1394 - Die Rachehexe
werden einen Teufel tun und hier im Haus bleiben…«
Ich holte meine Handschellen hervor und winkte damit. »Zumindest werden sie es schwer haben, wenn sie hier abhauen wollen.«
»Ah ja, alles klar.«
Ich fesselte beide aneinander, die grauhaarige Hexe und jene, die Jane schon dicht bei der Eingangstür niedergeschlagen hatte. Ich verband das Hand- mit einem Fußgelenk und konnte sicher sein, dass mir die beiden Hexenweiber so leicht nicht entwischen würden.
Jane Collins lächelte. »Jetzt möchte ich nicht in ihrer Haut stecken, ehrlich.«
Ich wandte mich der Tür zu. »Bist du mit den Wests klargekommen?«
»Ja, sie haben eingesehen, dass es besser für sie ist, wenn sie verschwinden.«
»Gut.« Ich öffnete die Tür.
»Und was ist mit der Hexe, die draußen im Garten hängt?«
»Darum kümmern wir uns später.«
»Wie du meinst.«
Unser Wagen stand noch dort, wo wir ihn abgestellt hatten. Der Schnee hatte auf ihm eine weiße Haube hinterlassen, und noch immer rieselte es aus den Wolken. Der Boden war glatter geworden.
Dementsprechend vorsichtig bewegten wir uns.
Jane schlug die Tür des Leihwagens zu und schaute mich danach an. »Die Halle wartet, nicht?«
Ich nickte nur, bevor ich den Wagen startete…
***
Ob die Dämmerung schon angebrochen war oder ob der Tag sie noch hatte zurückdrängen können, das war uns nicht klar. Wir fuhren durch eine graue, sich vor uns bewegende Suppe aus Schneegriesel, der immer noch gegen die Scheiben und die Karosserie schlug. Der meiste Schnee wurde durch den Fahrtwind weggeweht, sodass wir besser schauen konnten. Die Wischer schafften das Zeug zur Seite, und das Licht der Scheinwerfer sorgte für bessere Sicht.
Ich saß hinterm Steuer und dachte nach. Dabei ging ich davon aus, dass sich die Halle allmählich füllen würde, denn bei diesem Wetter hatten die Leute bestimmt keine Lust, draußen auf den Beginn der Veranstaltung zu warten.
Ihre genaue Anzahl kannte ich natürlich nicht, aber ich wusste, dass sie ahnungslos waren. Sie würden in die Halle kommen, sie würden erwartungsvoll Platz nehmen und es würde…
Meine Gedanken hakten plötzlich. Ich war an einem Punkt angelangt, der mich schon störte oder auch verunsicherte. Ich stellte mir vor, wie die Leute in der Halle saßen und darauf warteten, dass sich einige Repräsentanten der Stadt Preston bei ihnen entschuldigten für die grauenvollen Sünden der Vergangenheit.
In der Halle würden die Nachkommen der Frauen und Männer sitzen, die damals…
Meine Gedankenkette riss.
»Verdammt«, sagte ich nur.
»Was ist denn?«
Ich stoppte den Ford und war froh, dass wir nicht rutschten. »Mir ist eben etwas durch den Kopf gegangen, Jane, und ich sehe die Dinge jetzt in einem anderen Licht.«
»In welchem?«
»Das liegt auf der Hand, wenn wir genauer nachdenken. Assunga und ihre Hexenfreundinnen werden doch nichts den Besuchern antun wollen. Da gäbe es für mich keinen Grund. Das ist alles nicht mehr nachvollziehbar. Assunga kann eigentlich davon ausgehen, dass die Nachkommen der damals hingerichteten und ermordeten Frauen und Männer nicht ihre Feinde sind und auf irgendeine Art und Weise sogar zu ihr gehören. Welchen Sinn sollte es für sie haben, diese Leute zu töten?«
Jane schaute mich nur an. Und allmählich entnahm ich ihrem Blick, das sie genau diese Schwachstelle erkannte.
»Du hast Recht, John, das bringt überhaupt nichts.«
»Eben.«
»Aber was wird sie dann tun?«
Ein kantiges Lächeln zog meine Lippen in die Breite. »Ich kann es dir natürlich nicht genau sagen, aber ich rechne damit, dass sie beweisen will, wer hier die Macht hat. Sie wird ihnen sagen wollen, dass es zu einer Abrechnung kommt oder schon gekommen ist. Da können sie die Rehabilitation vergessen. Sie wird ihre Macht demonstrieren, und sie wird versuchen, die Menschen auf ihre Seite zu ziehen und ihnen klarmachen, dass die Macht der Hexen und sie selbst überlebt haben, auch wenn die damals Getöteten nicht unbedingt Hexen oder Günstlinge der Hölle waren. Doch das ist einer wie Assunga egal. Ihr kommt es darauf an, ihre Macht zu beweisen.«
»Also Mord vor Publikum?«
»So ähnlich. Oder auch indirekt. Sie wird ihnen erklären, dass die offiziellen Vertreter dieser Stadt nicht mehr leben und andere jetzt die Führung übernommen haben.«
»Und dann?«
Ich schaute starr durch die Frontscheibe und hörte die Aufprallgeräusche der Schneekristalle.
»Du weißt es nicht, John?«
»Richtig.«
»Ich auch nicht,
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