1397 - Der Vampir und die Wölfe
wir nicht jede Einzelheit, und zu schnell konnten wir auch nicht laufen.
Wo steckte Glenda?
Sie selbst war nicht zu sehen, aber wir wussten, wo sie lag, denn wir sahen die Körper der Wölfe, die ein Knäuel gebildet hatten, unter dem Glenda begraben lag.
Durch meinen Kopf jagten die schlimmsten Vorstellungen. Im Geiste sah ich das Blut aus den Wunden spritzen, die von kräftigen Gebissen gerissen wurden. Wenn ich jetzt meine Waffe gehabt hätte, dann…
Marek hatte seine gezogen. Er lief leicht schwankend neben mir her. Seine schwere Jacke schien ihn nach unten drücken zu wollen, aber er zielte bereits auf die Tiere.
Ich schlug ihm die Hand nach unten.
»Was…«
»Lass es!«
Ich hatte es laut gesprochen und war auch gehört worden, denn mir antwortete eine andere Stimme.
»Sollte ein Schuss fallen, werden meine Freunde deiner Glenda die Kehle zerfetzen, Sinclair!«
Meine Beine wurden schwer. Ich ging automatisch langsamer und blieb schließlich stehen.
Wir waren jetzt so nahe an den Waggon herangekommen, dass wir trotz der Dunkelheit alles erkannten.
Eine Tür stand weit offen. Und in der viereckigen Öffnung malte sich eine Gestalt ab.
Dracula II!
***
Er hatte uns überlistet. Möglicherweise hatten wir ihn auch gestört, sodass er gezwungen war, sich den neuen Gegebenheiten zu stellen.
Wie dem auch sei, er hatte es getan. Seine Gestalt war nach vorn gedrückt. Innen hielt er sich mit einer Hand an einem Griff fest, und sein Körper war so gedreht, dass er uns anschauen konnte.
»So trifft man sich wieder, John! Nur Pech für dich, dass ich wieder mal die besseren Karten in der Hand halte.«
»Sieht ganz so aus«, gab ich wütend zu.
Neben mir schnaufte der Pfähler. Auch er nahm diese Szene als eine Niederlage hin, hütete sich jedoch, seinen Emotionen freien Lauf zu lassen. Mallmann war unberechenbar. Wahrscheinlich brauchte er seinen Helfern nur einen geistigen Befehl zu geben, dann war es um Glenda geschehen.
»Du hättest in London bleiben sollen, Sinclair. Du hättest nicht auf diesen armseligen Pfähler hören sollen. Er ist frustriert. Er kann seine Niederlage nicht verkraften. Er hat mich vernichten wollen, aber so leicht bin ich nicht aus der Welt zu schaffen. Komisch, dass ihr dies noch immer nicht begriffen habt.«
»Wir wissen Bescheid, Will. Was willst du?«
»Sie!«
»Glenda?«
»Wen sonst. Und ihr werdet nichts tun. Solltet ihr es versuchen, werden meine kleinen Beschützer sie zerreißen. Sie können ihr mit einem Biss die Kehle zerfetzen.«
»Ja, wir haben verstanden.«
»Dann bleibt da stehen, wo ihr seid, und rührt euch nicht von der Stelle!«
»Das ist doch Wahnsinn!«, keuchte der Pfähler. »Wir wollten ihn, und wir… wir …«
Ich hatte Verständnis für seine Reaktion, aber ich musste auch an Glenda Perkins denken.
»Gar nichts tun wir vorerst.«
»Okay.«
Dracula II, auf dessen Stirn das D wie ein Siegeszeichen leuchtete, musste den Wölfen einen für uns unhörbaren Befehl gegeben haben, denn in das Knäuel der vier Tiere geriet Bewegung. Sie zogen sich leider nicht zurück, sie blieben in Glendas Nähe und hielten sie von vier Seiten eingekreist. Die offenen Mäuler mit den dampfenden Atemwolken davor schwebten dicht über ihr.
Glenda hob den Kopf an. Sie schaute in eine andere Richtung, und zwar gegen den Waggon. Uns sah sie nicht, aber wahrscheinlich hatte sie uns gehört.
»Steh auf!«
Mallmann, der aus der offenen Tür hing, hatte den Befehl gegeben. Glenda wusste, dass sie gemeint war, aber sie traute sich nicht, sich zu erheben.
»Aufstehen!«
Erst jetzt hatte sie erfasst, was der Supervampir von ihr wollte, und sie richtete sich auf, wobei sie die Ellenbogen der angewinkelten Arme als Stütze benutzte.
»Weiter… weiter!«
Glenda gehorchte. Sie drehte den Kopf nach rechts und sah uns wie Statisten in der Nähe stehen. Nicht ein Wort verließ ihren Mund, aber man merkte ihr an, wie schwer es ihr fiel.
Die vier Wölfe beobachteten jede ihrer Bewegungen. Wenn sie einen Fehler machte, war es um sie geschehen. Das wusste Glenda auch, deshalb verhielt sie sich entsprechend.
Damit sie normal aufstehen konnte, schufen ihr die Wölfe Platz.
Sie wurde aber von ihnen nicht aus den Augen gelassen. Sie gierten nach ihr, sie wollten töten, sie hatten Hunger, aber Mallmanns Kraft war stärker. Er hatte sie unter Kontrolle.
Glenda stand. Sie zitterte, und sie schaute zu uns hin. Wir sahen nur das blasse Gesicht, den Ausdruck in den Augen konnten wir
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