1387 - Signale der Vollendung
Gucky. „Vielleicht kannst du mich telepathisch unterstützen, von Sidichum Informationen zu bekommen." Der Mausbiber wirkte erschöpft. „Erwarte dir nur nicht zuviel", sagte er. „Ich habe seit meiner Ankunft nichts anderes getan, als die Benguel telepathisch auszuhorchen. Aber sie denken, wie sie reden. Ihre Gedanken drehen sich nur um Vollendung, die Zeit der Reife, um den Begriff Imago und die wahren Namen, bei denen sie im Augenblick der Erfüllung an diesem Ort der Freude gerufen werden - ohne sich jedoch etwas Konkretes dar unter vorstellen zu können. „ „Du hattest es bis jetzt mit Flöhen zu tun, jetzt nehmen wir uns den Elefanten vor", tröstete ich ihn.
Das Steppengras teilte sich, und Dao-Lin-H‘ay baute sich vor uns auf. „Ich werde nicht zulassen, daß ihr den Frieden Oogh at Tarkans und seines Freundes stört", sagte sie drohend und schickte uns zornige Blicke; der Strahler in ihrer Hand unterstrich ihre Entschlossenheit noch. „Wir wollen doch nur mit ihnen reden", sagte ich. „Sie haben euch nichts zu sagen", erklärte Dao-Lin. „Es gibt nichts zu bereden. Worte sind zu diesem Zeit punkt nicht mehr von Bedeutung. Sie können nichts steuern, nichts ändern und am wenigsten erklären. Ich bitte euch, Oogh und seinen Freund nicht zu belästigen." Ihre Forderung klang keineswegs wie eine Bitte. Ihre Haltung verriet, daß sie entschlossen war, ihren Willen mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln durchzusetzen. Ich verstand nicht, warum sie uns mit solcher Härte begegnete, obwohl wir Freunde waren und völlig harmlose Absichten hatten. Ihr unsinniges Verhalten machte mich wütend. Aber bevor ich aufbrausen konnte, kam mir Gucky zuvor. „Wir verlangen doch nicht zuviel, wenn wir uns mit Oogh und Sidichum unterhalten wollen", sagte er beschwichtigend. „Immerhin hat Bully Ooghs Wünschen nachgegeben und hat einen Abstecher zu diesem Planeten gemacht. Er hat ein Recht darauf, über die Zusammenhänge aufgeklärt zu werden."
„Es tut mir leid, aber Worte können nichts klären", erwiderte Dao-Lin mit gemäßigter Stimme. „Ihr müßt euch mit den Gegebenheiten abfinden, die Dinge so nehmen, wie sie sind. Oogh ist nicht in der Lage, euch irgendwelche Geheimnisse zu verraten."
„Auch mir nicht?" fragte Gucky schalkhaft. „Das eben will ich verhindern - daß du seine geheimsten Gedanken ausspionierst", sagte Dao-Lin, diesmal mit der Schärfe in der Stimme, die sie mich hatte spüren lassen. „Ich werde ..."
„Was geht hier vor?" erklang eine männliche Kartaninstimme. Gleich darauf tauchte hinter Dao-Lin eine Gestalt auf. Es war Oogh at Tarkan. Er ging aufrecht, hielt den Kopf stolz er hoben und wirkte ganz allgemein nicht mehr so hinfällig wie bei meinem Besuch auf der MAI-Kl. Er strotzte nur so vor Vitalität, als hätte er in zwischen einen Zellaktivator bekommen, der ihm neue Lebensenergie zu führte. Er machte ein finsteres Gesicht, offenbar war er verstimmt wegen der Störung. Aber als er Gucky und mich sah, erhellte sich seine Miene. „Seid willkommen an diesem Ort der Freude", begrüßte er uns, warf einen tadelnden Blick auf Dao-Lins Waffe und drückte sie zur Seite. „Wollt ihr nicht meinem benguelischen Freund und mir Gesellschaft leisten? Ich kann mir denken, daß ihr eine Menge Fragen habt, die ihr gerne stellen möchtet. Brennende Fragen, habe ich recht?
Aber erwartet euch nicht zuviel, die Antworten darauf gibt es noch nicht. Sie müssen erst... geboren werden." Oogh gestikulierte hilflos, so als sei er mit seiner Formulierung selbst unzufrieden, könne aber keine bessere finden. Er machte dann eine einladende Handbewegung und sagte zu Gucky: „Hier ist nichts raknor. Du darfst in unseren Gedanken wie in einem Buch lesen. Wir haben keine Geheimnisse."
*
Sidichum trug das gleiche einfache Gewand wie die anderen Benguel, das sich so sehr von den bunten, geschmückten Zunftkleidern unter schied, die mir Nikki per Funk präsentiert hatte. Das hatte eine Signalwirkung, als wollten die Benguel damit bekunden: Seht her, wir sind zu den einfachen Werten zurückgekehrt. Vorbei ist die Zeit der Eitelkeit, des schönen Scheins. Wir haben uns auf uns selbst reduziert, und wenn man uns bei den wahren Namen nennt, dann erst sind wir wieder wir selbst. Das mußte ich mir natürlich alles zusammenreimen, denn Sidichum dachte nicht daran, mir seine und die Lage seines Volkes, eigentlich seines Stammes, darzulegen. Er saß nur im Schneidersitz da und blickte uns
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