1393 - Werwolf-Nacht
mal ehrlich, John, was hältst du von der Sache?«
»Ich vertraue Benny.«
»Mehr nicht?«
»Nein, und das muss ich tun, denn bisher hat sich noch nichts ereignet. Ich denke auch, dass er und seine Kollegen das Heulen von Hunden von den Lauten eines Wolfs unterscheiden können. Wenn kein Wolf aus dem Zoo ausgebrochen ist, laufen hier eher Werwölfe herum als normale. Dann haben die auch jenen Mann getötet, dessen Leiche man im Wasser gefunden hat. Sie sah schrecklich aus, und du weißt selbst, wie Werwölfe wüten können, wenn sie außer Kontrolle sind.«
»Alles richtig.« Er lachte vor sich hin. »Außerdem wird es mal wieder Zeit, dass wir uns mit den Werwölfen beschäftigen. In der letzten Zeit hat es zu viele Vampire und Hexen gegeben.«
»Das wird sich auch kaum ändern.«
Wenig später zeigte ich Suko die Stelle, an der das Boot festgetäut war. Er warf nur einen kurzen Blick darauf und monierte, dass sich Wasser darin gesammelt hatte.
»Himmel, du bist heute wieder pingelig.«
»Bin ich immer, wenn man mich aus einer warmen Wohnung treibt.«
»Du wirst alt.«
»Danke, das Kompliment gebe ich gern zurück.«
Weiter ging es. Immer parallel zum Flussarm. Die Stille blieb, die Dunkelheit auch, und so sahen wir den alten Schlepper erst recht spät. Er lag dort wie ein festgetäutes Ungeheuer und besaß so viel Gewicht, dass es die kleinen krausen Wellen nicht schafften, ihn dümpeln zu lassen. Beim Näherkommen hörten wir das leise Stöhnen. Es stammte von keinem Menschen, sondern von der Außenseite des Schiffsrumpfs, die immer leicht gegen das Ufer rieb.
Suko rieb seine etwas klammen Hände, als er stehen blieb. »Ist das ein Versteck?«
»Es könnte eines sein.«
»Und die Berber haben sich nicht getraut, dort hinzugehen. Die Angst schien tief in ihnen zu sitzen, obwohl sie noch keinen Werwolf zu Gesicht bekommen haben.«
Ich war anderer Meinung. »So einfach ist das nicht, denke ich mir. Der alte Kahn liegt zu sehr auf dem Präsentierteller. Er ist auch von der Brücke leicht zu erreichen.«
»Okay, dann schauen wir mal.«
Man konnte leicht an Bord gelangen, obwohl es keine Planke gab, die das Schiff und das Land verbarg. Ein Sprung brachte uns an Bord. Zwei dumpfe Laute erklangen, als wir mit den Füßen aufschlugen und an der Weichheit des Holzes merkten, wie morsch es inzwischen geworden war.
Es war normal, dass auf dem Schleppkahn kein Licht brannte. Dafür lagen zahlreiche Gegenstände an Bord, die nicht hierhin gehörten und die der Wind herbeigeschafft hatte.
Ich holte meine Lampe hervor, und Suko tat das Gleiche. Wir leuchteten das Deck in verschiedene Richtungen hin ab. Die Aufbauten gab es noch. Zwar sahen sie vergammelt aus, aber sie hielten, und nur das zählte wohl. Der Rumpf musste ebenfalls dicht sein, denn sonst wäre Wasser eingedrungen. Es gab keine Schräglage, und jetzt, da wir uns länger an Bord aufhielten, merkten wir auch, dass sich der Kahn leicht bewegte.
»Sollen wir in den Bauch?«
Ich hob die Schultern. »Was versprichst du dir davon?«
»Sicher ist sicher.«
»Okay, dann schau dich um. Ich bleibe hier oben.«
»Hat du Angst vor Ratten?«
»Das weniger. Nur glaube ich nicht, dass wir dort die Werwölfe finden.«
»Ich tauche mal kurz weg.«
»Tu das.«
Suko stand bereits in der Nähe des Einstiegs. So brauchte er nicht quer über das Deck zu laufen. Kurz vor dem Verschwinden winkte er mir zu und erklärte, dass der Niedergang noch völlig okay war.
Ich blieb zurück. Ich wurde eins mit der Stille und dem leises Klatschen der Wellen. Mal glitt mein Blick zu der einen Uferseite hin, dann wieder zu der anderen. Weites und flaches Land, deren Finsternis kaum von einem Scheinwerferpaar durchbrochen wurde.
Nur die Lichtglocke über London war der Hinweis auf Leben.
Das Wasser klatschte leise gegen die Bordwand. Der schwache Wind zauberte ein nur zittriges Muster auf die Oberfläche. Irgendwo in der Nähe hörte ich ein Klatschen. Wahrscheinlich hatte sich ein Fisch in diese stehende Brühe verirrt oder ein Frosch, der schnell wieder in das Nass zurücksprang.
Werwölfe!
Ich wusste nicht, ob ich den Kopf darüber schütteln sollte. Dann dachte ich wieder an Benny, der sich Sir nennen ließ, und auch daran, was er für ein harter Brocken früher gewesen war, bis er sich eben diesen Fehltritt erlaubt hatte.
Ich wünschte ihm, dass er von der Platte wegkam und wieder zurück in ein normales Leben fand. Für einen Mann wie ihn musste sich ein Platz in der
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