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1385 - Die Materiewippe

Titel: 1385 - Die Materiewippe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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einem Kilometer. Den Abstand zwischen je zwei Ringen schätzte Bull auf 300 Meter. Die Gebäude waren lückenlos aus einem grauen Material aufgeführt, das an Eintönigkeit der Farbe mit dem regnerischen Himmel wetteiferte. In den Mauern befanden sich nur wenige, unregelmäßig verteilte Fensteröffnungen. Reginald Bull konnte von seinem Standort aus nicht erkennen, welchem Zweckdie knapp 100 Meter hohen Bauwerke dienten. An anderen Orten im Tal herrschte reger Fahrzeug- und Fußgängerverkehr. In der Gegend der Gebäuderinge war jedoch alles still.
    Im Zentrum des Ringsystems hatten die Hauri einen künstlichen Berg errichtet. Er war oben abgeplattet, und auf der Platte standen sechs trichterförmige Gebilde. Bull war nicht in der Lage, mit bloßem Auge Einzelheiten zu erkennen. Deswegen schloß er den Helm seiner Montur und trug dem Pikosyn auf, eine Vergrößerung zu produzieren. Da sah er, daß die Trichter sich auf zylindrischen Sockeln erhoben. Trichter und Sockel waren aus einem hellrot schimmernden Material gefertigt und an den Eckpunkten eines regelmäßigen Sechsecks angeordnet, dessen größter Durchmesser knapp vierhundert Meter betrug. Die Höhe der Trichter samt Sockel schätzte Bull auf etwas mehr als 150 Meter. Am oberen Rand besaßen die Trichter einen Durchmesser von zirka achtzig Metern.
    Sechs Gebäuderinge, sechs Trichter. Die Zahl Sechs war für die Jünger des Hexameron von magischreligiöser Bedeutung. Die Anlage dagegen, die das Zentrum des Tales beherrschte, besaß eindeutig technische Funktion. Wenn Magie, Religion und Technik sich miteinander vermengten, dann kam stets etwas Bedenkliches dabei heraus, und Mißtrauen war angebracht. Das war Reginald Bulls Meinung, deren Richtigkeit er während seines langen Lebens oft bestätigt gesehen hatte.
    Am gegenüberliegenden, nördlichen Rand des Talkessels erhob sich ein verschachtelt wirkender Gebäudekomplex, der eine Fläche von gut zwei Quadratkilometern beanspruchte. Er wirkte, ebenso wie die sechs Gebäuderinge, düster und abschreckend, und Bull gewann auf intuitive Weise den Eindruck, der Komplex müsse mit den Ringen und den sechs Trichtern in direktem Zusammenhang stehen.
    Zur linken Hand, im Nordwesten, standen zwanzig langgestreckte, barackenähnliche Bauwerke. Dabei handelte es sich ohne Zweifel um die Wohnquartiere der Hauri. Durch die Vergrößerung identifizierte Reginald Bull einige Parkplätze, auf denen Hunderte von kleinen Gleitfahrzeugen abgestellt waren.
    Südlich an die Barackensiedlung schloß sich ein kleinerer Gebäudekomplex an, in dem Labors, Rechenanlagen und Kommunikationszentren untergebracht sein mochten. Eine fremdartig konstruierte Hyperantenne war halb in die westwärts aufstrebende Felswand eingebaut.
    Die südliche Hälfte des Talkessels diente den Jüngern der Sechs Tage als Raumhafen. Zwei Kampfschiffe vom Typ LIBELLE waren hier abgestellt. Zweifellos hatten auch die fünf Fähren ihren Standort hier im Tal. Aber es mußte auf Ashkalu mindestens noch einen weiteren, größeren Raumhafen geben. Irgendwo mußten die 56 übrigen Kampfschiffe gelandet sein. Das Tal hatte keinen Platz für sie.
    Nachdenklich ließ Reginald Bull den Blick über die weite Fläche des Tales wandern. Die sechs Trichter im Zentrum des Kessels hielt er für Abstrahlvorrichtungen. Sie projizierten die Energie, die die Materiewippe für ihre Tätigkeit benötigte. Die sechs Gebäuderinge mochten für die Energiegewinnung zuständig sein.
    Man wußte, daß die haurische Technik das Prinzip der Anzapfung eines energetisch höher angeordneten Parallelkontinuums kannte, daß jedoch in der Praxis die Zapftechnik der Hauri, was den Wirkungsgrad anging, weit hinter der Hypertrop-Methode herhinkte. Die trübgrauen Gebäuderinge mit ihren wenigen Fenstern mochten sehr wohl die für die Energiezapfung benötigten Maschinen und Gerätschaften beherbergen.
    Also, wo ist dein Problem? fragte er sich. Du bist hierhergekommen, um die Materiewippe außer Betrieb zu setzen. Nichts leichter als das, meinst du nicht auch? Gucky vermint die Gebäude und deponiert in jedem Trichter eine Bombe. Mehr ist nicht erforderlich. Sobald du weißt, daß die CIMARRON bereitsteht, läßt du die ganze Sache hochgehen.
    Sein Selbstgespräch war von bitterer Ironie erfüllt. Er hatte das verräterische Schimmern und Glitzern längst bemerkt, das hier und da - je nachdem, wie die Lichtverhältnisse oder der Blinkwinkel waren - über dem Komplex der sechs Gebäuderinge

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