1381 - Wanderer zwischen den Welten
weiter. Das war sie gewohnt. Er sagte nichts in dieser Richtung, sondern schaute sie nur fragend an.
»Wohin möchten Sie?«
»Zu Jane Collins.«
Der Mann hob die Augenbrauen. »Oh, ich weiß nicht, ob ich das um diese Zeit zulassen kann…«
»Sie können!«, erklärte Justine hart.
»Bitte?«
»Sie können!«, wiederholte sie.
»Nein, ich muss Professor Hellman…«
Justine ließ ihn nicht ausreden. Auf gut Glück fragte sie. »Liegt Miss Collins in der ersten Etage?«
»Ja, dort…«
»Danke!«
Den Schlag sah der Mann nicht kommen. Die Faust wischte heran, dann explodierte etwas an seinem Kinn. Die berühmten Sterne blitzten vor seinen Augen auf, und bevor er zu Boden fiel, fing die Blutsaugerin ihn ab. Sie zerrte ihn hinter die Rezeption und ließ ihn dort liegen, wo er nicht so rasch entdeckt werden konnte.
Abermals überkam sie die Gier nach einem Bluttrunk. Auch jetzt riss sie sich zusammen. Jane Collins war für sie einfach die wichtigere Person.
Die erste Etage.
Vorbei an einem runden Tisch mit einer großen Blumenvase darauf lief sie lautlos auf eine Treppe zu. Innerhalb der Klinik herrschte die nächtliche Stille. Sie wurde von der Cavallo hingenommen und nicht als bedrohlich angesehen.
Jane hatte ihr am Telefon berichtet, dass sie auf der Intensivstation lag.
Genau dort wollte Justine hin…
***
Die Stimme! Gott, die Stimme!
Sie war echt. Keine Einbildung. Jemand hatte zu ihr gesprochen und sie mit dem Tod bedroht. Und es war die Stimme einer Frau gewesen, was die Lage für Carla allerdings nicht entschärfte.
Sie sah keinen. Sie hatte keinen das Wachzimmer betreten sehen, und doch war jemand da. Das Buch lag nicht mehr so an seinem Platz, wie sie es hingelegt hatte. Und jetzt die Drohung.
Sie holte Luft und spürte das innerliche Zittern. Die Angst drückte bei ihr einiges zusammen, und sie hatte den Eindruck, als würden unsichtbare Hände ihr Herz zusammenquetschen, sodass es große Mühe hatte, überhaupt zu schlagen.
Für eine Weile stand sie auf dem Fleck, bis sie sich zu einer Drehung zwingen konnte. Sehr langsam geschah dies, und sie rechnete jeden Augenblick damit, attackiert zu werden.
Sicherheitshalber ging sie noch nach vorn, und als sie sich einmal um die eigene Achse gedreht hatte, sah sie nichts.
»Das ist doch nicht wahr!«, hauchte sie. »Das… das … kann ich nicht glauben.«
»Doch, das musste du glauben.«
Sie schrie, drehte sich wieder nach rechts und schaute jetzt gegen die Glaswand.
Dort stand sie.
Es war eine fremde Person, aus dem Nichts war sie erschienen, und Carla fragte sich nicht, wie das überhaupt passieren konnte.
Der Anblick der Fremden nahm sie einfach zu stark gefangen.
Eine wilde blonde Mähne umrahmte ihren Kopf. Jedes Haar schien zu knistern, und zwischen den einzelnen Strähnen schienen Funken zu wandern.
Carla wusste nicht, was sie denken sollte. Sie stand mit offenem Mund vor dieser Erscheinung und glaubte, von elektrischem Strom durchflossen zu werden.
Hinter ihrer Stirn hämmerte es. Der Schweiß sickerte aus jeder Pore. Sie war zu geschockt, um überhaupt etwas tun zu können, und erst beim zweiten Hinschauen fiel ihr etwas auf.
Die Blonde hielt etwas in der rechten Hand. Mit einer Hälfte schaute es aus ihrer Faust hervor.
Ein Messer!
Carla zitterte jetzt auch äußerlich, und in ihr stemmte sich das Wissen darüber hoch, dass sie es nicht schaffen würde, dieser Klinge zu entgehen. Die Blonde war gekommen, um sie zu töten.
»Wer… wer …?«
»Nicht fragen, Schwester, nicht laut fragen…«
Bei dieser Antwort ging Cynthia Black vor, und sie musste nur zwei Schritte gehen.
Aus der Bewegung hervor stach sie zu!
Carla Gallego konnte es auch dann noch nicht fassen, als der Stahl bereits in ihrem Körper steckte. Als sie an sich herabschaute, sah sie den Griff.
Dann erreichte sie der Schmerz. Ihn zu beschreiben, war unmöglich. Die Krankenschwester erlebt ihn zum Glück nicht lange.
Noch während sie stand, hörte ihr Herz auf zu schlagen.
Genau das hatte ihre Mörderin gewollt. Sie fing die fallende Person auf. Danach bettete sie die Leiche in den toten Winkel, damit sie vom Nebenzimmer nicht durch die Glasscheibe entdeckt werden konnte.
Sie selbst stieß einen zufriedenen Knurrlaut aus und schraubte sich in die Höhe.
Wichtig war für sie der Blick durch die Scheibe!
Ein Krankenzimmer, ein Bett – und eine bewegungslos darin liegende Jane Collins.
Alles war perfekt!
Cynthia Black lächelte kalt, bevor sie sich
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