1394 - Die Rachehexe
Hexen, die sich nicht rührten, was schon mal positiv war.
Im Flur blieb Sean West stehen. Er schaute nach unten und rief den Namen seiner Frau.
Jane Collins antwortete. »Sie können beruhigt sein, Ihrer Rosie geht es wieder gut.«
Der Bürgermeister schloss die Augen. Es war ein Zeichen der Erleichterung.
Mit mir zusammen schritt er die Stufen hinab und war froh, als er seine Frau sah. Sie stand unten und schaute uns entgegen, zusammen mit Jane Collins. Rosie Wests Gesicht war noch immer von den Tränen gezeichnet, doch als ich Jane lächeln sah, da wusste ich, dass bei ihr und der Frau des Bürgermeisters alles klar war.
Ich erklärte Jane in wenigen Worten, was anlag. Sie war damit einverstanden.
»Und was hast du vor?«
»Ich gehe noch mal zurück.«
»Nach oben?«
»Ja. Zu den beiden Hexen.«
»Okay, aber gib Acht.«
»Keine Sorge, ich bin auf alles vorbereitet…«
***
Die jüngere der beiden Hexen hatte sich erhoben. Sie saß jetzt auf dem Bett. Zum Glück hatte sie nicht an das Benzin gedacht und irgendein Feuer gelegt. Sie war einfach zu sehr durcheinander. Ich sah es daran, dass sie einige Male den Kopf schüttelte, als wüsste sie nicht, was eigentlich geschehen war.
Die Grauhaarige lag noch immer am Boden, so konnte ich mich um ihre Freundin kümmern.
Sie wirkte unscheinbar. Sehr blasse Lippen, ein schmales Gesicht.
Als sie mich sah, zuckte sie leicht zusammen und verkrampfte sich.
Sie suchte dabei mit schnellen Blicken meinen Körper ab, und ich wusste auch, wonach sie Ausschau hielt, aber das Kreuz hatte ich wieder eingesteckt.
Als sie das festgestellt hatte, veränderte sich ihr Verhalten. Sie sprang vom Bett hoch, und aus ihrem Mund drang dabei ein böses Knurren. Es lag auf der Hand, dass sie mich angreifen wollte, aber ich war schneller und riss das Kreuz wieder hervor.
Den letzten Schritt tat sie nicht mehr. Sie erstarrte mitten in der Bewegung, bevor sie sich zurückwarf und auf dem Bett landete, wo sie sich herumdrehte.
Ich hörte ihren Fluch, der in weitere Beschimpfungen überging.
Sie spie Gift und Galle und schüttelte bei jedem Wort den Kopf.
Ich blieb gelassen. »Es hat keinen Sinn, wenn du dich so aufführst. Der Sieger bin ich.«
»Nein, du…«
»Sei ruhig!«
Sie kniete jetzt und zeigte mir ihre Zähne wie ein tollwütiger Hund kurz vor der Attacke. Dabei blieb es, denn sie traute sich nicht, mich anzugreifen. Das Kreuz hinderte sie daran, davor hatte sie gehörige Angst.
Ich hörte ihren schwerem Atem. Es ging ihr nicht gut. Der Anblick musste ihr körperliche Schmerzen bereiten, und ich fragte mich, wem sie mehr zugetan war, der Schattenhexe oder dem Teufel, der ja auch durch das Kreuz in Schach gehalten wurde.
Teufel und Hexen – beides gehört seit alters her zusammen. Das kann man auf den alten Zeichnungen und Holzschnitten überprüfen. Aber wie sah das Verhältnis zwischen dem Teufel und der Schattenhexe Assunga aus?
An diese Konstellation hatte ich noch nicht gedacht, aber es war eine interessante Frage, ob die Schattenhexe ihren eigenen Weg ging, ohne von der Hölle unterstützt zu werden.
»Ich weiß, dass du das Kreuz hasst«, erklärte ich. »Das kann ich sogar verstehen. Ich werde es auch wegnehmen, wenn wir uns auf einen Kompromiss einigen.«
Ich wartete auf eine Antwort, aber die Hexe hielt sich zurück. Sie traute mir nicht. Ihre Augen bewegten sich, noch immer suchte sie nach einem Ausweg.
»Es ist doch alles ganz einfach«, sagte ich mit leiser Stimme. »Ich will nur wissen, was ihr vorhabt und wie es heute Abend ablaufen wird. Die Menschen hier in Preston haben den ehrlichen Wunsch, die Vergangenheit aus der Welt zu schaffen. Sie wissen, dass sie ein großes Unrecht getan haben. Sie bereuen es und bitten diejenigen, die als Nachkommen der Getöteten in mühevoller Arbeit gefunden haben, um Vergebung. Ich weiß, dass es euch gibt, ich weiß auch, dass ihr echte Hexen seid. Ich weiß über Assunga Bescheid, aber ich denke, dass es an der Zeit ist, die Vergangenheit zu begraben. Da müssen wir alle über unsere Schatten springen, denke ich mir.«
Sie kniete auf dem Bett. Sie hatte mir auch zugehört, und ich sprach weiter und übte mich in Geduld.
»Es soll kein neues Blut mehr fließen, und Vergebung ist besser als Rache. Mehr möchte ich nicht, und ich hoffe, ihr könnt das begreifen. Es hat leider schon Tote gegeben, und ich will, dass es nicht noch mehr werden.«
Sie hatte jedes Wort gehört, und ich wartete auf eine Reaktion, die
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