tür langsam aufgezogen wurde.
Eine Krankenschwester stand auf der Schwelle. Ich versuchte an ihrem Gesicht zu lesen, welche Nachrichten sie uns wohl überbringen würde. Da war nichts zu machen. Die ungeschminkten Lippen der etwas 40-jährigen Frau zeigten ein neutrales Lächeln.
»Wenn Sie jetzt bitte kommen würden, meine Herren…«
Klar würden wir kommen, aber zuvor musste ich noch meine Frage loswerden. »Wie geht es der Patientin?«
Das Lächeln blieb, und die Antwort klang ebenfalls neutral. »Das wird Ihnen Professor Hellman selbst mitteilen.«
Ich ließ nicht lockern. »Aber können Sie nicht…«
»Nein, Sir, das ist mir nicht gestattet.«
Suko drückte mir seine Handfläche gegen den Rücken. »Lass gut sein, John, wir gehen.«
Ja, das taten wir. Ich bewegte mich auf die Tür zu. Die Schwester hatte mir Platz gemacht, was mir gar nicht richtig bewusst geworden war. Ich hatte das Gefühl, neben mir selbst herzugehen, weil ich die normale Welt kaum noch zur Kenntnis nahm.
Wie jemand, der zu seiner eigenen Hinrichtung schritt…
***
Es war etwas, das Cynthia Black nicht begreifen konnte. Worüber sie auch nicht nachdenken wollte. Sie hatte es gesehen, es war eine Tatsache, aber sie wollte nicht über den Vorfall nachdenken. Sie wollte ihn nur als eine Erinnerung ansehen und setzte darauf, ihn so schnell wie möglich zu vergessen.
Aber das Bild der Detektivin wollte nicht weichen. Wie sie auf dem Boden lag und sich nicht mehr bewegte. So wie sie sahen Tote aus, und so ging Cynthia davon aus, dass Jane nicht mehr lebte und vor ihren Augen umgebracht worden war.
Irgendwann hatte sie den Wagen verlassen und war in die Dunkelheit der Nacht gerannt. Einfach nur weg. Sie wollte niemand und nichts mehr sehen, was sie noch an den Fall hätte erinnern können.
In ihrem Kopf drehte sich alles. Eigene Gedanken und Vorsätze zu fassen, das fiel ihr schwer, und es glich wirklich einem Zufall, dass sie in der Dunkelheit ihren Wagen fand.
Beinahe wäre sie noch gegen den kleinen Ford K gelaufen. Im letzten Augenblick bremste sie ihren Lauf ab. Sie musste sich erholen und begriff nur allmählich, dass ihr tatsächlich die Flucht gelungen war. Nur die beiden Ringe an den Handgelenken erinnerten daran, was passiert war.
Glücklicherweise hatte die Detektivin sie nicht durchsucht und ihr den Autoschlüssel abgenommen. So konnte sie den vier Jahre alten Ford öffnen und sich in den Sitz fallen lassen.
Dort schloss sie die Augen. Noch immer fiel es ihr schwer zu glauben, dass sie es geschafft hatte. Aber sie brauchte nur über das Lenkrad zu streichen, um zu wissen, dass sie noch lebte und sich nicht im Reich des Todes befand.
Luftholen. Ruhe bewahren. Das Innere wieder ins Gleichgewicht bringen. Es fiel ihr verdammt schwer, denn die innere Stimme sagte ihr, dass sie an einem Punkt angelangt war, an dem ihr Leben eine radikale Wende bekommen hatte. Nichts würde mehr so sein wie noch am gestrigen Tag, das wusste sie. Cynthia hatte etwas Grauenvolles und zugleich Unerklärliches erlebt, und es würde verdammt lange dauern, bis sie es verkraftet hatte. Ob das je eintreten würde, war die Frage.
Cynthia Black schrak zusammen, als ihr klar wurde, dass sie noch immer in ihrem Auto saß. Und das nicht weit von diesem verfluchten Haus entfernt.
Sie wollte und sie musste
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