1391 - Die Nacht des Pfählers
möchte ich mich draußen umschauen.«
»Tu das.«
»Und ich ebenfalls«, sagte Suko, der sich sogar noch vor mir erhob.
»Aber denkt daran«, rief Marek hinter uns her, als wir schon zur Tür gingen, »Sofia gehört mir!«
»Keine Sorge, wir vergessen dich nicht…«
***
Beide Hexen hörten die Worte der Blutsaugerin, beide vernahmen sie auch das Lachen, bei beiden schrillten die Alarmglocken, und deshalb fuhren sie gemeinsam herum.
Sofia hatte sie zwar gehen lassen, sie war ihnen allerdings auf den Fersen geblieben, und jetzt malte sie sich innerhalb der Dunkelheit und dem Nebelgemisch ab wie ein starres Gespenst.
Ihre Haltung irritierte die Hexen. Sofia hielt die Arme in die Höhe gestreckt, und aus ihren Händen wuchs etwas hervor, das trotz des Nebels schimmerte.
Es war mehr der Instinkt als das Wissen, das die Hexen warnte.
Sie dachten nicht unbedingt an Messer, aber sie rechneten mit einer tödlichen Gefahr.
Nur war es zu spät, um noch zu reagieren, denn Sofia riss in diesem Augenblick ihre Arme nach unten. Dabei bewegte sie ihre Hände, und zwei Messer jagten wie silberne Blitze durch die Luft.
Sie waren perfekt gezielt, und beide Waffen schlugen als Volltreffer in die beiden Körper.
Die Klingen hatten die Herzen getroffen. Die Frauen zuckten noch einmal in die Höhe, sie drehten sich seltsamerweise in verschiedene Richtungen und schauten sich dabei gegenseitig an.
Man konnte von letzten Blicken sprechen, denn sie waren schon tot, als sie noch auf ihren Beinen standen. Ein paar Sekunden später standen sie nicht mehr. Da lagen sie auf der kalten Straße, und ihre Köpfe zeigten in verschiedene Richtungen.
Sofia war sehr zufrieden.
Das tat ihr gut. Es machte ihr auch klar, dass sie den mächtigen Vampir nicht benötigte. Sie würde auch allein zurechtkommen, und sie blieb mitten auf der Straße stehen, um erst mal abzuwarten, ob etwas passierte.
Es war nichts zu sehen und auch nichts zu hören. Die Stille hüllte sie ein, und sie verspürte den Wunsch zu lachen, was sie auch tat.
Sie ging langsam voran. Bei jedem Schritt genoss sie den erlebten Triumph.
Vor den beiden Frauenkörpern blieb sie stehen. Es gab keine Bewegung mehr bei ihnen. Die Messer hatten sie voll erwischt. Tief waren die Klingen in die Körper gedrungen. Durch den Nebel sahen die Gesichter der Toten noch fahler aus.
Sofia Milos bückte sich. Ihre Waffen wollte sie nicht in den Körpern stecken lassen. Ein kurzer Ruck reichte aus, um sie wieder frei zubekommen.
Danach dachte sie an die Zukunft. Sie fühlte sich als Siegerin, aber sie überlegte auch, was sie nun unternehmen sollte. Die leblosen Körper wollte sie nicht wegschaffen. Sie konnten auf der Straße liegen bleiben.
Einen Sieg hatte sie errungen. Nur gab sie sich damit nicht zufrieden. Sie wollte mehr. Sie wollte an die Spitze, und um das Ziel zu erreichen, musste sie ihre Rache vollenden.
Lange zu überlegen brauchte sie nicht. Das Bild des alten Mannes mit dem Pfahl entstand in ihrer Erinnerung, und so wusste sie genau, was sie zu tun hatte.
Mit einer lässigen Bewegung drehte sich die Blutsaugerin um.
Weit musste sie nicht gehen, aber sie war nach wie vor auf der Hut.
Der direkte Weg war zwar der bequemste, trotzdem schlug sie ihn nicht ein.
Es waren nur ein paar Schritte, bis sie den Rand der Straße erreichte. Diesmal befand sie sich auf der Seite, an der auch das Haus lag. Im Schutz des Nebels würde sie sich dem Gebäude nähern, um dann zuschlagen zu können.
Vor ihren Augen sah sie das Bild des Pfählers. Er hatte Dracula II überraschen können. Bei ihr allerdings würde das nicht so sein. Da drehte sie den Spieß um…
***
Bisher hatten wir nur von dieser Sofia gehört und sie nicht zu Gesicht bekommen. Wir hofften natürlich, dass sich dies ändern würde, denn das musste einfach sein. Es durfte kein Vampir frei herumlaufen, weil die Folgen einfach grauenhaft werden konnten.
Das schützende Haus hatten wir verlassen und atmeten die feuchte Nebelluft ein. Wie zwei Diebe bewegten wir uns und achteten auf unsere Instinkte.
Dass sich diese Sofia nicht so offen zeigen würde, lag auf der Hand. Sollte sie den Wald verlassen haben, dann wusste sie genau, was sie zu tun hatte.
Marina und Dunja waren vor ihrem Vampirbiss sicher. Aber eben nur davor und nicht vor ihrem mörderischen Hass. Wir kannten die Rachegelüste der Vampire. Auch Sofia würde alles daransetzen, um ihre Rache zu bekommen, davon mussten wir einfach ausgehen, und wir konnten nur
Weitere Kostenlose Bücher