1381 - Wanderer zwischen den Welten
Rundblick.
Auch durch die Scheibe in den Nebenraum.
Alles war normal. Innerhalb des Zimmers und auch bei der Patientin. Das Licht der kleinen Tischleuchte ließ Carla brennen, als sie langsam aufstand und einige Schritte ging, wobei sie merkte, dass ihre Beine schon etwas steif geworden waren. Die weichen Sohlen der hellen Schuhe dämpften die Geräusche, sodass fast kein Laut zu hören war.
Carla durchschritt das Zimmer. Auf ihrer sonst glatten Stirn lag ein Muster aus Falten. Bei ihr ein Zeichen, dass sie konzentriert nachdachte.
Es hatte sich in ihrer Umgebung nichts verändert, was sie mit den eigenen Augen sah, und trotzdem glaubte sie daran, dass hier etwas passiert war. Sie fühlte sich unwohl.
Immer wieder strich eine unsichtbare Hand über ihren Rücken hinweg. Sie schien nur aus Knochen zu bestehen, die auf der Haut eine Gänsehaut hinterließen.
Warum passierte das?
Carla ging weiter. Ihre Blicke waren angespannt, sie fühlte sich alles andere als gut. Ob es an der spannenden Geschichte lag, dass sie so etwas erlebte?
Daran konnte sie nicht glauben. Sie hatte schon sehr viele dieser Romane gelesen und sich auch bei einsamen Nachtwachen immer in Sicherheit gefühlt.
Die vierte oder fünfte Runde lag hinter ihr, als sie neben ihrem Stuhl stehen blieb. Das dunkle Leder der Sitzfläche war noch immer eingedrückt, das Buch lag auch auf dem Tisch und…
Plötzlich hatte sie das Gefühl, als würde ein schriller Laut schmerzhaft durch ihr Gehirn sirren. Was Carla da entdeckte, sorgte für einen Angststoß in ihrem Innern.
Zwar lag das Buch noch an derselben Stelle, nur war es herumgedreht worden, und sie wusste genau, dass sie es nicht getan hatte.
»Das ist doch nicht wahr!«, flüsterte sie. »Das… das … ist einfach der helle Wahnsinn …«
Carla wollte es nicht glauben. Etwas sträubte sich in ihrem Kopf dagegen, aber es blieb eine Tatsache. Das Buch lag nicht mehr, so wie sie es hingelegt hatte.
Noch einmal ging sie die letzten Minuten durch und musste sich eingestehen, dass sie das Buch nach dem Aufstehen wirklich nicht berührt hatte.
Was also tun?
Alles so hinnehmen oder sich fragen, ob sie wirklich noch bei vollem Verstand war?
Hier befand sie sich nicht in einer Nervenklinik. Hier gab es keine Geister oder etwas Übersinnliches, hier herrschte das normale Leben, auch wenn etwas passiert war, für das sie keine Erklärung hatte.
Sie blieb stehen und wunderte sich noch immer über ihr Verhalten. Es war… es war …
Etwas war da!
Etwas berührte sie.
Und dann hörte sie die Stimme.
»Gleich bist du tot…«
***
Norma hatte ihrem Hass freie Bahn gelassen, und jetzt nahm sie wohl an, dass wir klein beigeben würden. Es war erschreckend, dass sie sogar als normaler Mensch voll und ganz auf das Böse baute und ihm voll vertraute.
Aber sie besaß auch eine Rückendeckung, und die war Alain, den es zweimal gab, und leider auch Cynthia, wobei die echte sich bei uns aufhielt, noch immer an ihrem Platz saß und so schaute, als könnte sie das alles nicht fassen.
Teresa hatte den Ausbruch ebenfalls abgehört. Sie war seltsam bleich geworden und bewegte sich von Norma so weit weg wie möglich.
»Wie kann man nur so etwas sagen und es auch so meinen? Wie kann man nur so schlecht sein?«
»Sie Welt ist schlecht, Alte!«
»Nein, das ist sie nicht. Es sind nur wenige Menschen wirklich schlecht. Aber die fallen leider immer wieder auf und werden hochgeputscht.« Sie trat mit dem Fuß auf. »Ich kann ihre Nähe nicht ertragen! Ich möchte jetzt gehen!« Sie schaute mich auffordernd an, und ich wusste nicht, was dagegen sprach.
»Gut, Teresa, gehen Sie.«
Der Frau warf Norma noch einen letzten Blick zu, und es sah so aus, als wollte sie vor ihr auf den Boden spucken. Dann ging sie zur Tür, wo Suko wie ein Felsen stand und wartete. Er öffnete die Tür, um Teresa gehen zu lassen. Die Chance wollte Norma nutzen. Mit einem langen Schritt trat sie vor, vereiste aber, weil Suko streng den Kopf schüttelte.
»Auch dich werden wir fertig machen!«, flüsterte sie. »Dich und deinen verdammten Kumpan.«
Damit war ich gemeint, und ich meldete mich auch sofort.
»Du kannst gehen, Norma. Sofort, aber nicht allein, und das weißt du genau!«
Sie drehte sich um. »Du willst wirklich mit?«
»Ja!«
»Und du weißt, auf was du dich einlässt?«
»Sicher.«
Plötzlich hatte sie ihre Meinung geändert. »Ja, verdammt, dann komm und lauf in dein Unglück.«
Das hatte ich zwar nicht vor, doch dass
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