1380 - Blonder Satan Cynthia
weg. Sie wollte zu ihrer Truppe, zu ihren Freunden, mit denen sie über Land zog. Noch für die Dauer von einer Woche war das Zelt aufgebaut, in dem sie mit ihren Freunden auftrat und waghalsige Nummern vorführte. Danach kamen die spätsommerlichen und frühherbstlichen Jahrmärkte, und dort hatten sie den größten Zulauf.
Sie war die Frau auf dem Hochseil. Hätte man sie jetzt darum gebeten, so etwas zu tun, sie hätte glatt abgelehnt, denn sie zitterte wie Espenlaub. Und wie es nächsten Abend aussah, darüber wollte Cynthia jetzt nicht nachdenken.
Es war ihr kaum aufgefallen, dass sie den Motor gestartet hatte.
Wenig später rollte der Wagen an und verließ den schmalen Feldweg, auf dem sie geparkt hatte.
Sie musste ihn bis zum Ende durchfahren, um dort auf eine schmale Straße zu treffen, die sie weiterbrachte zu ihrem Ziel.
Sie fuhr schnell und mutete dem kleinen Auto so einiges zu. Der Ford hüpfte über den unebenen Boden, während sie geduckt hinter dem Lenkrad hockte, das sie mit beiden Händen hart umklammert hielt.
Die Ringe an den Gelenken störten sie nicht, auch wenn sie hin-und herschaukelten. Es würde sich schon eine Möglichkeit finden, sie zu lösen.
Das Zelt stand auf einer großen Wiese am Rand einer Ortschaft, die noch zu London zählte. Es war ein guter Platz, denn in der Nähe stand eine aus vier Hochhäusern bestehende Siedlung, in der zahlreiche Menschen lebten, die sich nach Abwechselung sehnten.
Die Eltern kamen mit ihren Kindern, und sie besuchten nicht nur die Artistengruppe, sondern auch die kleinen Fahrgeschäfte und Buden, die eben zu einer Kirmes dazugehören.
Um diese Zeit war der Platz menschenleer. Dass überhaupt jemand hier in der Nähe lebte, bewiesen die hohen Bauten, in denen auch jetzt noch zahlreiche Fenster erhellt waren.
Cynthia Black bog von der Umgehungsstaße ab und rollte über einen Feldweg ihrem Ziel entgegen. Die Wohnwagen und Wohnmobile standen ein wenig abseits, und auch sie waren nicht ganz dunkel. Hinter einigen Fenstern schimmerte Licht, das bläulich flackerte, weil es von eingeschalteten Fernsehern herrührte.
Ihr Wohnmobil stand an der Seite. Der Ford gehörte ihr nicht. Er befand sich im Besitz der Allgemeinheit. Wer ihn brauchte, konnte ihn sich nehmen.
Die Artistin stellte ihn wieder auf den dafür vorgesehenen Platz und stieg aus. Sie merkte, wie weich ihre Knie noch waren. Sich am Wagen abstützend, schaute sie sich um. Sie befand sich in einer Zwickmühle. Da war nicht nur die grauenhafte Bluttat, deren Zeugin sie geworden war, sondern auch das, was zuvor geschehen war.
So schlimm der Mord an Jane Collins auch war, er war irgendwie erklärlich. Nicht jedoch das, was ihm vorausgegangen war. Die Szenen im Haus würde sie nie in ihrem Leben vergessen, und sie hatte Angst davor, so etwas Unheimliches noch einmal miterleben zu müssen.
Man würde ihr auf den Fersen sein, und auch Sinclair, der Polizist, würde nach ihr suchen. Deshalb dachte sie daran, zu fliehen.
Niemand etwas sagen, sich einfach nur ins Wohnmobil setzen und wegfahren.
Es war ein kleines Gefährt der Marke Fiat. Sie hatte es gebraucht erworben. Wichtig war für sie nur gewesen, dass es im hinteren Raum eine Toilette und eine Dusche gab.
Eine winzige Küche mit einem kleinen Kühlschrank, eine Sitzbank mit Tisch davor und zwei festgeschraubte Hocker und ein Bett vervollständigten die Einrichtung.
Das Bett war für zwei Menschen gedacht. Die jedoch hatten beim Schlafen schon eng zusammenrücken müssen, so schmal war es.
Das Wohnmobil war für Cynthia stets ein Ort der Entspannung gewesen. Eine Welt für sich, in der sie sich auch nicht gern stören ließ. So empfing sie Besucher hier nur selten, und eine Beziehung mit einem Mann war sie bereits seit Monaten nicht mehr eingegangen. Wer sie liebte, der musste sich auch mit ihrem Job abfinden, und das taten die wenigsten Männer, denn Cynthia war stets unterwegs, von einem Ort zum nächsten.
Sie litt noch immer unter ihrer Furcht, als sie ihre kleine Wohnstätte betrat. Sie war auf alles gefasst, und sie atmete auf, als sie sich im schwachen Licht umschaute und feststellte, dass sie allein war. In der winzigen Dusche hatte sich auch niemand versteckt.
Sie setzte sich auf das Bett, schlug die Hände gegen ihr Gesicht und versuchte, so etwas wie Ruhe zu finden.
Dass sie geflohen war, half ihr nicht weiter. Man war ihr auf die Spur gekommen. Scotland Yard war der Arbeitgeber dieses John Sinclair, und der würde sie
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